China lässt die EU spüren, dass andere Partner derzeit für sie wichtiger sind. 50 Jahre, nachdem die bilateralen Beziehungen aufgenommen wurde, sind sie aus vielen Gründen angespannt. Schlechte Vorzeichen für den Gipfel in Peking.

50 Jahre sind eigentlich ein Grund zum Feiern. Aber in Feierlaune fahren die EU-Spitzen heute nicht zum Gipfeltreffen nach Peking, es gibt Verstimmungen mit dem Gastgeber.

Ein Grund: China überschwemmt die globalen Märkte mit Waren, die dank staatlicher Subventionen oft billiger sind als die der Konkurrenz. So sieht man das in Europas Hauptstädten. Und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gibt sich auch keine Mühe, das schön zu reden.

"China verfügt über einzigartige Instrumente, um außerhalb der Regeln zu agieren", erklärte sie Anfang Juli vor dem Europaparlament. Die globalen Märkte würden mit subventionierten Überkapazitäten geflutet, "um den internationalen Wettbewerb zu ersticken".

Der Zugang bleibt beschränkt

Elektroautos und Batterien, Sonnenkollektoren und Billig-Klamotten - China schickt ungefähr viermal so viele Container nach Europa wie umgekehrt die Europäer nach China liefern. "Obwohl der chinesische Markt riesig ist, bleibt unser Zugang zu diesem Markt beschränkt", so die nüchterne Bilanz der Kommissionspräsidentin.

Zu den Schranken, die China aufstellt, gehört der Druck auf europäische Unternehmen, Forschungsergebnisse und Produktionsgeheimnisse preiszugeben. Um Europas Autoindustrie zu schützen, hat die EU inzwischen Strafzölle für chinesische E-Autos verhängt. Die Begründung: China unterstütze die eigene Branche massiv mit Staatsgeldern, so dass Fahrzeuge zu Kampfpreisen in Europa auf den Markt kommen.

Dass Autos sich in China selbst längst nicht mehr so einfach verkaufen lassen wie früher, erhöht den Druck noch. Peking hat den eigenen Bedarf überschätzt und was nicht mehr in die USA ausgeführt werden kann, soll auf dem EU-Binnenmarkt abgesetzt werden.

Kurzlebige Hoffnungen

Dabei gab es vor wenigen Monaten, kurz nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump, durchaus die Hoffnung, dass China und die EU sich wieder annähern könnten. Sozusagen als zwei Handelsriesen, die sich das Erreichte nicht kaputt machen lassen wollen durch den Zollkrieg von Trump.

Aber dann wurde klar, dass die Probleme zwischen Europa und China nicht kleiner geworden sind, nur weil in die Politik in Washington jetzt von Trump bestimmt wird.

Eine besondere Abhängigkeit

Ein aus europäischer Sicht besonders gefährliches Risiko birgt die Abhängigkeit von seltenen Erden. "Hier hat China nahezu ein globales Monopol", konstatiert der China-Wissenschaftler Tim Rühlig vom EU-Institut für Sicherheitsstudien (European Union Institute for Security Studies, EUISS).

Rühlig kennt beide Seiten, er forscht in China und berät die EU-Spitzen in der Kommission und im Rat der 27 Mitgliedsländer. "Wir machen uns zunehmend Sorgen um die Resilienz von Wertschöpfungsketten", so Rühlig.

Peking hat die Ausfuhr von seltenen Erden und Permanentmagneten zeitweilig gedrosselt, was europäische Firmen hart trifft. Seltene Erden werden für Elektromotoren und LED-Leuchten gebraucht, ebenso für Notebooks und Handys. Auch andere Branchen sind von Chinas Exportbeschränkung betroffen, Rühlig nennt die Rüstungsindustrie und Pharmaunternehmen.

Was die Symbole anzeigen

Es ist also nicht gerade eine Position der Stärke, aus der Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Antonio Costa beim Gipfel verhandeln müssen. In Chinas Politik zählen Symbole, und die sprechen nicht für einen Durchbruch.

Das begann schon mit dem Tauziehen um den Gipfelort. Zuerst sollte das hochrangige Treffen in Brüssel stattfinden, aber dann winkte Parteichef Xi Jinping ab. Chinas starker Mann wollte nicht nach Brüssel kommen. Für Tim Rühlig zeigt das: "Die Europäische Union ist keine Priorität der Volksrepublik China."

Aus Peking gehe der Blick zuerst in den globalen Süden und in die USA als großer Wettbewerber. Europa wirke auf die chinesischen Politiker oft zerstritten, als ein Kontinent in der Krise. "Und Europa ist nicht wirklich bereit, die Partnerschaft mit den USA aufzukündigen" - auch das höre man von chinesischer Seite.

Wo China die EU braucht

Trotzdem nimmt Peking die Brüsseler EU-Kommission als Gesprächspartner ernst, denn es gibt auch chinesische Abhängigkeiten von Europa. In der Luftfahrt zum Beispiel braucht China europäisches Know-how, die Atomindustrie in China ist angewiesen auf die Kooperation mit Frankreich und das gilt ganz ähnlich auch für den Bereich spezieller Hightech-Chips.

Aber da geht es um Nischen - Europas Abhängigkeit von China schätzt Rühlig ungleich höher ein, mit wachsender Tendenz: "Unsere Ausgangslage verschlechtert sich zunehmend."

Streitpunkt Krieg gegen die Ukraine

Verschlechtert haben sich auch die diplomatischen Beziehungen. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs hat Brüssel versucht, China mit ins Boot zu holen, gegen Russland. Aber diese Strategie habe nicht funktioniert, bis jetzt jedenfalls nicht, erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz im Mai vor dem Deutschen Bundestag.

Er betrachte die wachsende Nähe zwischen Peking und Moskau mit "erheblicher Sorge", so Merz.  Er werde dafür eintreten, dass China "seinen Beitrag zur Beilegung des Krieges in der Ukraine leistet".

Die chinesische Führung zeigt allerdings wenig Bereitschaft, einen solchen Beitrag zu leisten. Die Antwort der EU: Zum ersten Mal wurden im Rahmen der Sanktionen gegen Russland jetzt auch chinesische Unternehmen mit Sanktionen bestraft. Unternehmen, die nach Brüsseler Erkenntnissen Russlands Kriegsmaschine mit am Laufen halten, entweder direkt oder indirekt.

Das Handelsministerium in Peking reagierte prompt: Frei erfunden seien die Anschuldigungen aus Brüssel, man werde Gegenmaßnahmen ergreifen. Womit die Aussichten für den EU-China-Gipfel noch ein bisschen trüber geworden sind, als sie ohnehin schon waren.

Helga Schmidt, ARD Brüssel, tagesschau, 24.07.2025 00:22 Uhr

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