Russland soll für seinen Krieg gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden. Deshalb will der Europarat ein Sondertribunal einrichten. Der ukrainische Präsident unterzeichnete jetzt ein entsprechendes Abkommen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der Generalsekretär des Europarats, Alain Berset, haben ein Abkommen für ein Sondertribunal für Verbrechen gegen die Ukraine unterzeichnet. "Die Ukraine kann auf den Europarat zählen", sagte Berset. Die Unterzeichnung sei eine "entscheidenden Etappe" zur Einrichtung des Tribunals.

"Jeder Kriegsverbrecher muss wissen, dass es Gerechtigkeit geben wird, und das gilt auch für Russland", erklärte Selenskyj. "Gerechtigkeit braucht Zeit, aber sie muss kommen, davon bin ich überzeugt." Und Selenskyj sagte weiter: "Es bedarf einer starken politischen und rechtlichen Zusammenarbeit, um sicherzustellen, dass jeder russische Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt wird, einschließlich Putin."

Der Europarat hat das Sondertribunal zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in den vergangenen Monaten vorbereitet. Dass ein solches Tribunal dort angesiedelt werden soll, hatten die Ukraine und die EU bereits am 9. Mai beschlossen.

Russische Führung soll zur Rechenschaft gezogen werden

Das Richtergremium soll im niederländischen Den Haag angesiedelt werden und Top-Vertreter der russischen Führung zur Verantwortung ziehen. Dass Kremlchef Wladimir Putin auf der Anklagebank erscheinen wird, gilt als unwahrscheinlich. Zwar könnte Beschuldigten auch in Abwesenheit der Prozess gemacht werden. Staats- und Regierungschefs sowie Außenminister unterliegen aber rechtlicher Immunität. Heißt: Erst wenn sie aus dem Amt scheiden oder ihre Immunität aufgehoben wird, können sie verurteilt werden.

Laut Europarat ist das Tribunal trotzdem wichtig, etwa um Beweise zu sammeln und Anklagen vorzubereiten. Im nächsten Schritt können sich interessierte Staaten sowie die Europäische Union entscheiden, ob sie am Tribunal mitwirken wollen. In der Zwischenzeit sollen weitere Vorbereitungen laufen. Ziel ist dem Europarat zufolge, dass das Tribunal in den kommenden Monaten - zumindest in vorläufiger Form - an die Arbeit gehen könne.

"Wir brauchen Einheit zwischen Europa und den USA"

Selenskyj, der zuvor am NATO-Gipfel in Den Haag teilgenommen hatte, sprach zudem vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. "Wir brauchen Einheit zwischen Europa und den USA und wir werden siegen", sagte der ukrainische Präsident.

Für die Ahndung von Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg ist der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag zuständig. Der IStGH hatte im März 2023 wegen des Vorwurfs der Zwangsdeportation ukrainischer Kinder im Zuge der russischen Offensive einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt. Der IStGH kann jedoch nicht gegen Moskau wegen des "Verbrechens der Aggression", also der Entscheidung zum Angriff auf die Ukraine, vorgehen. Das Sondertribunal soll diese Rechtslücke nun schließen.

Der Europarat ist von der EU unabhängig und setzt sich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte ein. Die Ukraine ist Mitglied. Russland wurde im März 2022 ausgeschlossen.

Der Europarat Der Europarat (Council of Europe) ist kein Organ der EU. Er hat 46 Mitgliedsstaaten, darunter die 28 Mitglieder der Europäischen Union. Mitglieder sind darüber hinaus auch etwa die Türkei, Albanien, Nordmazedonien, Georgien und Aserbaidschan. Russland wurde seine Mitgliedschaft wegen des Angriffs auf die Ukraine im März 2022 entzogen.

Sitz des Europarates ist Straßburg. Er wurde 1949 gegründet und dient als Forum für Debatten über Menschenrechtsfragen. Der Europarat soll die demokratische Entwicklung in den Mitgliedsländern fördern. Die Resolutionen der Parlamentarischen Versammlung sind nicht bindend, die Institution gilt jedoch als wichtiger Stimmungsmesser für politische Lagen.

Wichtigste Einrichtung des Gremiums ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Der EGMR ist nicht zu verwechseln mit dem EuGH in Luxemburg, der das oberste rechtsprechende Organ der EU ist.

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