Die EU-Kommission schlägt ein Budget von zwei Billionen Euro vor, um die Aufgaben der kommenden Jahre zu finanzieren. Es ist der Auftakt einer langen und kontroversen Debatte - um Geld, Macht und Europas Zukunft.
Über den Entwurf für den nächsten mehrjährigen EU-Haushalt wurde schon heftig gestritten, bevor die Kommission ihn nun am Nachmittag vorgestellt hat. Das hat gute Gründe: Es geht um Geld, Macht und die Zukunft Europas.
EU legt Haushaltsplan von 2028 bis 2035 über zwei Billionen Euro vor
Christian Feld, ARD Brüssel, tagesthemen, 17.07.2025 23:15 UhrAm EU-Budget für die kommenden sieben Jahre lässt sich ablesen, was den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament wichtig und was ihnen Europa wert ist - und wer bestimmt, wie die Mittel ausgegeben werden.
Fest steht, dass die EU künftig mehr für Verteidigung aufwenden und mehr dafür tun will, dass europäische Unternehmen im weltweiten Wettbewerb bestehen können. Dafür will Brüssel das Budget deutlich auf fast zwei Billionen Euro erhöhen und einfacher gestalten.
Agrar- und Regionalförderung zusammenlegen
Die Corona-Pandemie und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine haben nach Ansicht der Kommission gezeigt, dass die EU im Krisenfall schneller und flexibler reagieren muss. Die Zahl der Programme soll um zwei Drittel auf 16 reduziert werden; weniger Geld soll fest verplant sein. Fachleute begrüßen den Plan, die Vielzahl an Fonds einzugrenzen.
So will Brüssel die beiden größten Etatposten Landwirtschaft und Regionalförderung, die zusammen fast 70 Prozent des aktuellen Haushalts ausmachen, zu "Partnerschaftsplänen" zusammenfassen. Dafür sind 865 Milliarden Euro vorgesehen.
Die Mitgliedstaaten sollen nationale Pläne entwickeln, um die Gelder vergeben zu können. Auszahlungen an die Länder werden dem Entwurf zufolge daran geknüpft, dass diese Reformen durchführen und rechtsstaatliche Grundsätze einhalten.
Direkthilfen bleiben
300 Milliarden Euro sollen in die Landwirtschaft gehen. Die Unterstützung für Bauern erfolgt wie bisher größtenteils über Direkthilfen, die sich nach der Größe der Betriebe richten. Dazu kommen laut Kommission Unterstützung für Jungbauern, Investitionshilfen oder Umweltboni aus anderen Programmen.
Fachpolitiker befürchten das Ende der gemeinsamen Agrarpolitik, wenn der entsprechende Geldtopf mit anderen Fonds zusammengelegt wird und Mitgliedstaaten stärker mitreden. Noch bevor die Kommission ihren Entwurf präsentierte, sind in Brüssel Landwirte und ihre Verbände gegen die Pläne der Kommission auf die Straße gegangen.
Neue Aufgaben, neue Ausgaben
Die EU muss bisherige Kernaufgaben bezahlen: Unterstützung von Landwirten, Förderung der Regionen, Ausbau von Straßen und Schienen, Forschungs- und Nachbarschaftsprogramme.
Gleichzeitig muss sie neue finanzieren: So will Brüssel für die Aufrüstung in den kommenden Jahren fast 800 Milliarden Euro mobilisieren. Zudem muss muss die Union nach Ansicht des Ex-Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, bis zu 800 Milliarden Euro investieren, um konkurrenzfähig zu bleiben - pro Jahr. Der Entwurf sieht rund 400 Milliarden für einen Fonds zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit vor.
Ab 2028 muss die Gemeinschaft außerdem jährlich 24 Milliarden Euro für Tilgung und Zinsen der für den Corona-Wiederaufbaufonds aufgenommenen Schulden bereitstellen. Abgeordnete befürchten grundsätzlich, dass das "Königsrecht" des EU-Parlaments ausgehöhlt werden könnte, das Budget und die Mittelverwendung zu kontrollieren.
Mehr Eigenmittel für die EU?
Der EU-Haushalt speist sich zum größten Teil aus Beiträgen der Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland, das fast ein Viertel zum gemeinsamen Budget beisteuert. Weitere Nettozahler sind Frankreich und die Niederlande. Sie geben im Schnitt etwas mehr als ein Prozent ihrer Wirtschaftsleistung.
Ob Mitgliedstaaten künftig mehr einzahlen, ist fraglich. Viele kämpfen selbst mit knappen Haushalten und hohen Schulden. Die Bundesregierung sieht keine Grundlage, das Volumen des EU-Haushaltes gemessen an der Wirtschaftskraft zu erhöhen.
Daneben verfügt die EU über sogenannte Eigenmittel. So fließen rund drei Viertel der an den EU-Außengrenzen erhobenen Zölle ins gemeinsame Budget. Brüssel will aber weitere Einnahmequellen erschließen, etwa durch eine Abgabe für Unternehmen auf Elektroschrott oder einen Anteil an der Tabaksteuer. Das sehen mehrere Regierungen kritisch. Auch dabei geht es um grundsätzliche Fragen: Steuern erheben oder Schulden machen - das behalten sich die nationalen Regierungen vor.
Abschluss der Diskussion bis Frühjahr 2027?
Die Vorstellung des Haushaltsentwurfs durch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und ihren zuständigen Kommissar Piotr Serafin ist der Auftakt einer langen und kontroversen Debatte, in deren Verlauf der Kommissionsentwurf wahrscheinlich deutlich abgeschliffen wird.
Am Schluss braucht es ein einstimmiges Votum der Mitgliedsstaaten und die Zustimmung des EU-Parlaments. Den Beteiligten bleibt genügend Zeit für Diskussionen: Der neue Haushalt gilt ab 2028 und bis 2034.
Sie werden aber möglicherweise versuchen, die Verhandlungen bis zum Frühjahr 2027 abzuschließen. Denn dann findet in Frankreich die Präsidentenwahl statt. Und falls in einem so wichtigen Mitgliedsstaat Rechtspopulisten ans Ruder kämen, würde das die Verhandlungen zusätzlich erschweren. Sie sind auch so kompliziert genug.
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