Vor 40 Jahren brachte Bob Geldof bei Live Aid 16 Stunden lang internationale Stars auf die Bühne. Das Ziel: Spenden sammeln für hungernde Menschen in Äthiopien. Mittlerweile sehen viele die Aktion kritisch.
Es war das Konzert des Jahrzehnts - manche sagen sogar aller Zeiten. In London und Philadelphia stehen 16 Stunden lang internationale Stars auf der Bühne. Bob Geldof hat sie bei Live Aid vor 40 Jahren für den guten Zweck zusammengebracht.
Fernsehbilder von der damaligen Hungersnot in Äthiopien hatten ihn schockiert - Kinder mit Hungerbäuchen, Beinen so dünn wie Streichhölzer. Auch durch Live Aid gingen diese Bilder um die Welt, zu jedem Jubiläum wird an sie erinnert. Dabei ist es genau dieses Bild, das viele Menschen in Äthiopien loswerden wollen.
Äthiopier wünschen sich anderen Blick aufs Land
Dawit Yifru ist einer der berühmtesten Künstler des Landes und Vorsitzender des äthiopischen Musikverbands und hat Live Aid 1985 verfolgt. Er wünscht sich einen anderen Blick auf sein Land.
Damals sei die Unterstützung gut gewesen, aber Äthiopien sollte nicht länger wie vor 40 Jahren dargestellt werden: "Es hat sich viel getan und das sollte gezeigt werden. Als Hungerland wollen wir nicht mehr wahrgenommen werden."

Dawit Yifru ist einer der berühmtesten Künstler Äthiopiens. Er kritisiert, dass Bob Geldof keinen seiner Landsleute in das Live-Aid-Projekt miteinbezogen hat. Yifru hatte mit seiner Band bereits zuvor ein ähnliches Projekt initiiert.
Äthiopien gilt zwar immer noch als eines der ärmsten Länder der Welt und die Lage in vielen Regionen ist angespannt, aber es geht auch vorwärts: Vor einigen Jahren gehörte es zu den Ländern mit dem höchsten Wirtschaftswachstum weltweit, und die Wirtschaft wächst auch heute noch.
Die Lebenserwartung liegt heute bei knapp 68 Jahren. Als Live Aid vor 40 Jahren stattfand, war sie noch deutlich niedriger - bei 38 Jahren.
100 Millionen US-Dollar für Nahrungsmittel
Dass durch Live Aid ein zu negatives Bild von Äthiopien gezeichnet wurde, ist nicht der einzige Kritikpunkt. Mehr als 100 Millionen US-Dollar Spenden brachten das Live-Aid-Konzert und die dazugehörigen TV-Übertragungen. Viel Geld, das vor allem für Nahrungsmittel eingesetzt wurde.
David de Waal, Geschäftsführer der World Peace Foundation, kritisierte diese rein kurzfristige Hilfe damals. Er forscht zu Hungersnöten weltweit: "Live Aid konzentrierte sich ausschließlich auf das unmittelbare menschliche Leid und nicht auf die politisch-militärischen Ursachen der Hungersnot, nämlich den Einsatz von Hunger als Kriegswaffe."
Dennoch sei die sofortige Hilfe aus heutiger Sicht sehr wichtig gewesen, um Menschen das Leben zu retten, so de Waal. Mittlerweile funktioniere Entwicklungszusammenarbeit anders und es werde dort investiert, wo Ursachen bekämpft würden.
2010 berichtete dann die BBC: Nicht alle Spendengelder soll auch den Menschen in Äthiopien zugutegekommen sein. Rebellen sollen sich Geld erschlichen und davon Waffen gekauft haben. Bob Geldof bestreitet das. Die BBC räumte später Fehler ein und entschuldigte sich - das Gerücht bleibt.

Äthiopien hat sich verändert, viele Menschen wollen nicht mehr mit dem Image von vor 40 Jahren in Verbindung gebracht werden.
Wurden äthiopische Künstler ignoriert?
Was viele Musiker in Äthiopien bewegt: Bei Live Aid stand kein äthiopischer Künstler auf der Bühne. Auch beim gesamten Band-Aid-Projekt hat bis heute kein Künstler des Landes mitgewirkt.
Dawit Yifru hatte schon vor Live Aid ein ähnliches Projekt initiiert - mit seiner Band ein Album aufgenommen, von dessen Erlösen eine Hilfsorganisation einen Lkw kaufen konnte, der Nahrungsmittel ins Hungergebiet brachte.
Von Bob Geldof habe er zum ersten Mal gehört, nach dem dieser mit dem Band-Aid-Projekt "Do They Know It’s Christmas?" veröffentlicht hatte, erzählt Yifru. "Er ist nie auf uns zugekommen. Dabei wäre es gut gewesen, wenn er uns kontaktiert hätte und wir vielleicht sogar zusammengearbeitet hätten." Dann hätte auch die äthiopische Perspektive eine Rolle spielen können, so Yifru.

Bob Geldof beim Live-Aid-Konzert im Jahr 1985. Vorwürfe, die äthiopische Perspektive sei zu wenig beachtet worden, wies er immer zurück.
Geldof bestreitet Vorwurf vom "weißen Retter"
Als Bob Geldof damals nach Äthiopien kam, gingen die Bilder davon um die Welt. Der Musiker läuft durch Flüchtlingslager, ist mit Kindern an der Hand zu sehen.
Immer wieder wird Geldof vorgeworfen, er inszeniere sich als "weißer Retter". Der Sänger und Live Aid-Initiator wehrt diesen Vorwurf ab. In einem Radio-Interview sagte er im vergangenen Jahr: "Sind die einzigen Menschen, die auf eine Hungersnot in Afrika reagieren dürfen, schwarze Menschen? Und wenn die Menschen grün sind, dürfen dann nur Grüne reagieren?"
Den Menschen in Äthiopien zuhören - das stereotype Bild ändern. Das ist es, was Dawit Yifru und viele andere im Land fordern. Auch von Bob Geldof, der bis heute regelmäßig Äthiopien besucht.
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