KI-Browser sind die Zukunft der Internet-Suche. Perplexity Comet ist seit heute eingeschränkt am Markt, OpenAI ist kurz davor und unterstützt weitere Konkurrenten. Auch Underdogs wie Brave oder Opera Neon suchen ihre KI-Chance. Dies könnte die Dominanz von Google Chrome gefährden, doch der Browser-König ist auf den Angriff vorbereitet.

Heute hat Perplexity den Start seines KI-Browsers Comet bekannt gegeben. Das ist bemerkenswert, denn die Plattform hat in den vergangenen 24 Monaten ein rasantes Wachstum hingelegt. Exploding Topics zufolge stieg ihre Nutzerzahl von 2,2 Millionen im Dezember 2022 auf rund 160 Millionen im März 2025. Den Erfolg hat Perplexity als Alternative zur Google-Suche erzielt, die praktisch in Echtzeit Ergebnisse mit Quellenangaben zusammenfasst und sowohl Fragen als Nachfragen in natürlicher Sprache versteht und beantwortet.

Perplexity Comet könnte daher seit langer Zeit erstmals eine echte Bedrohung für Google Chrome werden, der laut Statcounter den weltweiten Browser-Markt mit einem Anteil von nahezu 70 Prozent dominiert. Apple Safari folgt mit rund 16 Prozent, Microsoft Edge mit knapp 5 Prozent.

Viele wollen mitmischen

Und Perplexity ist nicht der einzige ernstzunehmende Konkurrent, der ein Stück vom neuen Browser-Kuchen abhaben möchte. Ende Mai hat Opera Neon vorgestellt, und auch ChatGPT-Betreiber OpenAI ist Reuters zufolge kurz vor der Veröffentlichung eines KI-gestützten Browsers. Außerdem assistiert ChatGPT bereits in Edge als Copilot oder im Opera-Browser. Dazu kommen spannende Newcomer wie der Arc Browser, der mit "Max" auch eine Funktion anbietet, bei der die KI selbstständig Webseiten durchsucht und Ergebnisse zusammenfasst.

Zusammenfassungen sind aber nur eine vergleichsweise einfache Funktion von KI-Browsern. Das "große neue Ding" sind KI-Agenten, die praktisch stellvertretend für Nutzerinnen und Nutzer tätig werden und dabei auch komplexe Aufgaben erledigen.

KI-Agenten erledigen den Job

Das können Buchungen von Reisen sein, wobei man beispielsweise Ziel, Verkehrsmittel, Art der Unterkunft und ein Budget vorgibt. Ein KI-Agent ist auch in der Lage, bei einem Lebensmittel-Lieferdienst selbstständig einzukaufen, nachdem man ihm ein Gericht genannt hat - Rezeptvorschläge inklusive.

Man kann auch seine abonnierten Dienste durchsuchen lassen und mit weiteren Aufgaben verknüpfen, beispielsweise einen zuletzt gekauften Artikel bei Amazon erneut bestellen lassen. Ebenso ist es möglich, seine E-Mails nach Inhalten oder Absendern zu durchforsten oder Kalendereinträge zu machen. Und weil es noch bequemer ist, funktioniert das Ganze auch mit Befehlen in natürlicher Sprache.

Großes Problem für die Digital-Wirtschaft

Ein großes Problem für Anbieter von Inhalten und Produkten sind Recherchen von KI-Agenten, die Webseiten stellvertretend besuchen und ihren Auftraggebern perfekt aufbereitete Zusammenfassungen mit allen nötigen Informationen liefern. Dazu gehören auch Links zu den Quellen, aber ein Großteil der Nutzerinnen und Nutzer von KI-Browsern wird sich nicht die Mühe machen, sie aufzurufen.

Das wird sich massiv auf Werbeeinnahmen auswirken, denn kein Anzeigenkunde zahlt für Besuche von KI-Agenten. Bei Online-Shops oder anderen Websites, die etwas verkaufen, sieht es ähnlich aus.

Natürlich haben auch Perplexity & Co. nichts direkt davon, aber auf die eine oder andere Art und Weise muss man im Internet für alles bezahlen. Im Fall von Perplexity Comet sollen das stolze 200 Dollar im Monat sein. Trotzdem können vorerst nur Max-Abonennten Comet nutzen, die sich auf eine Warteliste gesetzt haben.

Neue Abo-Strukturen

Zielgruppe von Perplexity Comet sind vor allem professionelle Nutzer, die umfangreiche KI-Funktionen und Prioritätszugang benötigen. Andere Anbieter werden das ähnlich handhaben, denn der Betrieb von großen Sprachmodellen (LLM) sind enorm teuer - egal ob man sie wie OpenAI oder Google selbst entwickelt, sie anmietet oder wie Perplexity und Opera eine Mischung daraus einsetzt.

