Wenn jetzt wieder viele Menschen „Sylvester“ schreiben und sich Rechtschreibwächter über diese Barbarei erregen, dann hat zu diesem Konfliktstoff wohl kaum jemand mehr beigetragen als eine der berühmtesten Katzen des 20. Jahrhunderts: der Kater Sylvester, der in den Zeichentrickfilmklassikern der „Looney Tunes“ ewig erfolglos versucht, das kleine naive Kanarienvögelchen Tweety zu fangen. Beim Verkauf des Filmstudios Warner Brothers, für das Netflix und Paramount sich gerade eine Bieterschlacht liefern, geht es, neben vielen anderen Dingen, auch um die Rechte an diesen Figuren.

Der 31. Dezember ist der Tag des heiligen Papstes Silvester aus dem dritten Jahrhundert, den wir Deutschen wie die Italiener, Spanier und Römer mit „i“ schreiben. Die Engländer haben das „y“ von ihrem ehemaligen Kolonialherren übernommen, den Franzosen, die ja immer etwas Apartes haben müssen, auch orthografisch. Bei ihnen heißt das Fest aber nicht „Sylvester“, sondern „New Year’s Eve“. Die wenigen Belege für Sylvester als Fest, die das Oxford English Dictionary nennt, beziehen sich alle auf deutsche Verhältnisse.

Der Name Silvester bedeutet „der Waldmann“, vielleicht wurde er dieser sehr legendenhaften Figur erst nachträglich angepappt, weil der Gottesmann sich vor den Christenverfolgungen des Kaisers Diokletian und der in Rom grassierenden Lepra in einer Höhle versteckt haben soll. Der Wald hat auch Sylvester seinen Namen beschert. Eine Theorie für seinen Namen ist, dass er auf den zoologischen Artnamen „silvestris“ der europäischen Wildkatze zurückgeht: Felis silvestris catus. Warum Tweety Tweety heißt, muss man keinem User des Mediums erklären, auf dem man immer noch Tweets absetzt, obwohl es mittlerweile X heißt.

Mit den „Tweety und Sylvester“-Filmen wurden Generationen junger Menschen geprägt, seitdem sie in den frühen 1970er-Jahren in der ZDF-Sendung „Schweinchen Dick“ liefen. Der kindliche Sprachfehler Tweetys ließ sich dabei nur begrenzt eindeutschen. Im Original kann der Vogel kein „s“ und kein „th“ aussprechen. In den Neunzigerjahren bekamen „Sylvester und Tweety“ dann sogar eine eigene, nach ihnen benannte Fernsehserie.

Zum Zeitpunkt der ersten deutschen Fernsehausstrahlung waren die ewigen Kontrahenten schon drei Jahrzehnte im Filmgeschäft. Tweety gab sein Debüt 1942. Damals wurde er noch von zwei anderen Katzen gejagt. Sylvester trat erstmals 1945 auf. Auch er jagte zunächst einen ganz anderen Vogel. Nachdem Warner sie zum antagonistischen Duo gepaart hatte, gewannen sie zweimal den Oscar für den besten Zeichentrickkurzfilm: 1948 für „Sylvester zieht den Kürzeren“ (das tat er ja eigentlich immer) und 1958 für „Anonyme Vogelfresser“.

Der letztgenannte Film hat heute, im Zeitalter totaler Therapiegläubigkeit, eine ungeahnte Aktualität. Er handelt davon, wie Sylvester in einer Selbsthilfegruppe versucht, sich seine toxische Katerhaftigkeit wegzutherapieren. Es gelingt ihm nicht, und am Ende bricht auch bei der Katze, die ihn zu „Bird Anonymous“ eingeladen hat, der böse Trieb wieder durch. Die Katze lässt das Mausen nicht, heißt das entsprechende deutsche Sprichwort, und wir verkneifen uns jetzt alle Wortspiele mit Vögeln.

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