Das starbesetzte Auswanderer-Epos von 2019 mit Jonas Nay und Aylin Tezel erzählt die Geschichte eines jungen schwäbischen Fleischers, der nach dem Ersten Weltkrieg im Wilden Westen sein Glück sucht. Das Erste wiederholt die zweiteilige Romanverfilmung im Nachtprogramm – und in der Mediathek.

Bereits 2003 erschien in den USA der Roman "The Master Butchers Singing Club" von Louise Erdrich. Die Autorin, deren interessantes Familienerbe halb indigen und halb deutsch ist, erzählt die Geschichte ihres Ahnen Fidelis Waldvogel, der nach dem Ersten Weltkrieg aus dem Schwäbischen in die USA auswanderte. Ein klassischer Wirtschaftsflüchtling, würde man heute sagen. Daheim gab es schon mehr als genug Metzger, also wurde der Sohnemann, gespielt von Jonas Nay, mit einem Satz Messer plus dem Koffer voller Würste (zur Eigenwerbung) in die USA geschickt. Als das Geschäft des herzensguten Schwaben, der sich mit dem Englischen lange schwertut, gut läuft, holt er seine Frau Eva (Leonie Benesch) und deren Baby nach, das von seinem im Schützengraben gefallenen Freund stammt. Fidelis hatte ihm zu dessen letzten Atemzügen geschworen, sich um Eva und ihr Kind zu kümmern.

Während sich die Waldvogels in der fremden Welt aus Wüste, einem schnell aus Brettern zusammengezimmerten Städtchen und vielen seltsamen Menschen im Wilden Westen zurechtzufinden versuchen, erzählen sowohl Roman als auch der Film von Altmeister Uli Edel ("Der Baader Meinhof Komplex") parallel von zwei weiteren Protagonisten: Die Hamburger Zirkusartistin Delphine (Aylin Tezel) und ihr Vater, der saufende Clown Robert (Sylvester Groth), hat es ebenfalls nach Amerika verschlagen.

Als Delphine den gutaussehenden Indigenen Cyprian (Vladimir Korneev) kennenlernt, werden sie nicht nur Partner auf der Zirkusbühne, sondern entwickeln auch eine private Beziehung. Irgendwann finden die beiden Geschichten zusammen. Ein dreistündiges Filmepos mit viel tragischem Leben, aber durchaus magischen Momenten nimmt seinen Lauf. Der Zweiteiler ist ab 18. Dezember in der ARD Mediathek verfügbar. Auch linear im Nachtprogramm laufen die 180 Minuten am Stück.

Deutsche als steife Fremdlinge in einer Welt der "Artenvielfalt"

"Der Club der singenden Metzger" spielt in einem interessanten Setting: Es zeigt Deutsche als arme ausgewanderte Würste unter Cowboys und Indigenen. Kann das funktionieren? Dank überzeugender schauspielerischer Leistungen des gesamten Ensembles und der schönen Kamera von Hannes Hubach ("Der Palast") nimmt man dem Film seine reichlich melodramatische Geschichte irgendwie ab. Eingestreute Erzählmomente mit magischem Realismus dürften den ein oder anderen Zuschauer stören, ebenso wie die Tatsache, dass einige Handlungsstränge in eine andere Richtung laufen, als es der klassische Kitschfilm – in diese Kategorie darf man "Der Club der singenden Metzger" durchaus sortieren – normalerweise vorsieht.

Wegen des spannenden Western-Perspektivwechsels – Deutsche als steife Fremdlinge in einer Welt der "Artenvielfalt" – ist der Film durchaus interessant. Wie sich jene fühlen, die alles zurücklassen müssen, um in einer unbekannten Welt neu anzufangen, daran kann man nicht oft genug erinnern.

Der Club der singenden Metzger – Fr. 19.12. – ARD: 00.05 Uhr

TELESCHAU

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