Brigitte Macron ist keine Frau, die gern im Rampenlicht steht. Sie tut es für ihn. Die Szene einer Ehe auf dem Flughafen von Hanoi, die eine Kamera eher zufällig eingefangen hat, ist ein weiterer Beleg dafür, dass es kein Privileg ist, wenn die sozialen Medien und das strenge Auge der Weltöffentlichkeit immer auf einen gerichtet sind. Sie richten nicht nur den Präsidenten, sondern auch seine Première Dame.

Die wenige Sekunden lange Aufnahme zeigt, wie Madame Macron das Gesicht ihres Ehemanns mit beiden Händen zurückdrückt, kaum hatte der Steward die Flugzeugtür aufgeriegelt. Sie ging um die Welt. Der Elysée-Palast behauptete erst, es handele sich um ein Deepfake, dann ruderte er zurück. Emmanuel Macron, auf die Bilder angesprochen, sprach von einer Neckerei. Es war vermutlich etwas mehr als das, denn beim Hinabsteigen der Flugzeugtreppe verweigerte sie seinen Arm und hakte sich demonstrativ nicht unter. Frankreichs Première Dame hat damit einen medialen Sturm ausgelöst, der zum geopolitischen Drama aufgeblasen wurde.

Gerecht ist das nicht. In den acht Jahren von Macrons Amtszeit hat sich Brigitte Macron keinen einzigen Fauxpas geleistet. Kein falsches Wort, kein falscher Ton, niemals hat sie sich danebenbenommen oder ist sie ihrem Mann in den Rücken gefallen. Ihr Auftreten ist immer makellos, das blonde Haar sitzt. Durch ihre Vorliebe für die kantigen, oft militärisch inspirierten Entwürfe des Designers Nicolas Ghesquière verkörpert sie französische Eleganz und ist zur inoffiziellen Markenbotschafterin von Louis Vuitton geworden, ihrem Lieblingslabel. Manche mögen ihre Kleider zu kurz, die Absätze ihrer Pumps zu hoch gefunden haben, oder ihr, im Gegenteil, „such a great shape“ bescheinigt zu haben, wie US-Präsident Donald Trump bei ihrer ersten Begegnung. Brigitte Macron lächelt selbst die vulgäre Art des Amerikaners weg.

Zu schön, um wahr zu sein

Sie hat Schlimmeres durchgestanden. Den Unfalltod ihrer Schwester Maryvonne Trogneux, der ihre Kindheit verdunkelt hat. Brigitte war acht, als die schwangere Schwester mit ihrem Mann bei einem Autounfall ums Leben kam. Dann das Gerede in der nordfranzösischen Kleinstadt Amiens, als sie sich die Mutter von drei Kindern in diesen energiegeladenen, brillanten Schüler der Theater-AG verliebte, die sie leitete. Er war im Alter einer ihrer Töchter.

„Nach und nach hat er mit einer unglaublichen Geduld meinen Widerstand zunichtegemacht“, wie sie diese ungewöhnliche Liebe später in einem Interview erklärt. Die Familien versuchen die beiden auseinanderzubringen, schicken den Teenager Macron auf ein Gymnasium in Paris. Aber es hilft alles nichts. Ihre Liebe ist stärker als jeder Tratsch. 2007 heiraten sie, er ist inzwischen 29, sie 54. Brigittes sieben Enkel betrachtet der Präsident als die eigenen Kinder.

Dass Brigitte sich zu einer der faszinierendsten First Ladies Frankreichs entwickelt hat, hängt nicht nur mit dieser romanesken Geschichte zusammen. Die ehemalige Französischlehrerin, die zwei Jahre vor Amtsantritt Macrons in Rente ging, ist gebildet, geistreich, witzig, charmant. Man kann die Seelenverwandtschaft mit Macron erahnen. Sie ist sein Spin-Doktor, seine Beraterin, sein Beistand. Sie hat Einfluss auf die Auswahl der Minister und sie ist es, die Ex-Lehrerin, die dafür sorgt, dass die Schulen beim dritten Lockdown im Frühjahr 2021 geöffnet blieben. Wie ihre Vorgängerinnen setzt sie sich für wohltätige Zwecke ein, sammelt mit der Aktion „Pièces Jaunes“ Jahr für Jahr Millionenbeträge und hat mit LIVE eine eigene Stiftung gegründet, die aus dem Bildungssystem gerutschten Menschen den Wiedereinstieg ermöglicht. Regelmäßig unterrichtet sie dort Erwachsene.

Sie hat als Première Dame einen Vollzeitjob. Auch deswegen sei sie gegen eine zweite Amtszeit gewesen. Mit 72 Jahren weiß sie, dass die Zeit nicht unendlich ist. Sie hätte das Leben gern ohne Kameras genossen und mit einem Mann an ihrer Seite, der nicht 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche den Kopf woanders hat

Einen Einblick in die Intimität des Paares hat die Schriftstellerin Gaël Tchakaloff in ihrem Buch „Tant qu’on est tous les deux“ (Solange wir zu zweit sind) 2021 gewährt: Das Bild, das sie von den Macrons zeichnet, ist zu schön, um wahr zu sein: Er „verschlingt sie mit den Augen“, keiner könne ohne den anderen. Spätestens seit Heinrich von Kleist aber wissen wir, dass wenn Leidenschaft im Spiel ist, die Liebe auch in Gewalt umkippen kann. „Küsse, Bisse - das reimt sich“, schrieb er. Und wer liebt, der kann das eine schon mal mit dem anderen verwechseln.

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