Kriege, Konflikte und Vertreibung - einem UN-Bericht zufolge sind weltweit rund 122 Millionen Menschen auf der Flucht. Besonders dramatisch sei die Lage im Sudan. Vor allem Syrer konnten aber in ihre Heimat zurückkehren.
Immer mehr Menschen sind auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung. Gleichzeitig wird das Geld, um ihnen zu helfen, immer knapper, so die düstere Bilanz des neuen Berichts des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Weltweit gab es demnach Ende April mehr als 122 Millionen gewaltsam vertriebene Frauen, Männer und Kinder - gut zwei Millionen mehr als im Vorjahr.
Damit habe sich die Zahl der Vertriebenen in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Die dem UNHCR zur Verfügung stehenden Mittel dagegen seien auf dem Stand von 2015, so Filippo Grandi, der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge. "Wir erleben einen dramatischen Rückgang der Ressourcen", sagt er. Das hänge zum einen damit zusammen, weil die US-Beiträge eingefroren wurden, zum anderen aber auch, weil andere Länder weniger geben würden. "Wir haben also weniger Geld und viel mehr Menschen, denen wir in sehr komplizierten Situationen helfen müssen", so Grandi.
Krieg hat 14 Millionen Menschen im Sudan vertrieben
Grandi ist für unser Gespräch aus Äthiopien zugeschaltet. Das Land hat über eine Million Flüchtlinge aufgenommen - vor allem aus dem Nachbarland Sudan, wo der brutale Krieg fast 14 Millionen Menschen vertrieben hat. Aber für die nach Äthiopien geflohenen Sudanesinnen und Sudanesen hat das Flüchtlingshilfswerk jetzt nur noch halb so viel Geld wie 2024.
"Zum Beispiel mussten wir alle Hilfen für Frauen, die in diesen Kriegen vergewaltigt worden sind, stoppen - denn das Programm war größtenteils von den USA finanziert. Wir haben unterernährte Kinder, deren Behandlung in Krankenhäusern und Flüchtlingslagern auf ein Minimum reduziert werden muss, um schnell Platz zu haben für noch mehr unterernährte Kinder, die extreme Hilfe benötigen."
Auch Afghanistan und die Ukraine sind Hotspots
Der Sudan ist laut dem neuen UNHCR-Bericht das Land mit der schlimmsten Vertreibungskrise weltweit. Hotspots sind auch Afghanistan mit mehr als zehn Millionen und die Ukraine mit fast neun Millionen Vertriebenen. Zu ihnen zählt das Flüchtlingshilfswerk auch Menschen, die innerhalb ihrer Länder auf der Flucht sind. Und das sind die meisten: Die Zahl der Binnenvertriebenen ist laut dem Bericht um über sechs Millionen gestiegen.
Die Zahl der Flüchtlinge, die ihre Länder verlassen mussten, ist dagegen mit knapp 43 Millionen relativ stabil geblieben. Und die große Mehrheit der Geflüchteten - das bestätigt der neue Bericht einmal mehr - lebt nicht in reichen Regionen wie Europa, sondern es sind arme Länder wie Äthiopien, die 73 Prozent der Flüchtlinge weltweit aufnehmen.
"Aber in den reichen Ländern", so Filippo Grandi, "herrscht immer die Vorstellung, dass alle dort hinkommen wollen - dass es eine nicht zu bewältigende Invasion von Flüchtlingen gebe. Diese Wahrnehmung wurde sorgfältig gepflegt von gewissen Leuten des politischen Establishments, die damit Wahlen gewinnen."
"Fehlende Hilfe treibt Menschen in die Flucht"
Die G7-Staaten - also die wichtigsten westlichen Industrieländer - werden laut einer aktuellen Analyse der Organisation Oxfam - ihre Ausgaben für Entwicklungshilfe bis 2026 um voraussichtlich 28 Prozent kürzen. Abgesehen von moralischen Fragen seien diese politischen Entscheidungen auch im nationalen Eigeninteresse "sehr kurzsichtig", meint UN-Flüchtlingshochkommissar Grandi. Denn fehlende Hilfe werde die Menschen letztlich in die Flucht Richtung Europa treiben.
"Europa ist von einem Krisengürtel umgeben", so Grandi. "Wenn wir nun, wie es der Fall ist, die humanitäre Hilfe halbieren müssen, dann wird das zu Migrationsbewegungen führen. 250.000 Sudanesen sind derzeit in Libyen - weil sie im Sudan oder in den Nachbarländern keine Hilfe mehr bekommen konnten. Und wir alle wissen: nach Libyen zu gehen, bedeutet weiterzuziehen - nach Europa."
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