In "Anno 117" schickt Ubisoft Spieler ab Mitte November als virtuelle Statthalter in das antike Rom. ntv.de konnte den neuesten Spross der beliebten Aufbauserie bereits ausführlich testen und sogar einen Blick in die neue Kampagne werfen. Die hat einige angenehme Überraschungen parat.
"Anno 117" setzt ganz auf das vertraute Grundprinzip der Reihe. Wir besiedeln in einer riesigen Inselwelt ein idyllisches Fleckchen Land und produzieren mit den dort vorhandenen Rohstoffen verschiedene Grund- und Luxusgüter, damit unsere Bevölkerung möglichst satt, gesund und zufrieden ist. Gelingt uns das, entwickelt sich unsere kleine Siedlung schnell zu einer florierenden Metropole mit römischen Bädern, Amphitheatern und Aquädukten.
Je höher der Wohlstand, desto komplexer werden aber auch die Bedürfnisse unserer Einwohner. Geben sich einfache Liberti (so heißen in "Anno 117" die aus früheren Serienteilen bekannten Pioniere) noch mit Haferbrei und Sardinen zufrieden, muss es für die wohlhabenderen Equites und Senatoren feines Olivenöl, Käse und ein Gläschen Wein sein. Dieser typische Mix aus Aufbau, Expansion, Optimierung und Handel funktioniert auch heute noch genauso gut, wie bei seinem Debüt vor knapp 30 Jahren.
Provinzen mit Charakter
Neu und spannend ist allerdings, dass uns "Anno 117" gleich zu Beginn einer Partie vor die Wahl stellt, in welcher von zwei möglichen Regionen wir unsere Siedlung gründen möchten. So können wir das antike Rom aus zwei völlig unterschiedlichen Blickwinkeln erleben.
Latium, das sonnige Kernland des Imperiums, fühlt sich an wie ein mediterraner Kurzurlaub. Weite Olivenhaine, Prachtbauten aus edlem Marmor und enge Straßenzüge mit Ziegeldächern und grünen Innenhöfen prägen hier das Bild. Mit seinen vergleichsweise simplen Produktionsketten, seinen Anno-typischen Gebäudetypen und Bevölkerungsstufen spielt sich Latium sehr vertraut und ist damit prima für Einsteiger und ästhetische Feingeister geeignet.
Ganz anders Albion, das ferne, nasskalte Britannien am anderen Ende des Reichs. Nebel wabert zwischen zerklüfteten Hügeln über Sümpfe, fruchtbares Land ist rar. Selbst der Straßenbau wird zur Herausforderung, weil in dem sumpfigen Terrain Wege plötzlich an spezifische Anschluss-Punkte gesetzt werden müssen. Hier geht es beim Aufbauen weniger um Ästhetik, als um das Zähmen der wilden Natur. Das keltische Albion spielt sich damit anspruchsvoller und ein Stück weit aufregender.
Welchen Weg schlagen wir ein?
Gleichzeitig bildet das raue Land auch die Bühne für eines der spannendsten neuen Systeme von "Anno 117": die kulturelle Weichenstellung. Hier entscheiden wir bei jedem Bevölkerungsaufstieg, ob wir den keltischen Weg mit Fokus auf Handwerk, Naturglauben und Gemeinschaft weiter verfolgen - oder die Region Stück für Stück romanisieren und römische Bauten, Luxusgüter und Kultur in die keltische Welt importieren möchten. Sogar den unwirtlichen Sumpf dürften wir dann trockenlegen.
Beim Anspielen entpuppte sich das System als viel umfangreicher als erwartet. Unsere Entscheidung verändert sichtbar das Stadtbild, die Bedürfnisse der Bevölkerung, die verfügbaren Gebäude und sogar die diplomatischen Beziehungen zu benachbarten Fraktionen. Das Zusammenspiel der beiden komplett gegensätzlichen Welten ist sehr spannend und lädt zum ausgiebigen Experimentieren ein.
Boni durch Glaube
Neu ist auch das Glaubenssystem. So können wir nun jeder Insel eine Schutzgottheit zuweisen, die Boni für bestimmte Produktionsketten oder Einheitentypen freischaltet. Wir bauen Tempel also in "Anno 117" nicht mehr nur für die Ästhetik, sondern beeinflussen damit aktiv, welche praktischen Vorteile wir einheimsen möchten. Ein Mars-Tempel sorgt etwa für Disziplin in Garnisonen und beschleunigt die Truppenrekrutierung. Minerva begünstigt Bildung und Forschung, was neue Technologien im ebenfalls neuen Forschungsmenü freischaltet.
