Selenskyj baut die Regierung der Ukraine um: Mit Swyrydenko als Premierministerin will der Präsident frische Impulse setzten. Ein echter Politikwechsel ist laut Experten aber nicht zu erwarten.
Die Regierungsumbildung in der Ukraine ging von Präsident Wolodymyr Selenskyj aus. Er schlug vor einigen Tagen Julia Swyrydenko als neue Ministerpräsidentin vor. Als Hauptgrund nannte er, sie solle die Rüstungsproduktion steigern. Dafür habe sie sich in ihrem Amt als Wirtschaftsministerin empfohlen, sagte Selenskyj bei ihrer Wahl im Parlament. "Ich bin Julia Swyrydenko dankbar dafür, dass sie die Industrieproduktion und die Unternehmen insgesamt gefördert hat", erklärte Selenskyj.
Die 39-jährige Swyrydenko stammt aus der nordukrainischen Stadt Tschernihiw, wo sie zunächst Karriere machte und ausländische Investitionen in die Stadt brachte. Bei der ersten Regierungsbildung unter Selenskyj 2019 wurde sie Vize-Ministerin, vor viereinhalb Jahren dann Wirtschaftsministerin.
Effektive Managerin mit einschlägiger Erfahrung
Swyrydenko kommentierte ihre Wahl zunächst auf der Plattform Facebook. Sie bezeichnete sie als großer Ehre. Ihre Regierung werde daran arbeiten, die Ukraine selbständiger und unabhängiger von fremder Unterstützung zu machen.
Beobachter beschreiben Swyrydenko als effektive Managerin. So erklärte der ehemalige Wirtschaftsminister und Präsident der Wirtschaftshochschule Kyiv School of Economics, Tymofij Mylowanow, sie verstehe die Mechanismen in der Verwaltung und könne deshalb Vorhaben schnell umsetzen. "Wenn es Konflikte gibt, erkennt sie rasch den gemeinsamen Nenner und kann schnell Lösungen erreichen", sagte Mylowanow dem Fernsehsender Suspilne.
Schwierige Verhandlungen mit den USA gemeistert
Beobachter nennen hier vor allem die schwierigen Verhandlungen mit den USA über ein Rohstoffabkommen, die Swyrydenko leitete. Es wurde letztendlich Anfang Mai abgeschlossen und sieht den gemeinsamen Abbau unter anderem von sogenannten seltenen Erden in der Ukraine vor.
Swyrydenko könnte also etwas mehr Entschlossenheit und Eigeninitiative mitbringen als ihr Vorgänger Denys Schmyhal. Auch er galt als guter Manager, allerdings ohne politisches Profil. Beobachter betonen, dass er nicht in Skandale verstrickt gewesen sei.
Einige Beobachter übten Kritik am Vorgehen von Selenskyj. Sie wiesen darauf hin, dass laut Verfassung die Initiative für die Regierungsbildung vom Parlament ausgehen sollte.
Selenskyjs Personalkarussell
Einen echten Politikwechsel erwartet in Kiew indes kaum jemand. Vor allem deshalb nicht, weil die Regierung stark von Präsident Selenskyj abhänge und letztendlich dessen Vorstellungen umsetze.
Selenskyj tausche immer wieder Minister aus, weil er glaube, dass oft neue Impulse nötig seien, so der Politologe Wolodymyr Fesenko im Fernsehkanal My Ukrajina: "Nehmen wir das letzte Regierungskabinett von Schmyhal: Da gab es nur noch zwei Minister aus seinem ursprünglichen Kabinett."
Fesenko wies darauf hin, dass Schmyhal nun ein fast ebenso wichtiges Amt übernimmt: Er wird Verteidigungsminister und ist damit für das Ressort verantwortlich, auf das derzeit die größten Staatsausgaben entfallen. Beobachter hatten dem bisherigen Verteidigungsminister Rustem Umjerow vor allem Mängel in der Organisation vorgeworfen.
Gute Beziehungen zu den USA sind das Wichtigste
Gleichzeitig soll der Botschafterposten in den USA neu besetzt werden. Präsident Selenskyj schlug hier die bisherige Justizministerin Olha Stefanyschyna vor. Medienberichten zufolge sollte den Posten eigentlich der bisherige Verteidigungsminister Rustem Umjerow übernehmen. Die US-amerikanische Seite habe sich jedoch gegenüber dessen Kandidatur ablehnend geäußert, so die Berichte.
Die ukrainische Botschaft in den USA hat für das Land derzeit einen besonderen Stellenwert. Denn die Ukraine möchte unter allen Umständen, dass die USA sie in ihrem Verteidigungskampf gegen Russland weiterhin unterstützen. Dies wurde zuletzt wieder wahrscheinlicher, da sich US-Präsident Donald Trump enttäuscht über die Verhandlungsbereitschaft des russischen Staatsoberhaupts Wladimir Putin geäußert und neue Waffenlieferungen an die Ukraine zugesagt hat.
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