Die Wasserversorgung im Iran steht vor dem Kollaps. Dürre und Missmanagement haben in Teheran zur schlimmsten Wasserkrise seit 100 Jahren geführt. Sogar eine "Schließung" der Hauptstadt war zuletzt im Gespräch.
Eine Gluthitze von bis zu 50 Grad, kein Tropfen Regenwasser seit Wochen und ein jahrelanges miserables Wassermanagement - nun stehen mehrere Städte und Provinzen im Iran vor dem Kollaps. Der Hauptstadt Teheran mit ihren mehr als 15 Millionen Bewohnern drohte sogar die "Schließung".
Wegen akutem Wassermangel wurde heute im Kabinett der Regierung "eine einwöchige Schließung der Hauptstadt" diskutiert. Dies hätte bedeutet, dass beispielsweise Behörden, Ministerien oder sonstige staatliche Einrichtungen in dieser Zeit geschlossen bleiben. Diese Maßnahmen wurden zunächst abgelehnt.

Im Frühling gab es nicht genug Regen und Schmelzwasser, um die Wasserspeicher für Teheran wieder aufzufüllen.
Wasserspeicher so leer wie seit 100 Jahren nicht
Doch eine weitere Verschärfung der Wasserkrise scheint unvermeidlich. Die Füllstände der Wasserspeicher für die Millionenmetropole Teheran sind auf 14 Prozent gesunken. Sie seien so leer wie seit einem Jahrhundert nicht mehr, melden die örtlichen Wasserversorger.
Im Frühling füllen Regen und die Schneeschmelze aus den Bergen die Wasser-Reservoire normalerweise wieder auf. In diesem Jahr jedoch nicht. So lag im Mai die Niederschlagsmenge 91 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt.
"Wir befinden uns in einer Dürresituation", urteilte Irans Energieminister Abbas Aliabadi. Die Bürger müssten dies verstehen. Das Energieministerium plane zudem, "Vielverbraucher mit strikten Sanktionen zu belegen".

Die Füllstande der Stauseen für Teheran sind auf 14 Prozent gesunken, wie auch am Amir-Kabir-Damm zu sehen ist.
Iranische Bevölkerung in Not
Für die von Wirtschaftskrise, politischen Repressalien und dem Krieg mit Israel gebeutelten Iraner schafft die Wasserknappheit eine weitere Krise im Alltag. Mandana, die im Norden der iranischen Hauptstadt lebt, meint: "Die Nachricht von der Wasserknappheit bringt mich nicht zum Sparen. Im Gegenteil, mein Verstand treibt mich sogar dazu, mehr zu verbrauchen. Das liegt daran, dass ich bei Wasserknappheit den Drang verspüre, all die Dinge zu tun, die ich an einem normalen Tag nicht getan habe - sogar noch mehr. Damit alles erledigt ist, wenn das Wasser abgestellt wird."
Die Wasser- und Abwassergesellschaft der Provinz Teheran hat die Menschen schon vor Wochen gewarnt, sie sollten ihren Wasserkonsum schnell um 20 Prozent reduzieren - andernfalls werde das Wasser abgestellt.
Inzwischen kam es in Teheran und in 50 weiteren Städten des Landes zu Wasserabschaltungen von zwölf bis 48 Stunden. Oft wird zudem der Wasserdruck in den Leitungen von der Wassergesellschaft so weit reduziert, dass die Menschen in den oberen Stockwerken kein fließendes Wasser aus den Wasserhähnen mehr entnehmen können.

Die Menschen in Teheran wurden trotz extremer Hitze aufgefordert, ihren Wasserkonsum um 20 Prozent zu reduzieren.
Jahrelange Misswirtschaft
Die schwächsten Regenfälle seit 60 Jahren in der Hauptstadtregion, Dürre und Wassermangel in knapp der Hälfte der 31 Provinzen des Landes, Energiemangel aufgrund der leerlaufenden Staudämme: Die Klimakrise ist bei so vielen Faktoren laut Experten nur eine zusätzlich verstärkende Ursache.
Hauptgrund für die Krise ist laut Experten nämlich die jahrelange Misswirtschaft im Bereich der Wasserressourcen wie der Wirtschaft. Mohammad Fazeli ist Soziologe und berät den Präsidenten Massud Peseschkian. Der Iran produziere Rohstoffe für die Industrie, etwa Öl, Gas, Kupfer, Stahl und Zement - und das sei wasserintensiv, sagt er.
Dazu kommen die stetig wachsende Entnahme von Grundwasser für die Landwirtschaft und die ausgesprochen intensive Bebauung städtischer Gebiete. Die Wasser- und Energiekrise in diesem wie auch schon in den vergangenen Jahren hat im Iran laut Experten inzwischen auch zur Schließung zahlreicher Fabriken und Betriebe geführt, verbunden mit der Entlassung vieler Arbeiter.
Keine kurzfristigen Lösungen in Sicht
Klimaexperten halten es für wahrscheinlich, dass die Wasserkrise für mindestens zwei weitere Monate anhält. Erst im Herbst könnten Regenfälle die Lage verbessern. Lösungsansätze inmitten der Wasserkrise gibt es aber durchaus.
Mohammad Darvish ist Wissenschaftler und hat jahrzehntelang Wüsten erforscht. Er sagte der ARD: "Eine der wirksamsten Möglichkeiten, Wasser zu sparen, besteht darin, Oberflächenwasser in unterirdische Schichten zu leiten, insbesondere in solche, die grobe Ablagerungen enthalten."
In solchen Schichten könne das Wasser leicht versickern und unterirdisch gespeichert werden, so dass es nicht durch Verdunstung verloren geht, erklärt Darvish. Im Vergleich zum Bau von Staudämmen koste diese Methode zudem deutlich weniger. "Sie kann als langfristiges Reservoir dienen und eine nachhaltige Wasserquelle für die nächsten Jahre sein." Doch damit dringt der Experte bei den Entscheidungsträgern noch nicht durch. Dabei setzt eine solche Lösung eine jahrelange Planung sowie eine landesweit abgestimmte Umsetzung voraus.
Bis dahin müssen Irans Bürger und Behörden weiter mit Notmaßnahmen reagieren. So sollen die Iraner statt an fünf nur noch an vier Tagen in der Woche arbeiten und mehr im Homeoffice bleiben, fordert eine Beschlussvorlage des iranischen Parlaments.
Gleichzeitig führt Teheran Gespräche mit mehreren Nachbarländern über den Import von Trinkwasser. Auch dabei wird es aber wohl keine kurzfristigen Lösungen geben.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke