Man ist besorgt angesichts der Klimakrise, schaut mit schlechtem Gewissen eine trashige Reality-Show oder fürchtet sich vor Spinnen. Menschen haben ein breites Gefühlsspektrum und diese Gefühle haben eine lange evolutionäre Vorgeschichte.
Die Angst vor Schlangen ergibt Sinn, die Angst vor Social Media, Alkohol, Fett oder Zucker gibt es kaum, obwohl sie heute vermutlich angebrachter wäre.
Selbstwirksamkeit statt Ohnmacht
Gefühle sind immer ein Moment des Kontrollverlustes: Man wird von etwas überwältigt. Und das zeichnet Gefühle auch aus, sagt der Philosoph Dominik Perler. Aber Gefühle seien nie nur etwas Passives. Sie würden nicht einfach so vom Himmel fallen, sondern häufig gezielt ausgelöst und von anderen gesteuert.
Und genau hier könne man ansetzen und sich fragen: Wodurch wird diese Angst vor der Zukunft ausgelöst? Welche Informationen lösen sie aus? Und welche Informationen fehlen mir, um diese Angst einzudämmen? Ziel sei nicht, Emotionen zu verdrängen, sondern passive in aktive zu überführen.
Was ist ein Gefühl?
Gefühle haben typische Merkmale. Dazu gehört der körperliche Ausdruck. Der US-amerikanische Psychologe Paul Ekman identifizierte die sieben Basis-Emotionen Freude, Trauer, Überraschung, Angst, Wut, Ekel, Verachtung und sagte, sie seien universell und würden in allen Kulturen der Welt ähnlich ausgedrückt und erkannt.
Gefühle wie Angst, Freude oder Trauer lösen physiologische Reaktionen im Körper aus. Angst kann den Herzschlag beschleunigen, den Blutdruck erhöhen und die Schweissproduktion steigern. Und Gefühle beziehen sich immer auf etwas: auf eine geliebte Person oder ein gefährliches Tier.
Gefühle im steten Wandel
Perler argumentiert, dass die theoretischen Rahmenbedingungen zur Erklärung von Gefühlen sich im Laufe der Jahrhunderte erheblich verändert haben. Während einige Philosophen Gefühle als rein körperliche Phänomene betrachteten, sahen andere sie als komplexe Wechselwirkungen zwischen Körper und Geist.
Die James-Lange-Theorie der Emotionen (1884/85) besagt, dass Emotionen als Folge körperlicher Reaktionen auf äussere Reize entstehen. Das bedeutet, dass wir zuerst eine körperliche Reaktion auf einen Reiz erleben und diese körperliche Reaktion dann als Emotion interpretieren. Diese Theorie stellte die traditionelle Ansicht auf den Kopf, dass Emotionen zuerst auftreten und dann körperliche Reaktionen folgen.
Heute, so Perler, würde der kognitive Gehalt von Emotionen wieder mehr in den Vordergrund gerückt, basierend auf früheren Erfahrungen, Erinnerungen und dem aktuellen Kontext.
Echte Liebe zu KI-Avatar?
Es gibt Menschen, die gar eine Liebesbeziehung mit einem KI-Avatar auf ihrem Mobiltelefon führen. Perler beobachtet diese Gefühle mit Sorge. KI-Avatare seien zwar darauf programmiert, menschliche Emotionen zu erkennen und darauf zu reagieren. Ihre Antworten basierten aber bloss auf Algorithmen und Daten, die sie empathisch wirken liessen.
Auch hier lohne es sich, sich selbst zu beobachten: Warum betrachtet man eine solche Liebesbeziehung als «perfekt»? Könnte man nicht andere Ideale anstreben, entfernt von sozial gelenkten Erwartungen anderer? Der KI-Avatar verringere nur vermeintlich Einsamkeit.
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