Die EU-Länder wollen beim schärferen Asylkurs aufs Tempo drücken - genau wie Innenminister Dobrindt. Beim heutigen Treffen der Innenminister stehen einige Vorschläge zur Diskussion. Der Kern: Auslagerung an Drittstaaten.
Es ist Alexander Dobrindts erster Auftritt im Kreise aller EU-Innenminister-Kollegen. Die deutschen Grenzkontrollen wird er dort erneut erklären müssen. In Kopenhagen will er aber vor allem zeigen, "dass Deutschland bei Migrationsthemen in Europa nicht mehr im Bremserhäuschen sitzt, sondern in der Lokomotive". Das hatte der deutsche Innenminister schon Ende vergangener Woche beim selbst gesetzten Migrationsgipfel auf der Zugspitze erklärt.
Auf der Zugspitze war auch EU-Innenkommissar Magnus Brunner dabei - und dessen Marschrichtung war ebenfalls eindeutig: "Europa wird endlich härter in Fragen der Asylpolitik. Das ist das Entscheidende: Wir können diese Herausforderungen nur gemeinsam lösen - nicht jeder für sich, nicht jeder einzeln."
Damit erinnert Brunner auch daran, dass vieles von dem, was auf der Zugspitze vehement gefordert wurde, von der EU-Kommission längst angeschoben wurde. Pläne, die über die vereinbarte Asyl- und Migrationsreform (GEAS) hinausgehen, die im Sommer 2026 vollständig greifen soll.
Deutschland schiebt nach Afghanistan ab, Österreich nach Syrien
Heute in Kopenhagen soll weiter beraten werden. Etwa "beim Thema Abschiebungen und Rückführungen, wo wir gerade zuletzt auch neue Möglichkeiten geschaffen haben", sagte Brunner. Österreich - sein Heimatland - habe zuletzt Richtung Syrien abgeschoben, Deutschland Richtung Afghanistan. "Das sind alles enorm wichtige Schritte für uns, wenn wir Straftäter verstärkt in ihre Herkunftsländer zurückbringen können", betonte er.
Die EU-Kommission hatte dafür im März eine neue Rückführungsrichtlinie vorgelegt. Es geht unter anderem um eine verschärfte und EU-einheitliche Abschiebehaft. Und um sogenannte "return hubs", also Rückführungszentren, in denen die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern koordiniert werden sollen - auch außerhalb der EU und unter Aufsicht von nationale Behörden, gemeinsam mit EU-Agenturen wie Frontex.
Dafür soll die Grenzschutzagentur künftig drei Mal so viele Mittel bekommen, so Innenkommissar Brunner. Laut dem Haushaltsvorschlag, den Kommissionschefin Ursula von der Leyen vergangene Woche präsentiert hat, sollen künftig 34 Milliarden Euro in das Migrationsmanagement, die Stärkung der EU-Außengrenzen und die innere Sicherheit fließen.
Nur jeder vierte Ausreisepflichtige verlässt die EU
Aber auch dann stellt sich weiterhin die Frage: Wohin können mehr Menschen zurückgeführt werden?
Zuletzt gab es laut EU-Asylagentur rund 2.700 Asylanträge pro Tag. Fast die Hälfte wird demnach direkt abgelehnt, aktuell verlässt aber nur etwa jeder Vierte dieser Ausreisepflichtigen tatsächlich die Europäische Union.
Dänemark hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne und gilt seit längerem als Hardliner in Sachen Migrationspolitik. Kaare Dybvad, der dänische Migrationsminister, will Tempo machen: "Wir müssen mehr tun, als nur Drittländer davon zu überzeugen, ihre eigenen Staatsangehörigen zurückzunehmen. Wir müssen dringend an weiteren, neuen Lösungen arbeiten."
Vereinbarungen mit Drittstaaten im Fokus
Ein Vorschlag, der auch dem deutschen Innenminister besonders wichtig ist, lautet: das sogenannte Verbindungselement streichen. Das heißt: Bislang dürfen Asylsuchende nur in ein Land außerhalb der EU abgeschoben werden, in dem sie Familien oder einen längeren Aufenthalt verbracht haben. "Wir wollen das Verbindungselement nicht mehr aufrechterhalten, damit nicht durch das europäische Recht verhindert ist, dass wir mit Drittstaaten Vereinbarung finden können" so Dobrindt. Schutz durch die EU müsse nicht zwingend Schutz in der EU bedeuten.
In Dobrindts Beispiel liefe das wie folgt: Ein abgelehnter Asylbewerber kann aus gewissen Gründen nicht nach Afghanistan abgeschoben werden - warum dann nicht etwa nach Pakistan? Dazu müsste das Land auf der Liste der sicheren Drittstaaten stehen. Eine solche hat die EU-Kommission bereits vorgelegt und will sie mit Parlament und zum Beispiel den Innenministern weiter diskutieren, so Brunner.
"Das sind alles ganz wichtige Maßnahmen, und hier müssen wir schneller werden", erklärt der EU-Kommissar. Es gehe darum, sie wirksam zu machen und die Glaubwürdigkeit der Europäischen Asylpolitik darzustellen.
Schwierige Gespräche zu Migrationsabkommen
Wie schwierig das aber auch in der Praxis ist, hat EU-Kommissar Brunner gerade erfahren. Von Libyen aus starten derzeit besonders viele Menschen ihre Fahrt übers Mittelmeer - insbesondere auf die griechischen Inseln. Brunners erste Gespräche in Libyen über ein Migrationsabkommen endeten vorerst abrupt: In dem von Unruhen und Machtkämpfen zerrissenen Land wurde die EU-Delegation als "unerwünscht" erklärt.
Europa wurde damit die nächste Herausforderung aufgezeigt: Bei allem Bemühen, das "Migrationsproblem" in andere Staaten auszulagern, hängt man zunehmend vom Willen des Gegenüber ab.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke