Nachdem sie in Zürich und München Galerien betrieben hatte, in denen Künstler wie Christo, Sol LeWitt und Cy Twombly ausstellten, wollte Ingvild Goetz mit großartiger Kunst vor allem leben. Also wurde sie von der innovativen Galeristin zur bedeutenden Sammlerin und ließ sich ein eigenes Museum bauen – direkt in ihren Münchener Vorgarten.

WELT: Erinnern Sie sich an Ihre erste Galerieausstellung?

Ingvild Goetz: Es war in Zürich im Jahr 1972 – ein Happening von Wolf Vostell mit dem Titel „Snow“. Ich hatte eine Genehmigung bekommen, eine temporäre Skulptur auf dem teuersten Platz der Stadt, dem Paradeplatz, aufzustellen. Wir kauften Zeitungen und stapelten sie auf sechs Quadratmetern zwanzig Zentimeter hoch – das spiegelte die Börsengewinne wider, die der Schweizer Waffenhersteller Bührle an einem einzigen Tag gemacht hatte.

WELT: Der Sammler, der auch das „Dritte Reich“ belieferte?

Goetz: Damals lieferte er illegal Waffen nach Angola, wo ein schrecklicher Krieg tobte. Das hat uns damals sehr beschäftigt. Also stellten wir die Zeitungsstapel auf. Trotz Genehmigung kam sofort die Polizei und zwang uns, den „Müll“, wie sie es nannte, zurück nach Deutschland zu fahren. Eigentlich wollten wir die Zeitungen nach zwei Tagen in den mondänen Skiort Davos bringen, wo der Schnee sie bedecken und buchstäblich unsichtbar machen sollte – wie den schrecklichen Krieg in Angola. Dieses sehr deutliche Happening endete schließlich im Garten unserer Freundin, der Künstlerin Ulrike Ottinger in Konstanz. Natürlich hatte es dort all seine Schärfe verloren.

WELT: Waren Ihre Eltern kunstinteressiert?

Goetz: Nicht wirklich. Mein Vater war dagegen, dass ich beruflich etwas mit Kunst zu tun hatte.

WELT: Ihr Vater war Werner Otto, der schon bald zu einem Titanen des deutschen Wirtschaftswunders aufsteigen würde. Wie sind Sie aufgewachsen?

Goetz: Ich wurde 1941 im polnischen Chełmno geboren, das die Nazis zwei Jahre zuvor besetzt hatten. Aber meine Familie stammte nicht von dort – mein Vater war im Widerstand und wurde mehrmals festgenommen. Am Ende des Kriegs wurden wir in Bad Segeberg bei einer Familie zwangseinquartiert. Nach dem Krieg begann mein Vater aus Holzbrettchen Sandalen mit Lederriemen zu machen, die wir „Klappersandalen“ nannten. Als dann die ersten Schuhfabriken aufmachten, vertrieb er diese Schuhe, indem er Fotos von ihnen machte und mit diesen von Tür zu Tür ging.  Die ersten 30 Pakete lieferte er mit einer Schubkarre aus, wir Kinder liefen barfuß daneben, sehr stolz. So entstand das Versandgeschäft der Familie Otto.

WELT: War das Geschäft schon erfolgreich, als Sie zur Schule gingen?

Goetz: Nein, es wuchs sehr langsam. Als wir in Bad Segeberg ankamen, waren wir arme Flüchtlinge. Aber meine Mutter gewann einmal groß bei einer Toto-Wette – davon konnten wir uns ein kleines Haus leisten.

WELT: Nicht reich geboren zu sein, hat Ihnen später, als Sie von großem Wohlstand umgeben waren, sicher geholfen.

Goetz: Als ich vier Jahre alt war, bin ich jeden Tag heimlich zu den britischen Besatzungstruppen gegangen und habe um Essen gebeten. Ich schlich in ihre Küche, und sie legten mir etwas in die Schürze. Eine harte Zeit, aber sie hat mich erfinderisch gemacht. Im Internat, als ich 15 war und mein Vater schon wohlhabend, hatte ich immer noch am wenigsten Taschengeld von allen. 

WELT: Was wollten Sie werden?

Goetz: Ich wollte eigentlich auf die Kunstakademie, aber meine Eltern hätten mich niemals an so einen „Sündenpfuhl“ gelassen. Mein Vater hielt das Künstlersein nicht für einen richtigen Beruf.

WELT: Sie waren eine große Reisende. Wie hat das begonnen?

Goetz: Ich hatte als Kind nie Heimweh – nur Fernweh. Wenn nachts der Zug vorbeiratterte, lag ich im Bett und stellte mir vor, dass ich in ein fernes Land reise. Als ich etwa 18 war, freundete ich mich mit einer Frau an, die bei meinem Vater arbeitete. Sie war acht Jahre älter als ich, aber hatte dasselbe Fernweh – nach Orten, an denen die Menschen noch unberührt von der Moderne lebten. Mein Vater sagte: „Warum geht ihr zwei nicht einfach los?“ Damals hatte er eine Farm in Chile, die später enteignet wurde. Aber als wir 1962 dort ankamen, dachten wir: Warum gehen wir nicht in den Dschungel? Also haben wir zehn Nächte in einer Missionsstation am Amazonas verbracht. Dort begannen die wirklichen Abenteuer.

WELT: Wie haben die Missionare auf Sie reagiert?

Goetz: Es waren lateinamerikanische Nonnen, einige deutsche. Sie wollten uns zuerst gar nicht aufnehmen, weil ich evangelisch war – und unsere Röcke so kurz. Die Kinder in der Station waren von den Nonnen aus ihren indigenen Familien regelrecht entführt worden. Das alles im Namen Gottes.

WELT: Ihnen war damals schon klar, dass das problematisch war?

Goetz: Ich war schockiert. Und wir fühlten uns eindeutig wohler bei den Mönchen, die uns in einem Boot mit in kleine Dörfer nahmen. Einer von ihnen brachte uns auch in die Berge, wo man gerade einen neuen Stamm entdeckt hatte – das war alles unglaublich aufregend. So etwas erlebten wir 1964 auch in Papua-Neuguinea.

WELT: Wie war das?

Goetz: Wir hatten den Film „Mondo Cane“ gesehen, in dem ein Stamm in Papua-Neuguinea ein Flugzeug am Himmel sieht und glaubt, es sei ein Gott. Sie bauten dann eine Nachbildung, in der Hoffnung, dass er zu ihnen herabsteigt. Wir mussten einfach dorthin – wir waren jung und furchtlos. Mein Vater verstand das, er hatte selbst von solchen Reisen geträumt, als er jung war. 1965 begannen wir unsere Reise in Südafrika. Die Apartheid war ein Schock. Jemand, den wir im schwarzen Teil eines Busses trafen, erzählte uns, dass Schwarze nicht einmal in die Kirche dürften. Da wollte ich wissen, was das für Priester sind, die an so einem Ort bleiben. Als wir einen von ihnen fragten, sagte er: „Wir sind hier für die Menschen, nicht für Tiere.“ Nach dieser Begegnung trat ich aus der Kirche aus.

WELT: Wie viele solcher Reisen haben Sie unternommen?

Goetz: Etwa acht, jeweils zwei Monate lang. Aber eines Tages hatte ich einen Freund, der auch mitkommen wollte. Da dachte ich: „Nein, lieber nicht.“ 

WELT: Wie begann Ihr Kunst-Geschäft?

Goetz: Das muss 1963 oder 1964 gewesen sein, ich war 23. Jedenfalls war mir egal, was mein Vater sagte, und ich gründete einen Grafikverlag. Da er nichts davon hielt, bekam ich natürlich keine Unterstützung. Also fragte ich die Drucker, die die Otto-Kataloge druckten, ob sie mir heimlich ein kleines Heftchen gratis machen könnten. In Konstanz gründete ich dann „Art in Progress“ als Grafikversand und verkaufte limitierte Grafiken. Die gingen weg wie warme Semmeln.

WELT: Wie lernten Sie die Künstler kennen?

