Der französische Premier Bayrou hat die Vertrauensabstimmung in der Nationalversammlung erwartungsgemäß verloren. Eine deutliche Mehrheit der Parlamentarier entzog ihm das Vertrauen. Die Regierung muss nun geschlossen zurücktreten.

Frankreichs Minderheitsregierung von Premierminister François Bayrou ist gescheitert. Das Mitte-Rechts-Kabinett verlor eine Vertrauensfrage in der Nationalversammlung deutlich: 364 Abgeordnete stimmten gegen die Regierung, nur 194 Parlamentarierinnen und Parlamentarier sprachen ihr das Vertrauen aus.

Damit muss Bayrou den Rücktritt seiner Regierung bei Präsident Emmanuel Macron einreichen. Möglich wären auch Neuwahlen, die Macron aber eher ablehnt.

Er werde sein Rücktrittsgesuch am Dienstagmorgen beim Präsidenten einreichen, teilte Bayrous Büro unmittelbar nach der Abstimmung in der Nationalversammlung mit. Und auch aus dem Élysée-Palast kam bereits eine Reaktion: "Der Präsident wird in den nächsten Tagen einen neuen Premier ernennen", hieß es in einer Mitteilung.

Streit über Sparkurs

Bayrou hatte die Abstimmung mit einem Bekenntnis zum Sparen verbunden. Frankreich ist hochverschuldet und muss seine Finanzen in den Griff bekommen. Im vergangenen Jahr erreichte das Haushaltsdefizit fast das Doppelte des EU-Limits von drei Prozent der Wirtschaftsleistung.

Der nun gescheiterte Premier hatte für das kommende Jahr Einkürzungen in Höhe von knapp 44 Milliarden Euro vorgesehen. Dafür hatte er sich auch dazu ausgesprochen, zwei Feiertage abzuschaffen. Die Ankündigung stieß in der Bevölkerung auf breite Ablehnung.

Vor der Abstimmung hatte der Premier bei den Abgeordneten noch einmal eindringlich um Unterstützung für seinen geplanten Sparhaushalt gebeten. Er kritisierte die Oppositionsabgeordneten, die trotz ihrer gegensätzlichen politischen Ansichten gegen seine Minderheitsregierung intrigierten und deren Sturz anstrebten.

"Sie können die Regierung stürzen, aber Sie können die Realität nicht verändern", sagte Bayrou in seiner Rede. "Die Realität bleibt unverrückbar. Die Ausgaben werden weiter steigen, und die ohnehin schon unerträgliche Schuldenlast wird sich noch weiter erhöhen und immer kostspieliger werden."

Mehrheitsverhältnisse erschweren Regierungsbildung

Macron ist nun im Zugzwang und muss schnellstmöglich einen neuen Premier präsentieren, um nicht selbst zu sehr unter Druck zu geraten. In den vergangenen zwei Wochen dürfte er bereits einige Optionen erwogen haben.

Doch die Schwierigkeit besteht darin, dass weder sein Mitte-Lager noch das Linksbündnis oder Marine Le Pens Rechtsnationale eine eigene Mehrheit im Unterhaus haben. Mit Bayrou scheitert bereits zum zweiten Mal innerhalb eines guten Jahres ein Premier an dieser vertrackten politischen Gemengelage. Noch ist nicht absehbar, mit wem Macron eine stabile Regierung gelingen könnte.

Denkbar ist theoretisch auch eine zweite Option: Wie schon nach der Schlappe seiner Mitte-Kräfte bei der Europawahl im vergangenen Jahr könnte Macron die Nationalversammlung auflösen und Neuwahlen ausrufen. Das Ziel wäre dann, klarere Mehrheitsverhältnisse zu schaffen. Unklar ist allerdings, ob die Wählerinnen und Wähler in Frankreich nach nur knapp einem Jahr deutlich anders wählen würden.

Lagerübergreifende Koalitionen in Frankreich unüblich

Gut möglich ist, dass auch nach einer Neuwahl die Parlamentskammer ähnlich gespalten wäre wie derzeit und ein Regieren somit schwierig bliebe. Lagerübergreifende Koalitionen sind in Frankreich unüblich. Eine Neuwahl würde für Macron auch das Risiko bergen, dass Le Pens Rechtsnationale oder das Linksbündnis die absolute Mehrheit holen.

Der Staatschef wäre dann de facto gezwungen, einen Premier aus ihrem Lager zu ernennen. Während der Premier aktuell eher im Schatten des Präsidenten steht, müsste Macron in einem solchen Fall Macht abgeben. Es käme zu einer sogenannten Kohabitation.

Macron hatte in den vergangenen Monaten mehrfach betont, das Parlament nicht erneut auflösen zu wollen. Er schloss dies aber auch nicht kategorisch aus.

Druck auf Macron wächst

Der Druck auf Staatschef Macron dürfte mit dem Sturz der Regierung erneut zunehmen. Die linke LFI wollen ihn bereits absetzen und eine vorgezogene Präsidentenwahl herbeiführen. Eigentlich steht die nächste Abstimmung erst 2027 an. Die Rechtsnationalen drängen ebenfalls auf Wahlen - entweder durch die Auflösung der Nationalversammlung oder einen Rücktritt Macrons.

Macron kann 2027 nach zwei Amtszeiten ohnehin nicht erneut für das Präsidentenamt kandidieren. Wen seine Mitte-Kräfte als Nachfolger ins Rennen schicken, ist noch unklar.

Aus dem gemäßigten Lager fürchten viele, dass Le Pen die Wahl nach mehreren gescheiterten Anläufen nun gewinnen könnte. Wegen eines laufenden Justizverfahrens ist allerdings noch unklar, ob die rechte Führungsfigur überhaupt wird antreten können.

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