Haben wir genug Wissen gesammelt, schalten wir dort Upgrades für Einheiten, Gebäude oder gar komplett neue Bauoptionen frei. So erhalten wir etwa Zugriff auf effizientere Straßen, neue Schiffsmodelle oder fortschrittliche Bewässerungssysteme. Das erlaubt Spezialisierungen: Wer in Landwirtschaft investiert, wird schnell zur Wirtschaftsmacht. Wer militärisch forscht, kann sich selbst mit dem in unserer Preview-Version noch arg aggressiven Piraten anlegen.
Das Militär ist zurück!
Dann gibt es auch noch das Militär. "Huch, Militär?", könnte man da fragen. Jawohl, "Anno 117" bringt die Landkämpfe zurück! Truppen lassen sich in Kasernen rekrutieren, mit Waffen und Rationen versorgen und in Städten stationieren. Eine kleine Garnison kann in Albion Aufstände verhindern oder Banditen vertreiben, während ein Kastell an der Grenze wertvolle Handelsrouten schützt.
Kämpfe laufen dabei recht simpel, aber hübsch inszeniert ab. Wir befehligen in der Regel überschaubare Truppenkontingente in gezielten Einsätzen, um beispielsweise besonders ressourcenreiche Gebiete von unseren Mitspielern zu erobern. Zoomen wir mit der Kamera ganz nah ans Geschehen heran, können wir sogar einzelnen Legionären beim Kämpfen zusehen. "Anno 117" geht damit einen Schritt, den sich Fans seit Jahren gewünscht haben, ohne aus dem Aufbauspiel einen Militärsimulator zu machen.
Die spannendste Kampagne seit langem
Apropos Fanwünsche. Erstmals in der Geschichte von Anno schlüpfen wir in der Kampagne in die Rolle einer ausgearbeiteten Hauptfigur. Zur Wahl stehen Marcus, ein ehrgeiziger Militär mit klassischer Karriere im Senat, oder seine Schwester Marcia, eine junge, scharfsinnige Statthalterin, die sich ihren Platz in der römischen Hierarchie erkämpfen will. Beide bringen eigene Dialoge und charakterliche Nuancen mit, die Handlung verläuft aber weitgehend identisch.
Wir beginnen jeweils in Latium, im Herzen des römischen Reichs. Hier lernen wir die Grundlagen des Städtebaus, treffen politische Verbündete und erleben hautnah, wie schnell der Glanz Roms bröckeln kann. Denn der ehrgeizige Usurpator Calidus destabilisiert den Senat und bringt das Machtgefüge ins Wanken. Inmitten dieses Konflikts geraten wir zwischen die Fronten, werden als Verräter abgestempelt und schließlich in den fernen Norden nach Albion verbannt.
Was danach folgt, ist ein spannender Bruch mit der bisherigen Serienroutine. Statt einfach ein neues Inselreich zu erschließen, obliegt es uns darüber zu entscheiden, wie Rom in diesem fremden Land wahrgenommen und verstanden wird - und welches Erbe wir ganz persönlich hier hinterlassen möchten. Wir stehen regelmäßig vor der Wahl, in welche Richtung wir unsere Provinz lenken möchten.
Unterstützen wir die einheimischen Clans in Albion, um ein Bündnis gegen Rom zu schmieden? Oder setzen wir mit eiserner Hand römisches Recht durch, um die Provinz zum imperialen Vorzeigeprojekt zu machen? Uns hat der Story-Kniff beim Anspielen gut gefallen und wir hatten in den ersten Stunden der Kampagne das Gefühl, wirklich Teil eines größeren Ganzen zu sein, statt nur Logistik und Statistiken zu jonglieren.
"Anno 117" hat das Potenzial zum Aufbau-Epos
Natürlich ist noch nicht alles perfekt. Uns sind noch einige kleine Bugs begegnet und insgesamt haperte es noch etwas am Balancing. Der Aufbau-Part im Spiel wirkte auf uns vergleichsweise einfach, während manche Quests unter hohem Zeitdruck fast nicht zu schaffen waren. Auch die Statistikwerte unserer Städte schwanken manchmal ohne erkennbaren Grund enorm und die Benutzeroberfläche mit teils sehr ähnlichen Namen und Icons für unterschiedliche Güter könnte noch Feinschliff vertragen.
Man kann da aber mit Blick auf den Starttermin im November guter Dinge sein. Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag gebaut und wenn Ubisoft hier und da noch etwas nachschärft, steht uns mit Anno 117: Pax Romana ein Aufbau-Epos bevor, das nicht nur Anno-Fans stundenlang an den Bildschirm fesseln wird.
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