Es klingt verlockend: Mit wenigen Worten teilt man dem KI-Service Natasha mit, für was man eine App benötigt – und die KI gestaltet und programmiert sie in Rekordzeit. Es sei "so einfach, wie eine Pizza zu bestellen", versprach das Londoner Start-up Builder.ai. Doch offenbar hat das Unternehmen dabei mehr als nur ein bisschen übertrieben.
Das fing schon beim Kernversprechen an: Obwohl die Firma Kunden versprach, mindestens 80 Prozent der Programmentwicklung von KI erledigen zu lassen, wurde offenbar nahezu alles händisch programmiert. Lediglich einige Vorentscheidungen wurden mit KI gefällt, die aber auch eher auf dem Stand des letzten Jahrtausends war. Die Hauptarbeit wurde an knapp 700 schlecht bezahlte Entwickler in Indien ausgelagert, berichtet die "Indian Times".

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Schlechte Bezahlung statt KI
Besonders gut funktionierte das offenbar nicht. Nachdem das "Wall Street Journal" bereits 2019 über erste Zweifel an der vermeintlichen Wunder-KI berichtete, meldeten sich in den sozialen Netzwerken zahlreiche ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens. Den Posts zufolge habe die Plattform zwar gute Verkaufszahlen gehabt, aber kaum ein Projekt wirklich beendet. Stattdessen sei die Verkaufsabteilung angetrieben worden, immer mehr Aufträge zu gewinnen. "Ich habe dort zwei Jahre gearbeitet und nie ein beendetes Projekt erlebt", berichtet ein Nutzer bei Reddit. "Nichts als wütende Kunden."
Dennoch schaffte es Builder.ai, sich als Erfolg zu verkaufen. Bis zu 445 Millionen Dollar Investitionen sammelte das Start-up ein, darunter von der Bank von Katar und von Microsoft. Der Wert der Firma wurde zeitweise auf 1,5 Milliarden Dollar geschätzt.
Getunte Zahlen
Davon ist nicht mehr viel geblieben: Als im Mai der Geldgeber Viola Credit 37 Millionen Dollar seines Kredites zurückholte, blieben der Firma nur noch fünf Millionen Dollar an Barreserven. Gleichzeitig schuldet sie alleine Amazon und Microsoft für nicht gezahlte Cloud-Rechnungen etwa 115 Millionen Dollar. Builder.ai musste Insolvenz anmelden. Dabei kam dann das wahre Ausmaß des Betrugs zum Vorschein.
Den Erkenntnissen der Behörden zufolge hatte Business.ai offenbar auch seine Finanzen deutlich frisiert. Mehr als 220 Millionen Dollar Jahresumsatz soll Sachin Dev Duggal nach Erkenntnissen der "Times of India" den Investoren versprochen haben, es waren offenbar nur knapp 50 Millionen.
Und selbst die scheinen langsam fraglich: Nach Informationen von "Bloomberg" sollen Builder.ai und das indische Start-up VerSe Innovation über Jahre immer wieder nahezu gleich hohe Rechnungen aneinander gestellt haben. Die als Round-Tripping bezeichnete Praxis wird genutzt, um die eigenen Verkaufszahlen künstlich aufzublasen. VerSE bestreitet das allerdings.

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Aufgeflogen
Dass die Masche am Ende aufflog, hat die Firma wohl selbst zu verantworten. Gründer Duggal hatte mit Menpreet Ratia im Februar einen neuen Geschäftsführer an Bord geholt, der dann auf das Ausmaß der finanziellen Falschdarstellungen aufmerksam wurde. Mittlerweile wurden von Behörden in New York Ermittlungen gegen das Unternehmen eingeleitet.
Die Insolvenz des Hype-Start-ups ist der bisher größte Kollaps, seitdem das Erscheinen von ChatGPT im Herbst 2022 den aktuellen KI-Boom auslöste. Ähnlich wie zu Anfang des Jahrtausends, als die Dotcom-Bubble explodierte, versuchen unzählige Firmen, den Hype um KI zu nutzen, um ihr Geschäft anzukurbeln. Dabei wird nicht nur das KI-Label an alle möglichen Produkte gepappt, die eigentlich nicht davon profitieren, sondern auch vermehrt Angebote als KI vermarktet, hinter denen eigentlich klassische Software-Lösungen stecken.
Quellen: Times of India, Bloomberg, Wall Street Journal, Binance
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