Dieser Tage gedenkt Kroatien der Befreiung der Krajina. Vor dreissig Jahren vertrieb die kroatische Armee serbische Separatisten aus dem Gebiet der Krajina, die dort einen serbischen Satellitenstaat gegründet hatten. Dabei besetzten sie rund ein Drittel des kroatischen Staatsgebiets. Zehntausende kroatische Serbinnen und Serben wurden vertrieben.

Dass Kroatien die Rückeroberung feiert, ist das eine. Die Art und Weise aber etwas anderes. So wurden bei den Feiern und Paraden rechtsextreme Parolen geschrien, die offenbar auf viel positive Resonanz bei der Bevölkerung gestossen sind.

Folge von politischem Rechtsruck?

Janis Fahrländer, Südosteuropa-Korrespondent von SRF, sieht darin eine besorgniserregende Entwicklung: «Wir erleben in diesem Sommer, wie extremistische und faschistische Parolen im gesellschaftlichen Mainstream mehrheitlich unwidersprochen wiedergegeben werden.»

Wie unkritisch viele Kroatinnen und Kroaten mit der belasteten Geschichte umgehen, zeigen diverse Vorfälle der letzten Tage und Wochen. Am offiziellen Gedenktag vom Dienstag wurde offen der faschistische Gruss der Ustascha «Za dom spremni!» (kroatisch: «Für die Heimat bereit!») gerufen. Die Bewegung errichtete im Zweiten Weltkrieg eine Diktatur in Kroatien und beteiligte sich auch am Holocaust.

Anfang Juli strömten in Zagreb Hunderttausende Menschen an ein Konzert des Faschismus-Verharmlosers «Thompson». «Diese Woche trat der rechtsextreme Rocker erneut auf. Am Rande seines Konzerts wurde ein Lied gesungen, in dem Kriegsverbrechen in einem Konzentrationslager im Zweiten Weltkrieg verherrlicht werden», sagt Fahrländer.  

Wer solche Tendenzen hinterfrage oder eine kritische Auseinandersetzung mit der «Operation Sturm» einfordere, werde in Kroatien angefeindet, berichtet der Korrespondent. «Für viele ist das eine direkte Folge des politischen Rechtsruckes bei den Wahlen im letzten Jahr.» Seither regiert die konservative HDZ in einer Koalition mit der rechtsextremen Heimatpartei.

Legende: Alljährlich wird auf der Burgruine oberhalb des Städtchens Knin der «Operation Oluja» gedacht, die kroatische Truppen vom 4. bis 7. August 1995 durchführten. Getty Images/Anadolu/Stringer

Grundsätzlich sieht Fahrländer durchaus Parallelen zu anderen europäischen Ländern, in denen rechtradikales Gedankengut gerade bei jungen Männern auf dem Vormarsch ist. Kroatien unterscheide sich aber insofern, als die Normalisierung auch vonseiten der Politik komme.

Ausdruck davon: Eigentlich sind Ustascha-Symbole in Kroatien verboten. Das hinderte zwei Abgeordnete der Heimatpartei zuletzt aber nicht daran, im Parlament den Ustascha-Gruss auszurufen – ohne Konsequenzen. Ein Minister der Heimatpartei war auch an dem umstrittenen Thompson-Konzert zugegen.

Die kroatische Menschenrechtsbeauftragte Tena Šimonović kritisiert ebendiese Normalisierung und Glorifizierung faschistischer Parolen und Symbolik. Diese untergrabe die Rechtsstaatlichkeit in dem EU-Land und stelle die Republik Kroatien in eine historische Kontinuität zum Faschismus.

Auf die Kritik angesprochen, reagierte Regierungschef Andrej Plenković barsch. Er habe nicht vor, auf die Menschenrechtsbeauftragte zu hören und sich von den Vorgängen zu distanzieren. Für Fahrländer passt das ins Schema: «Plenković gibt sich gerne moderat und verzichtet auf explizit extremistische Äusserungen. Er verurteilt sie allerdings auch nicht.»

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke