Viele Wohnungen und Häuser in Israel wurden im Krieg mit dem Iran beschädigt oder zerstört. Die ehemaligen Bewohner schlafen in Hotels. Die Suche nach neuen Wohnungen gestaltet sich wegen steigender Mieten als schwierig.
Shanna Fuld bahnt sich einen Weg durch Schutt, Glas und Papier, das den Boden ihrer zerstörten Wohnung bedeckt, hier im Stadtzentrum von Tel Aviv. Verbogener Stahl hängt von der Decke, durch ein Loch in der Wand ist das Bett des Nachbarn zu sehen, überall Chaos. "Das war mein Wohnzimmer. Ich entschuldige mich für den Gestank. Mein Kühlschrank liegt unter Trümmern. Es ist Essen drin. Ich komme nicht ran", erzählt Shanna.
Mehrere Wochen ist es her, dass eine ballistische Rakete aus dem Iran während des zwölftägigen Krieges neben dem Haus der jungen Journalistin einschlug. Gerade hatte sie über einen Einschlag berichtet, der viele Menschen tötete. Dass sie Stunden später selbst zur Geschichte wurde, hätte sie nicht gedacht. "Ich hatte meine Arbeitsklamotten aus- und meinen Pyjama angezogen, als der Alarm ertönte. Ich rannte die Treppe hoch in den Schutzraum meiner Nachbarin. Wir hörten, wie die Rakete vorbeipfiff - dann hörte ich den lautesten Knall, den ich in jemals gehört habe."

Blick in das zerstörte Wohnzimmer von Shanna Fuld.
"Das Haus bewegte sich nach rechts und wieder zurück"
Shanna nahm von dem Einschlag alles auf: Sie fing die Angst ihrer Nachbarn ein, die sich zu fünft im Schutzraum versammelt hatten, beteten und jammerten. "Das Fenster flog raus, der Griff schoss durch den Raum, das Haus bewegte sich nach rechts und wieder zurück."
In Shannas Wohnung befand sich auch ihr selbstgebautes TV-Studio ihrer Internetsendung Israel Daily News. Sie sendet jetzt von unterwegs. Viel Zeit aber verbringe sie mit dem Ausfüllen von Anträgen wegen der Schäden und um nach einer Wohnung zu suchen.
Betroffene finden keine neue Wohnung
Auch Ran Manor ist einer von etwa 10.000 Israelis, die auf Wohnungssuche sind. Der junge Banker hat im Krieg mit dem Iran ebenfalls seine Wohnung verloren. In Ramat Gan, einem Vorort von Tel Aviv, wohnte er in einem Wolkenkratzer. Dort ist das dunkle Treppenhaus voller Schutt. Rausgesprengte Türen haben sich in Gängen verkeilt. Im Untergeschoss klafft ein kreisrundes Loch in der Decke. "Hier kam die Rakete rein", sagt Ran.
Im Schutzraum auf seiner Etage überlebte er mit zehn anderen. Matratzen liegen in der Ecke des kargen Raums, auf einem Tisch stehen Gläser. "Whiskey. Den haben wir zum Entspannen getrunken. Als der Alarm kam, wurden wir an die Wand geschleudert. Da war Rauch und Feuer. Die Wände lösten sich. Aus den Rohren kam Wasser, überall war Glas. Das war wie im Horrorfilm."

Ran Manor geht durch das zerstörte Treppenhaus des Wolkenkratzers, in dem er vor dem Einschlag einer iranischen Rakete wohnte.
"Ich habe Angst vor der Ungewissheit"
Rans Wohnung wurde nicht komplett zerstört. "Hier steht noch ein Glas Wasser vom Tag vor dem Einschlag." Er deutet auf einen Wasserspender in seiner Küche, auch Mikrowelle, Ofen und Möbel sehen auf den ersten Blick unversehrt aus.
Am Boden liegt die Scheibe zum Balkon, die die Explosion herausriss. "Mir wäre es lieber, wenn alles kaputt wäre. Ich bekomme keine Entschädigung. Es gibt keinen Strom, kein Wasser, keine Scheiben. Alles verrottet. Ich finde keine Wohnung zu dem Preis, den ich vorher bezahlt habe. Die Wohnungseigentümer haben ihre Mieten erhöht. Ich habe Angst vor der Ungewissheit."
Ran packt sein Lieblingsbild ein, ein Wikinger aus der Serie "Vikings". Er will es mit ins Hotel nehmen. Nur bis Ende des Monats zahlt der Staat dafür. Dann sei Schluss mit der Förderung von Kriegsopfern, heißt es.
Alles Wichtige steckt im Rucksack
Auch Shanna Fuld sucht in den Trümmern ihrer Wohnung nach Dingen, die sie retten kann. "Das ist ein Umschlag mit Kassenzetteln. Die bräuchte ich eigentlich für meine Steuererklärung - sie sind aber nass." All ihre Möbel und Familienfotos sind verloren, ihren Schmuck habe jemand gestohlen. Ohnehin kann sie nicht viel mitnehmen, fügt sie hinzu.
Eine bezahlbare Wohnung ist in Tel Aviv Mangelware, sagt Shanna und setzt ihren Rucksack auf. Sie sei nun wohnungslos. "Deshalb trage ich alles auf meinem Rücken. Ich habe meinen Laptop, damit ich arbeiten kann. Manchmal schlafe ich bei Freunden, manchmal im Hotel. Egal, wo ich am Ende des Tages lande, ich habe alles dabei - etwa meine Zahnbürste, damit ich dort bleiben kann." Sie dreht sich noch einmal herum: Sie wolle sagen, dass sie zwar ihr Heim aber nicht ihre Heimat verloren hat, sagt Shanna und verschwindet im Treppenhaus.
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