Li Qiang statt Xi Jinping: China hat zum BRICS-Gipfel in Brasilien nur seinen Ministerpräsidenten geschickt. Für die Gastgeber ist das eine Enttäuschung. Schwindet Pekings Interesse an dem Bündnis?

Es ist das erste Treffen der BRICS-Staaten, zu dem Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping nicht höchstpersönlich angereist ist. Aus dem Pekinger Außenministerium hieß es, Xi habe andere Termine.

Seine Abwesenheit befeuerte Spekulationen, wie wichtig das Treffen für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt noch ist. Außenamtssprecherin Mao Ning beschwichtigte: BRICS biete die wichtigste Plattform für die Zusammenarbeit zwischen Schwellen- und Entwicklungsländern in der Welt.

"Im Grunde die zweite Reihe"

Auch wenn Xi im vergangenen Herbst zum G20-Gipfel erst in Brasilien war und auch der brasilianische Präsident Lula da Silva kürzlich erst in Peking war, sei der brasilianische Gastgeber enttäuscht, dass Xi nicht anreist, sagt der Politikwissenschaftler Mauricio Santoro aus Rio de Janeiro. Als würde man eine Party schmeißen und der beste Freund kommt nicht.

Die Beziehung zwischen Xi und Lula ist eng und freundschaftlich. China ist Brasiliens größter Handelspartner. Die amerikanische Zollpolitik unter US-Präsident Donald Trump hat zusätzlich dazu geführt, dass sich südamerikanische Länder und China weiter angenähert haben.

Dass Staats- und Parteichef Xi einen Vertreter zum diesjährigen BRICS Gipfel schickt, und der russische Präsident Wladimir Putin nur per Video zugeschaltet ist, könnte das Treffen in Rio weniger wichtig aussehen lassen, so Politikwissenschaftler Santoro: "Was wir hier haben werden, ist im Grund die zweite Reihe."

Besitzt BRICS keine Priorität mehr?

Zwar repräsentieren die BRICS-Staaten mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Doch auch Alexander Gabuev, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center mit Sitz in Berlin, sieht das BRICS-Bündnis derzeit deutlich geschwächt.

Es sei klar, dass BRICS derzeit nicht zu den Prioritäten der einzelnen Länder zählt, so Gabuev. Denn aufgrund geopolitischer Spannungen seien sie mit zahlreichen Herausforderungen in ihren Regionen und weltweit konfrontiert, auch untereinander.

Die BRICS-Staaten Die BRICS-Gruppe ist ein informeller Verbund mehrerer Staaten, die sich als Gegengewicht zu den westlichen Ländern verstehen, die aus ihrer Sicht vor allem die Weltwirtschaft dominieren. Die Mitgliedsstaaten stellen rund die Hälfte der Weltbevölkerung und stehen für etwa 40 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.

Gegründet wurde die Gruppe 2006 zunächst als BRIC von Brasilien, Russland, Indien und China. 2010 wurde durch den Beitritt Südafrikas daraus BRICS. Neben den namensgebenden Ländern gehören inzwischen auch Ägypten, Äthiopien, Indonesien, der Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate dazu.

Tiefgreifende Rivalitäten zwischen Mitgliedsstaaten

Tatsächlich haben die BRICS-Staaten teils sehr unterschiedliche Interessen und geopolitische Vorstellungen. Die demokratischen Gründungsmitglieder Indien, Brasilien und Südafrika sind eher zurückhaltend, eine Achse gegen die demokratisch regierten Länder des Westens zu bilden in dem Maße, wie das China und Russland vorantreiben.

Neue Mitglieder, wie etwa Saudi-Arabien oder Ägypten haben Sicherheitsbeziehungen zu den USA. Und es gibt tiefgehende Rivalitäten zwischen dem Iran und Saudi-Arabien sowie zwischen China und Indien.

Wie gut kommen Xi und Modi miteinander aus?

"Es ist unklar, wie gut die Zusammenarbeit und die Chemie zwischen Xi Jinping und dem indische Premierminister Narendra Modi aussehen würde", so Alexander Gabuev. Indien und China haben seit Jahrzehnten Grenzkonflikte im Himalaya, es gibt nicht einmal eine direkte Flugverbindung zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Welt.

Und bei dem jüngsten bewaffneten Konflikt zwischen Indien und Pakistan zeigte Chinas Führung, dass sie viel engere Beziehung zu Pakistan pflegt. "Die Erweiterung des BRICS-Bündnisses hat die Fähigkeit zur Koordinierung und zu unilateralem Handeln weiter verringert", so Gabuev. Und das sei absehbar gewesen. Schon als die Liste der Erweiterung vorgelegt wurde, sei klar gewesen, "dass der Zusammenhalt wahrscheinlich nicht mehr da ist".

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