Die neuen Lieferungen sind ein Hoffnungsschimmer für die Menschen in Gaza. Doch Hilfsorganisationen fordern weitere Schritte, um die hungernde Bevölkerung zu versorgen. Auch Kanzler Merz übt in einem Telefonat mit Netanjahu deutliche Kritik.
Internationale Hilfsorganisationen und zahlreiche Politikerinnen und Politiker weltweit haben die Erleichterung von Hilfslieferungen in den Gazastreifen begrüßt. Zugleich werden von Israel längere Feuerpausen und eine Ausweitung der Hilfe für die notleidende Bevölkerung in dem Palästinensergebiet gefordert.
Das Welternährungsprogramm (WFP) teilte mit, nun sei eine breiter angelegte Waffenruhe nötig, um sicherzustellen, dass die Hilfen alle Bedürftigen erreichten. Monatlich würden mehr als 62.000 Tonnen Lebensmittelhilfe benötigt, um die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens von zwei Millionen Menschen zu versorgen.
Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF sprach von einer "Gelegenheit, um Leben zu retten". Auch der Leiter des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) zeigte sich erleichtert, dass nun wieder zeitweise Hilfe möglich ist. Er begrüße Israels Ankündigung einer täglichen mehrstündigen "Pause" der Kampfhandlungen, erklärte OCHA-Chef Tom Fletcher beim Onlinedienst X. Er stehe im Kontakt mit den UN-Helfern vor Ort, die "alles tun werden, um so viele hungernde Menschen wie möglich zu erreichen".
Merz fordert von Netanjahu mehr Einsatz für Waffenruhe
Kanzler Friedrich Merz drängte in einem erneuten Telefonat mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu auf eine Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen. "Der Bundeskanzler brachte seine große Sorge zur katastrophalen humanitären Lage in Gaza zum Ausdruck. Er forderte Premierminister Netanjahu auf, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um umgehend einen Waffenstillstand zu erreichen", teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit.
Merz habe Netanjahu dazu aufgerufen, der hungernden Zivilbevölkerung im Gazastreifen die dringend notwendige humanitäre Hilfe jetzt zukommen zu lassen. "Den von der israelischen Regierung angekündigten Maßnahmen müssten nun rasch substanzielle weitere Schritte folgen", hieß es aus Berlin. Die Bundesregierung wolle in den nächsten Tagen in Absprache mit den E3 (Frankreich und Großbritannien), anderen europäischen Partnern, den USA und den arabischen Staaten entscheiden, wie sie zu einer Verbesserung der Lage beitragen könne.
Deutliche Kritik kommt auch aus Großbritannien: Außenminister David Lammy forderte von Israel weitere Schritte, um die Menschen in Gaza wieder besser versorgen zu können. Die jetzigen Feuerpausen seien ein notwendiger aber längst überfälliger Schritt, so Lammy. Es brauche aber einen dauerhaften Waffenstillstand, um den Krieg zu beenden. Zudem müssten die Geiseln der Hamas freigelassen werden und ausreichend Hilfsgüter in den Gazastreifen gebracht werden.
Hilfe zeitlich und räumlich beschränkt
Derzeit sind nur in begrenzten Korridoren Hilfen für die notleidende Bevölkerung in Gaza möglich. Die "taktische Pause" soll nach Angaben der israelischen Armee täglich zwischen 10.00 Uhr und 20.00 Uhr in Gebieten gelten, in denen die Armee zuletzt nicht aktiv gekämpft hatte, darunter die Orte Al-Mawasi, das Zentrum von Deir el-Balah und Teile der Stadt Gaza.
Im gesamten Gazastreifen seien "ausgewiesene sichere Routen" eröffnet worden, um UN-Konvois und Hilfsorganisationen eine sichere Durchfahrt zu ermöglichen, erklärte die israelische Armee am Morgen im Onlinedienst Telegram. Bereits kurz darauf überquerten erste Lkw mit Hilfsgütern den Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen.
Bereits am Samstagabend hatte die israelische Armee den Abwurf von Hilfslieferungen aus der Luft über dem Palästinensergebiet bekannt gegeben. Die Lieferungen enthielten demnach Mehl, Zucker und Lebensmittelkonserven. Israel habe seine Entscheidung zum Hilfsgüter-Abwurf mit den UN und internationalen Organisationen abgestimmt, um "den Umfang der humanitären Hilfen für den Gazastreifen zu erhöhen", erklärte die israelische Armee. Die ausgeweiteten Maßnahmen widerlegten "die falsche Behauptung des absichtlichen Aushungerns im Gazastreifen".
Netanjahu weist Kritik zurück
Israels Premier Netanjahu erklärte, spätestens nach der Einrichtung sicherer Routen könnten die UN für die verzögerte Verteilung von Hilfsgütern nicht mehr die israelische Regierung verantwortlich machen. "Es gibt sichere Routen. Die gab es schon immer, aber heute ist es offiziell", sagte Netanjahu bei einem Besuch auf einer Luftwaffenbasis.
Die israelische Regierung wirft der Terrororganisation Hamas vor, die Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen zu behindern, die humanitären Lieferungen zu plündern und Nahrungsmittel zu überhöhten Preisen zu verkaufen. UN-Organisationen wie dem jahrzehntelang im Gazastreifen tätigen Palästinenserhilfswerk UNRWA wirft Israel vor, von der Hamas unterwandert zu sein. Die Hamas wiederum macht die israelischen Streitkräfte für Tote in der Nähe von Verteilzentren verantwortlich.
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