Es braucht keine Übersetzungsfunktion, um zu verstehen, dass Greg "Joz" Joswiak verärgert ist. In kleiner Runde hat er sich am Tag nach der letzten Apple-Produktvorstellung mit ausgewählten Journalisten getroffen, um über den Digital Market Act (DMA) der Europäischen Union zu sprechen. Und warum der aus Apples Sicht die neuen Airpods Pro in Europa ihrer spannendsten Funktion beraubt: Sie erscheinen hier ohne die neue Simultanübersetzung.
Dass Apple und die EU zum DMA aneinander rasseln, ist nicht neu. Die große KI-Offensive Apple Intelligence erschien in den europäischen Staaten mit einem halben Jahr Verzögerung. Das als iPhone Mirroring bezeichnete Feature, bei dem man sein iPhone einfach digital auf dem Mac nutzen kann, wenn es daneben liegt, ist in der EU auch ein Jahr nach Erscheinen noch nicht verfügbar. Neu ist, dass Apple so offen über diese Streitigkeiten spricht. Und mit welch klaren Worten Joswiak seine Verärgerung zeigt.

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Ärger über den DMA
"Unsere Kunden sind deshalb angepisst. Wir sind deshalb angepisst", erklärt er in der Runde geradeheraus. Für die sonst sehr auf die äußere Wirkung bedachten Apple-Manager sind das ungewohnt klare Worte. Zumal sie vom Marketing--Chef persönlich stammen. Für Joswiak geht es ums Prinzip. Das Problem sei weniger die im DMA verankerte Regulierung des Marktes, sondern die aus seiner Sicht "radikale" Interpretation dieser Regeln. Denn die würden es Apple unmöglich machen, manche seiner Features für die europäischen Kunden anzubieten.
Eigentlich hat der DMA vor allem einen Zweck: Die Tech-Konzerne sollen ihre Marktmacht nicht missbrauchen können, indem sie die Kunden mit Einschränkungen im eigenen Ökosystem halten. So soll der Missbrauch von Monopol-Positionen verhindert werden, eine Öffnung der Technologie für mehr Kunden erreicht werden. Doch aus Apples Sicht bedeutet es in erster Linie: Die eigenen Produkte auch für andere zu öffnen.

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Verzögerte Features
Das wolle man gar nicht grundsätzlich verhindern, stellt Joswiak klar. "Interoperabilität ist wichtig. Es ist für uns alle wichtig. Es ist wichtig für die Branche", erklärt er. "Wir haben buchstäblich Tausende von Tools, die Apps und Geräten helfen, die Kerntechnologien des iPhones und anderer Apple-Produkte zu nutzen, um großartige Erlebnisse für unsere Nutzer zu schaffen." Die Crux bei der Interoperabilität: Die neuen Technologien der vom DMA betroffenen Konzerne sollen auch ab Tag 1 mit den Produkten anderer Hersteller funktionieren. "Das zwingt uns, auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu setzen", glaubt Joswiak.
Im Falle der Airpods Pro würde es etwa bedeuten: Die Übersetzungsfunktion muss auch mit den Smartphones anderer Hersteller funktionieren. Ob das überhaupt möglich ist, bezweifelt Apple. Die Funktion greift für die Übersetzung sowohl auf die Mikrofone der Airpods, als auch die des iPhones zu, so der Konzern. Es sei deshalb nicht möglich, eine Schnittstelle zu schaffen, die diesen Zugriff ermöglicht, gleichzeitig aber die Standards für Datenschutz, Sicherheit und Integrität erfüllt, so der Konzern.
Weil man für eine Interoperabilität ab Tag 1 zudem Monate früher mit den Konkurrenten zusammenarbeiten müsste, gefährde es zudem die Innovationskraft, so Joswiak. "Es erfordert, dass wir sehr differenzierte Technologien oft ohne Entschädigung an Wettbewerber abgeben. Dinge, die Jahre in der Entwicklung waren. Das fördert keine Innovation. Es entmutigt sie."
In der Praxis führe die Regel deshalb dazu, dass Apple einige Features zunächst nicht in Europa anbietet, sondern abwartet und mit der EU verhandelt. "Dabei geht es uns nicht darum, die Kunden zu bestrafen oder einen Punkt zu machen", erklärt Joswiak. "Wir hassen es."
Apple gegen die EU
Dass die EU Apple als "Gatekeeper" designiert hat, liegt an der einfachen Tatsache, dass der Konzern anders als die meisten Konkurrenten Software und Hardware aus einer Hand liefert. Und damit besondere Kontrolle hat, was auf den eigenen Geräten passiert. Also genau das, was jahrelang als Stärke von Apple galt. Die Position erlaubte es dem Konzern, Features genau auf die eigene Hardware abzustimmen. Weil Apple sein Geld vor allem mit Hardwareverkäufen verdient, konnte der Konzern sich glaubhaft als Schützer der Privatsphäre seiner Nutzer positionieren – und sich damit von den durch Nutzerdaten-Verarbeitung finanzierten Konkurrenten Google und Microsoft abgrenzen. Nun gäbe es Forderungen, unter dem DMA präzise Nutzerdaten wie alle vom Smartphone genutzten Wlan-Netzwerke an Dritte herausgeben zu müssen.
"Der DMA hat, um es sehr deutlich zu sagen, die Datenschutz- und Sicherheitsvorkehrungen untergraben, die die Nutzer von Apple erwarten", so Jozwiak. "Sie haben unsere Innovationsfähigkeit behindert. Sie haben uns gezwungen, unsere Technologie kostenlos abzugeben." Dabei ärgert ihn besonders, dass Apple von der EU im Smartphone-Markt anders behandelt wird. "Das ist bizarr. Diese Regeln gelten nur für Apple. Sie gelten nicht für Samsung. Sie gelten nicht für die chinesischen Unternehmen oder sogar für andere amerikanische Technologieunternehmen."
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