Schräg? Polarisierend? Aufregend? Die Adjektiv-Wahl fällt bei "Death Stranding 2" schwer. Klar ist aber: Das Spiel, das aus der blühenden Fantasie des japanischen Videospieleentwicklers Hideo Kojima auf die Bildschirme übersetzt wurde, ist ein ganz besonderes - und voller bekannter Namen.

Fatih Akin spricht mit mir. Er bewegt sich abgehackt, in Stop-Motion-Manier, aber die Welt um ihn herum ist fotorealistisch animiert und bewegt sich flüssig. Als hätte er eine niedrigere Framerate als alles um ihn herum. Achja, und er ist eine Puppe. Gerade hat er mir erzählt, dass ich ihn in die Luft werfen kann, um durch seine Augen feindliche Außenposten aus der Vogelperspektive auszuspähen. Warum spielt Fatih Akin, der deutsch-türkische Regisseur, in einem amerikanischen Videospiel-Blockbuster aus der Feder des japanischen Entwicklers Hideo Kojima eine sprechende Puppe?

Ich weiß es auch nicht. Aber ich finde es fantastisch.

Diese zwei Sätze fassen gut zusammen, was der PS5-Exklusivtitel "Death Stranding 2" für Gefühle auslöst. Kojimas neues Werk ist schräg, unkonventionell, frisch - und genau deshalb unglaublich aufregend. Das klingt ja alles fantastisch, oder? Ja, dazu gehört aber auch: "Death Stranding 2" ist wie schon der Vorgänger ganz sicher nichts für jedermann.

Eine wunderschöne, traumähnliche Apokalypse

Die Geschichte von "Death Stranding 2" beginnt elf Monate nach dem Ende des, von vielen geliebten, von vielen gehassten, ersten Teiles. Protagonist Sam Bridges, der die Vereinigten Staaten in Teil 1 wieder vereint hat, lebt inzwischen in Mexiko, mit seinem Baby Lou.

Dann taucht seine ehemalige Verbündete Fragile auf, mit einem Plan im Gepäck: Er soll nun auch andere Teile der gespaltenen und voneinander abgeschotteten Welt, darunter Mexiko und Australien, über das chirale Netzwerk miteinander verbinden. Also macht sich Sam auf, durch das düstere, traumähnliche Ödland der Postapokalypse, voll verwitterter Naturkulissen, den schattenhaften Überbleibseln gestorbener Menschen und dem gespenstischen Zeitfall, einem Regen, der alles altern lässt, was er berührt.

Mads Mikellsen, im ersten Teil noch Antagonist, spielt in "Death Stranding 2" nicht mehr mit. Mit Norman Reedus, Léa Seydoux, Elle Fanning und Guillermo del Toro leihen dennoch eine Menge bekannter Namen den Charakteren des zweiten Teiles ihr Gesicht. Del Toro spricht allerdings, genau wie Fatih Akin, seinen Charakter nicht selbst ein.

Sams Reise greift auf das bekannte Spielkonzept des ersten Teils zurück. Wir liefern Materialien und Pakete durch die gefährlichen Ödländer der Postapokalypse. Das beinhaltet wieder viel Laufen und Fahren und Klettern, und erfordert durchaus Geduld vom Spieler. Entschleunigung ist ein Stilmittel, das auch "Death Stranding 2" nutzt.

Aussehen tut das Spiel fantastisch. Die Gesichter sind vor allem in den Zwischensequenzen toll animiert. Die gibt es wie im ersten Teil reichlich, und sie sind liebevoll inszeniert und mitreißend. Auch die Landschaften sind wunderschön und auch angenehm abwechslungsreich. Wir kraxeln über Berggipfel, waten durch reißende Flüsse und durchqueren Wälder. Alles wie gewohnt vollbepackt mit Rucksäcken voller wichtiger Lieferungen, die wir sicher und unbeschädigt ausliefern müssen.

Auch auf der Basisversion der PS5 läuft das flüssig und problemlos. Mindestens genauso großartig: Musik und Atmosphäre. Wie schon Teil 1 lebt auch die Fortsetzung von der extrem stimmungsvollen Präsentation.

Eine Story mit vielen Stärken

Rund 30 Stunden habe ich mit unserer Testversion von "Death Stranding 2" verbracht. Das hat zwar nicht gereicht, um die Story zu beenden und ein abschließendes Fazit zu geben. Ein klares Gefühl bleibt dennoch: Das ist eine verdammt eigenwillige, einzigartige und spannende Erzählung, voller seltsamer Figuren und interessanter Motive. Im Vergleich zum Vorgänger, wo Spieler teils verwirrt zurückgelassen wurden, wird die Handlung zumindest bisher nachvollziehbarer und klarer erzählt.

Das liegt auch am "Corpus", einer Art Ingame-Enzyklopädie, die man jederzeit abrufen kann. Dort wird die Story zusammengefasst und all die Eigennamen und Begrifflichkeiten der Welt von "Death Stranding" erklärt.

Was vielen den ersten Teil vermieste, war das Gameplay. Wegen der mangelnden Abwechslung und den seltenen und unspektakulären Kämpfen wurde der häufig abwertend als "Walking Simulator", also "Lauf-Simulator" bezeichnet. Dieses Feedback hat Kojima offensichtlich aufgenommen. Die Kurzfassung: "Death Stranding 2" ist eine gelungene Fortsetzung. Der zweite Teil arbeitet vor allem im Gameplay-Bereich an vielen der Schwächen seines Vorgängers und baut dessen Stärken aus. Aber: Ein komplett anderes Spiel ist das nicht. Wer sich beim ersten Teil zu Tode gelangweilt hat, wird auch bei "Death Stranding 2" wohl nicht vor Spannung vom Hocker fallen.

Wir dürfen nun in vielen der Missionen wählen, ob wir Feindgebiet durchqueren oder einen längeren, aber sichereren Umweg wählen. Wer sich für die Gegnerbasis entscheidet, kann die entweder schleichend durchqueren oder sofort das Feuer eröffnen. Beides macht Spaß, anspruchsvoll ist es aber auch auf dem zweithöchsten Schwierigkeitsgrad meistens nicht wirklich. Die Gegner stellen sich ziemlich dumm an, und Sam hält so viel aus, dass wir selten an die Schwelle des Todes kommen. Die Abwechslung tut dem Spiel dennoch gut.

Auch die Bosskämpfe sind toll inszeniert. Gigantische Gegner jagen uns über den Bildschirm, während wir Salve nach Salve in ihren Tentakeln, Roboterarmen oder Mäulern versenken. Das ist wirklich filmreif. Etwas mehr Anspruch würde aber auch hier guttun.

Pflichtkauf? Nur für manche!

"Death Stranding 2" ist Unterhaltung auf Blockbuster-Level mit einer wirklich originellen Geschichte. Es ist ein Spiel mit Seele. Wer dem eigenwilligen Konzept und der skurrilen Geschichte etwas abgewinnen kann, sollte auf jeden Fall zuschlagen. Denn zu lieben gibt es hier wirklich vieles.

Wer sich jedoch schon beim Lesen dieser Review gelangweilt hat und beim Zocken stetige Action erwartet, sollte Kojimas neues Werk eher hinten anstellen. Denn die Originalität kommt auch mit ihren Kehrseiten: Das streckenweise zähe Gameplay dürfte viele weiter langweilen, die Geschichte kommt zwar bodenständiger daher, ist aber weiterhin vor allem seltsam. "Death Stranding 2" ist verdammt gut - aber nicht für jeden.

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