Beim Eurovision Song Contest fiebern viele Länder mit ihren Kandidaten mit. Ihre Stimme müssen sie aber einem anderen Beitrag geben. Eine Auswertung zeigt, wem die Sympathie des Publikums zufliegt - und wo der "Baller"-Techno aus Deutschland eine große Fangemeinde hat.
Schrill und bunt, manchmal auch skurril bis provokant oder sogar skandalös - so kennt man den Eurovision Song Contest (ESC). Seit 1956 findet der Musikwettbewerb fast jedes Jahr statt und hat sich zu einer popkulturellen Institution mit internationaler Strahlkraft entwickelt.
Weniger als ein Dutzend Länder waren an den Erstauflagen des ESC in den 1950ern beteiligt. Inzwischen entsenden oft um die 40 Nationen ihre Künstlerinnen und Künstler an den Austragungsort, um in mehreren Runden gegeneinander anzutreten. Am Ende entscheidet eine Mischung aus Jury-Urteil und Publikumsvoting, wer den Songcontest gewonnen hat.
In diesem Jahr heißt der Sieger Österreich. Im großen Finale, das am Samstag im schweizerischen Basel ausgetragen wurde, sammelt der Song "Wasted Love" von JJ die meisten Stimmen ein.
Mit seinem Techno-Operngesang hebt sich der Countertenor deutlich von den anderen 25 Finalisten ab und holt den Titel zum dritten Mal in der ESC-Geschichte nach Österreich. Zuletzt war dies der Dragqueen Conchita Wurst mit "Rise like a Phoenix" im Jahr 2014 gelungen.
Dabei erhält der diesjährige Beitrag aus Österreich aus keinem einzigen Land die volle Punktzahl. Jury und Publikum können jeweils bis zu 12 Punkte vergeben, zusammen also höchstens 24. Letztendlich machen aber vor allem die Fachjurys von der Bestwertung Gebrauch, darunter auch das deutsche Gremium, während die Zuschauerinnen und Zuschauer andere Performances bevorzugen. Mit insgesamt 258 Jury-Punkten und 178 Punkten aus den Zuschauervotings kann sich der ESC-Gewinner trotzdem über ein vergleichsweise ausgewogenes Gesamtergebnis freuen.
Vom zweitplatzierten Israel lässt sich das nicht behaupten. Hier klaffen die Ergebnisse wie auch schon im Vorjahr sehr weit auseinander. Der Song "New Day Will Rise" der Sängerin Yuval Raphael sammelt zwar die meisten Punkte im Zuschauervoting ein (297 Punkte).
Vor allem in den westeuropäischen Ländern - unter anderem in Deutschland, Frankreich, Spanien, der Schweiz, Belgien und Großbritannien - steht Israel ganz oben in der Gunst des Publikums. Die Juroren vergeben insgesamt jedoch nur 60 Punkte. Unterm Strich steht eine Diskrepanz von satten 237 Punkten. Lediglich in Aserbaidschan sind sich Jury und Publikum einig und geben dem ESC-Favoriten Israel die jeweils vollen 12 Punkte.
Dass Publikums- und Jurygeschmack zum Teil sehr weit auseinanderliegen, ist ein bekanntes ESC-Phänomen und gerade für Israel keine neue Erfahrung. Schon 2024 hatte sich der Song "Hurricane" von Eden Golan an die Spitze der ESC-Beiträge gesetzt, deren Jury- und Publikumsurteil extrem weit auseinanderklaffen.
Auch das diesjährige Gastgeberland Schweiz muss am Samstag ein vielsagendes Ergebnis einstecken - mit umgekehrten Vorzeichen. Denn während die Fachjurys der Länder an dem Song "Voyage" von Zoë Më offenbar durchaus Gefallen finden, vergibt das Publikum keinen einzigen Punkt für diesen Beitrag.
Trotzdem reichen die 214 Jurypunkte immerhin noch für den 10. Platz. Auch der Sieg aus dem vergangenen Jahr dürfte den Schweizerinnen und Schweizern ein Trost gewesen sein: Das Land hatte den ESC 2024 mit dem Titel "The Code" von Nemo gewonnen - und durfte den Wettbewerb deshalb in diesem Jahr ausrichten und automatisch am Finale teilnehmen.
Eingängige Gute-Laune-Hits kommen gut an
Eines der erfolgreichsten Teilnehmerländer aller Zeiten ist Schweden mit insgesamt sieben ESC-Siegen. Auch in diesem Jahr galt die Band KAJ als Anwärter auf den Siegertitel, muss sich aber letztlich mit dem vierten Platz zufriedengeben. Dabei hatte der Song "Bara bada bastu" (zu Deutsch: "einfach in die Sauna gehen") alle Elemente eines wahren ESC-Hits: Eine eingängige Melodie zum Mitsingen, eine Prise Folk, eine simple Message und Humor. Sowohl in Schweden als auch Finnland schaffte es die Band damit auf Platz eins in den Charts.
Im ESC-Finale werden die Skandinavier dann aber doch vom noch quatschigeren Tommy Cash aus Estland ausgestochen. Der singt mit platten Haaren, überlanger Krawatte und auffälligem Schnauzer in wenigen Zeilen von seiner Liebe zu "Espresso Macchiato". Der Disco-Hit fällt zwar in der Jury durch, räumt beim Publikum aber so richtig ab. Mit insgesamt 356 Punkten landet Estland ganz dicht hinter Israel.
Fans aus dem Nachbarland retten den deutschen Beitrag
Deutschland kann da - wieder mal - nicht mithalten. Das Techno-Cello-Duo Abor & Tynna - beide kommen ursprünglich aus Wien - haut zwar mit "Baller" ebenfalls einen eingängigen Partykracher raus. Am ESC-Geschmack scheint das Stück dennoch vorbeizugehen.
Wie so oft gibt es natürlich Ausnahmen von der Regel: Im Nachbarland Österreich etwa bekommt "Baller" im Zuschauervoting eine Bestplatzierung, dafür aber keinen einzigen Punkt der Jury. In der Ukraine und in Tschechien wiederum vergeben die Juroren eine Höchstpunktzahl an Deutschland.
Insgesamt liegen Zuschauervoting und Jury-Urteil mit 74 und 77 Punkten zwar sehr nah beieinander. Insgesamt reicht es aber nur für Platz 15 - ein mittelmäßiges Ergebnis, selbst für deutsche Verhältnisse.
Deutschland zählt mit insgesamt 69 Teilnahmen quasi zur Stammbelegschaft auf dem ESC, war in all den Jahren aber selten erfolgreich. Nur zwei Sängerinnen aus Deutschland haben den Songcontest gewonnen: Nicole im Jahr 1982 und Lena beim ESC in Oslo vor 15 Jahren. Dem gegenüber stehen zahlreiche Misserfolge: Neun Mal landeten die deutschen Beiträge auf dem letzten Platz. In den letzten 25 Jahren waren sie zehn Mal unter den letzten fünf.
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