In den vergangenen Monaten gab es für Israels Premier Netanjahu viel Gegenwind. Doch der Krieg gegen den Iran beschert ihm neue Popularität. Wird Netanjahu die Gunst der Stunde nutzen, um die Neuwahlen vorzuziehen?
Die Menschen in Israel erleben ihren Premierminister gerade so, wie sie ihn lange nicht erlebt haben: im Vorwärtsgang. Benjamin Netanjahu sucht seit dem Krieg gegen den Iran die Öffentlichkeit, den Kontakt mit den Menschen und gibt plötzlich sogar wieder Interviews.
"Wir haben einen großen Sieg eingefahren gegen den Unterdrücker, der kam, um uns zu vernichten", sagt er. "Wir haben die Bedrohungen beendet, um die Ewigkeit Israels zu sichern."
Gazastreifen, Korruption und schwache Koalition
In den Monaten vor dem Krieg gegen den Iran stand Netanjahu vor allem im Gegenwind: keine Erfolge im Gaza-Krieg, Korruptionsvorwürfe, der Druck seiner rechtsextremen Koalitionspartner. Große Teile der Bevölkerung trauen ihm außerdem nicht über den Weg.
Der Krieg gegen den Iran ist ein Wendepunkt. Einige Umfragen sehen Netanjahu zum ersten Mal seit über einem Jahr wieder als geeignetsten Kandidaten für das Amt des Premierministers. Auch seine Likud-Partei kann zulegen, analysiert eine Korrespondentin des Senders Chanel 11. Sie bezeichnet das als "Euphorie" nach dem Iran-Krieg. "In dieser Umfrage erhält Likud aus zwei Ecken weitere Mandate: Zum einen aus der Lieberman-Ecke - Wähler, die früher Likud wählten und jetzt zurückkehren." Die andere Ecke seien Likud-Wähler, die vorher nicht gewählt haben, weil sie von der Politik enttäuscht waren.
Michael Rimmel, Leiter Auslandsbüro Israel Konrad-Adenauer-Stiftung, mit innenpolitischen Einschätzungen zu Israel und zum Prozess gegen Netanjahu
tagesschau24, 26.06.2025 10:00 UhrIran-Krieg aus Eigennutz?
In israelischen Medien wird unter Berufung auf enge Mitarbeiter berichtet, dass Netanjahu auf vorgezogene Neuwahlen setzt, um den Popularitätszuwachs zu nutzen - und zwar bevor die Stimmung wieder kippt.
Nimrod Scheffer ist der ehemalige Chef der Luftwaffe und heute Mitglied der neu gegründeten Demokratischen Partei. Er unterstellt Netanjahu, mit dem Krieg gegen den Iran seine politische Zukunft sichern zu wollen: "Die Frage ist, ob es nicht doch politisch oder persönlich motiviert war." Doch das Problem sei, dass man sich diese Frage überhaupt stellen müsse.
Zweifel an Langlebigkeit der neuen Popularität
"Wenn ein Premierminister eine Offensive startet, die die nationale Sicherheit über Jahrzehnte hinweg dramatisch beeinflussen könnte, und wir uns fragen müssen, ob seine Beweggründe koscher sind, dann ist das Vertrauen bereits unwiederbringlich beschädigt", erklärt Scheffer. "Ich glaube diesem Mann kein Wort mehr, und deshalb ist es nicht nur erlaubt, sondern unsere Pflicht, seine Aussagen anzuzweifeln."
Andere Oppositionspolitiker reagieren gelassener. Sie sagen, Netanjahus Aufwind werde nur von kurzer Dauer sein und verweisen auf seine politischen Baustellen: Die Geiseln und der Krieg im Gazastreifen, der Korruptionsprozess und die hohe Staatsverschuldung.
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