Wenn das Helikoptergeräusch nicht mehr aufhört, ist es soweit in Los Angeles: Immer mehr Menschen strömen nachmittags in die Strassen, ein buntes Volk, mit Mexiko-Flaggen, Schildern und auch mal einem «Fuck Trump»-Shirt. «Wir protestieren für jene, die das nicht selber können. Diese Razzien sind nicht legal, sie kidnappen Leute auf der Strasse», sagt Greta, die sich dazugesellen will.

Legende: Professorin Nicole Holliday setzt sich für ihre Studierenden ein und protestiert auf den Strassen gegen die Einwanderungsbehörde ICE. SRF/ Viviane Manz

«Meine Studierenden wurden teils auf der Strasse festgenommen, oder wenn sie in den Unterricht wollten, oder zu einem offiziellen Termin bei der Einwanderungsbehörde», sagt Professorin Nicole Holliday. «Es ist ein Angriff auf unsere Stadt, unsere Nachbarn, unsere Kinder». Eine andere Frau erzählt von einem Kind, das nun bei der Lehrerin wohne, weil die Eltern festgenommen wurden.

Tagsüber friedlich, nachts Ausschreitungen

Die letzten Tage in der kalifornischen Grosstadt durchlaufen immer ähnliche Wellen: Nach den zunächst friedlichen Protesten gibt es Ausschreitungen bis in die Nacht, am Morgen sieht man die Spuren in Form von Graffitis, abgebrannten Abfallkübeln und Gummigeschossen am Strassenrand. Jene, die am Nachmittag demonstrieren, sind meist nicht dieselben wie die Krawallmacher in der Nacht.

Legende: Der Unmut über das Vorgehen der Einwanderungsbehörde und Trumps Regierung entlädt sich auf den Strassen von Los Angeles. SRF/ Viviane Manz

Die von Präsident Trump aufgebotenen Nationalgardisten, gegen den Willen der kalifornischen Behörden, stehen vor den zwei Bundesgebäuden. Die Polizei von Los Angeles, unterstützt von der Abteilung des Sheriffs und weiteren kalifornischen Einheiten, sind zuständig für die Polizeiarbeit, versuchen die Ausschreitungen so weit möglich einzudämmen, zu deeskalieren.

Angst in der Einwanderergemeinschaft

Die ersten Proteste am Freitag ausgelöst haben Meldungen, dass die ICE-Sicherheitskräfte, also jene Bundeseinheiten, die Ausschaffungen durchführen, Razzien an Arbeitsplätzen oder in Läden durchführten.

Beim Baugeschäft «Homedepot» gibt es Schilder «Day Labor» und ein Pfeil zu einem kleinen Zelt auf dem Parkplatz – dort warten regelmässig Immigranten auf Arbeit. Und dort hatte ICE nun mehrfach Immigranten festgenommen.

Legende: Migrantinnen und Migranten müssen sich derzeit in Acht nehmen, wenn sie diesem Pfeil in Los Angeles folgen. SRF/ Viviane Manz

«Sie kommen in Schwärmen und zielen auf Geschäfte, wo Immigranten arbeiten», beschreibt Alejandra Lopez Sanchez die Razzias. Die Studentin ist in Los Angeles geboren und Amerikanerin, doch ihre Eltern sind illegal über die Grenze gekommen, vor rund 20 Jahren. Trotz Angst vor einer Festnahme gehen sie zur Arbeit. Sie haben keine andere Wahl, denn sie müssen verdienen.

Legende: Alejandra Lopez wird wie viele andere Kinder von Einwanderungsfamilien zum Einkaufen geschickt. Ihre Eltern getrauen sich nicht mehr auf die Strasse. SRF/ Viviane Manz

Doch Alejandras Eltern gehen wie viele andere Einwanderer ohne legalen Aufenthaltsstatus nicht mehr gerne aus dem Haus. «Dann schicken sie mich einkaufen, das ist mir keine Last. Aber wenn ich in die Läden gehe, sehe ich viel weniger ältere spanischsprachige Leute und mehr Teenager und Kinder», erzählt sie. «Ich denke, viele andere schicken auch ihre Kinder, damit sie nicht das Risiko eingehen, in eine Razzia zu kommen.»

Wir haben eine Art Vollmacht für mich über meine Schwestern. Ich bin die Älteste und würde übernehmen, wenn meinen Eltern etwas geschehen würde.»
Autor: Alejandra Lopez Tochter von Einwanderer

Sie und viele Immigranten nutzen die Website staysafe.la, die anzeigt, wo gerade ICE-Einheiten gesehen wurden. Obwohl Alejandras Eltern seit 20 Jahren in den USA sind, hier Steuern zahlten, nie das Gesetz gebrochen hätten und versuchen, einen legalen Aufenthaltsstatus zu bekommen, gehe ihr Verfahren nicht vorwärts. «Es ist ein so kompliziertes und kaputtes System, dass es keinen einfachen Weg gibt.»

Es ist eine Situation, die in Los Angeles viele Familien teilen. Auch den Plan, den Alejandra mit ihren Eltern besprochen hat: «Wir haben eine Art Vollmacht für mich über meine Schwestern. Ich bin die Älteste und würde übernehmen, wenn meinen Eltern etwas geschehen würde.»

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