Medienberichten zufolge will Israels Premier Netanjahu den gesamten Gazastreifen einnehmen. Es soll demnach auch Einsätze in Gebieten geben, in denen Geiseln vermutet werden. Noch diese Woche soll Israels Sicherheitskabinett zusammenkommen.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu soll sich laut Medienberichten entschieden haben, den Gazastreifen vollständig einzunehmen. Dafür wolle er sich in den nächsten Tagen die Rückendeckung des Kabinetts und der Militärführung holen, wie er zu Ministern seines Kabinetts gesagt haben soll. Das Nachrichtenportal ynetnews.com zitierte einen Offiziellen, der ihm nahe steht, mit den Worten: "Die Würfel sind gefallen - wir beabsichtigen, den Gazastreifen vollständig zu besetzen."
Auch der TV-Sender Kanal 12 und die Zeitung Jerusalem Post berichteten unter Berufung auf Regierungsvertreter, das Kabinett wolle noch am heutigen Dienstag eine entsprechende "aktualisierte Strategie" für die israelischen Streitkräfte beschließen. Demnach sind auch Militäreinsätze in Gebieten geplant, in denen israelische Geiseln vermutet werden.
Eine offizielle Bestätigung für die Pläne liegt bisher nicht vor. Die Palästinensische Autonomiebehörde rief aber die internationale Staatengemeinschaft zum Eingreifen auf, um eine Umsetzung solcher Pläne zu verhindern, berichtet die Nachrichtenagentur AFP.
Hamas laut Netanjahu nicht zu Verhandlungen bereit
In dem Bericht von ynetnews.com wird jedoch darüber spekuliert, dass diese mutmaßlichen Pläne auch Teil einer Verhandlungstaktik sein könnte, um die islamistische Terrororganisation Hamas angesichts der festgefahrenen Gespräche über eine Waffenruhe und Freilassung der Geiseln unter Druck zu setzen.
Netanjahu selbst hatte zuvor öffentlich lediglich gesagt, dass er in dieser Woche das Sicherheitskabinett einberufen werde, um über das weitere Vorgehen in dem abgeriegelten und großflächig zerstörten Küstenstreifen am Mittelmeer zu entscheiden. In einer Videobotschaft am Sonntag hatte er dargelegt, dass die islamistische Hamas aus seiner Sicht zu keiner Verhandlungslösung bereit sei.
Israel kontrolliert derzeit drei Viertel der Fläche
Die israelischen Streitkräfte kontrollieren derzeit rund 75 Prozent Küstengebiets, das von der Fläche her nur unwesentlich größer ist als München - und mit schätzungsweise gut zwei Millionen Einwohnern noch dichter besiedelt als die deutsche Großstadt.
Die Geiseln werden in jenen Teilen vermutet, in die das israelische Militär bislang nicht vorgedrungen ist und die weiterhin von der Hamas kontrolliert werden. Monatelange indirekte Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, um eine Waffenruhe herbeizuführen und die letzten Geiseln - etwa 20 von ihnen leben nach israelischen Angaben noch - freizubekommen, brachten bisher keinen Erfolg.
Armeeführung sieht Komplett-Besatzung kritisch
Das israelische Militär hat sich in der Vergangenheit gegen eine vollständige Besatzung des Gazastreifens ausgesprochen. Die Beseitigung sämtlicher Hamas-Tunnel und -Bunker könne Jahre dauern, beschrieb die Times of Israel die Bedenken der Armeeführung. Auch könnten demnach Geiseln in Gefahr geraten und getötet werden, sollten israelische Truppen den Orten ihrer Gefangenschaft zu nahe kommen.
Den Medienberichten zufolge würde aber Netanjahu nunmehr dieses Risiko eingehen. "Es wird Militäreinsätze auch in Gebieten geben, in denen Geiseln festgehalten werden", zitierte ynetnews.com den Offiziellen weiter. "Wenn der Generalstabschef damit nicht einverstanden ist, dann soll er zurücktreten."
Berichten zufolge soll sich Generalstabschef Ejal Zamir bei vergangenen Sitzungen des Sicherheitskabinetts heftige Diskussionen mit ultrarechten Ministern geliefert haben, die die Einnahme des ganzen Gazastreifens, die Abschiebung der palästinensischen Bevölkerung in andere Länder und die Errichtung jüdischer Siedlungen fordern.
Ex-Geheimdienstler fordern mehr Druck auf Netanjahu
In einem in der Nacht zum Montag veröffentlichten Brief hatten wiederum Hunderte israelische Ex-Sicherheitsbeamte, darunter ehemalige Geheimdienstchefs, US-Präsident Donald Trump aufgerufen, den Druck auf Netanjahu für eine Beendigung des Gazakriegs zu erhöhen.
"Es ist unsere professionelle Beurteilung, dass die Hamas keine strategische Gefahr mehr für Israel darstellt", hieß es in dem Brief. Die 550 Unterzeichner forderten Trump auf, Netanjahu zu einem Waffenstillstand zu bewegen. Zuletzt hatten von der Hamas verbreitete Propaganda-Videos mit zwei ausgehungerten israelischen Geiseln für Entsetzen und Empörung gesorgt.
Auslöser für den derzeitigen Krieg im Gazastreifen war der Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet, Tausende verletzt und mehrere Hundert von Terroristen verschleppt wurden.
Der Gazastreifen wurde von Israel nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 erstmals besetzt. Nach dem zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO 1995 unterzeichneten Oslo-II-Abkommen übernahm die Palästinensische Autonomiebehörde die Selbstverwaltung für den Gazastreifen. Seit 2007 regiert dort die islamistische Terrororganisation Hamas. Laut der vom UN-Sicherheitsrat 2016 verabschiedeten Resolution 2334 darf Israel in von ihm besetzten Gebieten keine Siedlungen errichten.
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