Aber auch Otto-Normal-Nutzer werden bei KI-Browsern nicht zu kurz kommen. Sie werden einfachere, weniger leistungsfähigere Varianten für kleinere Beträge abonnieren können. Oder sie bezahlen mit der wichtigsten Internet-Währung: ihren Daten. Das soll laut Reuters auch ein zentrales Motiv für den KI-Browser von OpenAI sein. Mit diesen Daten werden dann unter anderem die fortschrittlichsten Modelle für die teuren Abos trainiert.

Mehr Datenschutz?

Sowohl Gratis- als auch zahlende Premium-Kunden profitieren möglicherweise beim Datenschutz enorm von KI-Browsern. So könnten ihre Agenten Webseiten besuchen, ohne die IP-Adresse der Nutzerinnen und Nutzer zu verraten, beispielsweise indem sie den Umweg über einen Proxy-Server machen.

KI kann Webseiten in Echtzeit analysieren und verdächtige Tracker, Cookies oder Fingerprinting-Techniken erkennen und blockieren. Zusammenfassungen oder Vorschläge könnten (bei kostenpflichtigen Abos) auch lokal im Browser verarbeitet werden, ohne Daten auf Servern zu hinterlassen.

Google schlägt mit KI-Modus zurück

Das alles trifft Googles (Alphabets) Geschäftsmodell im Kern, und wenig überraschend möchte sich der Konzern die Butter nicht so einfach vom Brot nehmen lassen. Schließlich hat man eigene mächtige Modelle und immer noch die wahrscheinlich mächtigste kommerzielle Datenbank der Welt.

So hat CEO Sundar Pichai bei der Entwicklerkonferenz im Mai den neuen KI-Modus präsentiert. Dabei handelt es sich zwar nicht direkt um einen neuen KI-Browser - man kann den Modus direkt in der Google-App oder in Chrome aufrufen. Vorerst ist das aber nur auf Englisch und wenn man ein Google-Workspace-for-Education-Konto hat, möglich.

Für den Rest gibt es vorerst die "Übersicht mit KI". Sie zeigen über den Suchergebnissen Zusammenfassungen an, die schon jetzt etliche Besuche von Webseiten überflüssig machen. Außerdem hat die Einführung der Funktion zu der berechtigten Diskussion geführt, nach welchen Kriterien Quellen für die Zusammenfassung ausgesucht oder warum welche Produkte vorgeschlagen werden.

Recherchen auf Experten-Niveau

Googles kommender KI-Modus bietet nicht nur zahlreiche weitere Möglichkeiten, Bild-, Text- und Sprach-Suchen durchzuführen. "Deep Search" soll Recherchen "auf Experten-Niveau" durchführen, und der KI-Modus hat natürlich auch Agenten an Bord. Ein Beispiel ist die Suche und der Kauf eines möglichst günstigen Tickets für ein bestimmtes Sportereignis. Und wenn man unter Sportsfreunden klugscheißen möchte, liefert Google beispielsweise Diagramme, um die Chancen des unterstützten Teams darzustellen.

Beim Shopping kann man mit Google-Hilfe virtuell Kleider anprobieren und zum besten Preis bestellen. Wenn man in seiner Umgebung nach Zerstreuung sucht, macht die KI auf Basis vorangegangener Suchen und Webaktivitäten Vorschläge.

Es wird weiter gegoogelt, aber anders

Wer letztlich die besseren KI-Agenten haben wird, muss sich noch herausstellen. Man lehnt sich aber nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man sagt, es hat sich noch lange nicht ausgegoogelt. Man wird aber wahrscheinlich schon bald anders googeln als heute.

Und es wird viele Websites der Digital-Wirtschaft vor große Herausforderungen stellen. Google kann mit seinem Konzept weiter als Vermittler viel Geld verdienen, aber die Werbeeinnahmen und Verkäufe anderer Online-Unternehmen drohen (weiter) zu schrumpfen.

Google sieht das nicht so. Der Konzern sagte der BBC, schon die KI-Übersichten seien gut für das Web gewesen und beim KI-Modus werde dies nicht anders sein. Nutzer würden auf "eine größere Vielfalt von Websites" geleitet und der Traffic werde "qualitativ hochwertiger", weil die Menschen mehr Zeit auf den Links verbrächten, die sie anklicken.

Für Barry Adams, Gründer der SEO-Firma Polemic Digital, stellen KI-Browser dagegen sehr wohl eine große Gefahr für die Digital-Wirtschaft dar. Websites würden nicht aussterben, sagte er der BBC. "Dezimierung ist das richtige Wort."

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