Goetz: Ich kannte einige, etwa Peter Nagel, Werner Nöfer – und bald auch Wolf Vostell und Dieter Roth. In Hamburg war ich auf den Akademiepartys, und dort lernte ich viele Künstler kennen. 1971 wollte ich eine Galerie in Zürich eröffnen und hatte das Gefühl, ich müsse in die USA reisen, um gute Künstler zu bekommen. Zufällig lernte ich den bekannten Kurator Harald Szeemann kennen, der an der Documenta arbeitete – wir saßen im selben Flugzeug nach New York! Als er wissen wollte, wen ich dort treffen möchte, sagte ich, ich hätte mir Namen aus Kunstzeitschriften notiert. Er fragte: „Und wie wollen Sie die erreichen?“ Ich antwortete: „Ich schlag im Telefonbuch nach.“ Er lachte sich halb tot und gab mir ein paar Adressen – etwa von Brice Marden und Robert Ryman.

WELT: Wie lange blieben Sie dort?

Goetz: Vier Wochen. Die Angestellten meines Hotels machten sich ständig Sorgen, weil ich in die Bowery und nach SoHo ging, was damals völlig heruntergekommen war. Am schlimmsten war Alphabet City – aber dort lebten die meisten Künstler. Manche Taxifahrer weigerten sich, mich in bestimmte Straßen zu fahren. Sie sagten: „Entweder wir drehen um, oder Sie laufen.“ Dann ging ich eben allein los und klopfte zum Beispiel bei Sol LeWitt an. Als ich zu Duane Hanson kam, standen überall Leute herum. Ich dachte, das sei wohl eine Party, und suchte ihn. Zehn Minuten später kam er kichernd aus dem Hinterzimmer – ich war auf ihn hereingefallen.

WELT: Es war keine Party.

Goetz: Nein, das waren alles seine fotorealistischen Skulpturen. Wir verstanden uns sofort – die Künstler waren alle sehr liebenswürdig. Während dieses ersten Aufenthalts in New York traf ich auch Szeemann immer wieder. Als ich ihm sagte, dass ich Robert Rymans Weiß-auf-Weiß-Bilder furchtbar fände, sagte er: „Du schaust einfach nicht richtig. Wenn du Kunst wirklich verstehen willst, musst du genau hinsehen. Geh morgen noch einmal hin – du wirst sehen, jedes Bild ist anders.“ Und tatsächlich: Ich erkannte plötzlich die unterschiedlichen Pinselstriche.

WELT: Wie haben Sie die Künstler überzeugt, bei Ihnen auszustellen?

Goetz: Sie fanden es bewundernswert, dass ich zu ihnen kam – das half sehr. Aber die deutschen Galeristen gerieten in Panik: „Wer ist diese Frau, die solche Dinge kauft, ohne überhaupt eine Galerie zu haben?!“  Aber Szeemann unterstützte mich sehr. Er versprach, Arbeiten von mir für die Documenta zu übernehmen und daneben groß „Art in Progress Gallery“ zu schreiben. Das war die beste Werbung überhaupt.

WELT: Damals stellten Sie aus, was Sie kauften – nicht wie heute, wo Galerien auf Kommission arbeiten.

Goetz: Nein, ich machte beides. Aber oft kaufte ich die Werke direkt und sagte den Künstlern, dass ich sie ausstellen würde. Ich hatte mit meinen Editionen gut verdient – na ja, nicht viel, aber genug.

WELT: Das Geld für all die Gemälde kam also nicht aus der Familie?

Goetz: Nicht von meinem Vater. Aber Kunst war damals so billig – sie kostete praktisch nichts.

WELT: Was waren Ihre ersten wichtigen Ausstellungen mit amerikanischen Künstlern?

Goetz: Malcolm Morley, Brice Marden, Sol LeWitt, Cy Twombly – ich weiß die Reihenfolge nicht mehr. Aber nach anderthalb Jahren musste ich schließen, weil ich keine gültige Arbeitserlaubnis für die Schweiz bekam, vor allem nicht mehr nach dem Happening mit Vostell. Dazu kam, dass meine Galerie all die jungen Leute und Künstler anzog, die sich gegen das Establishment wandten – eine richtige Szene, die das Schweizer Bürgertum empörte. Es waren die frühen 1970er! In Deutschland und Frankreich gingen die Studenten auf die Straße – und in der Schweiz berichteten die Zeitungen noch über einen Schwan, der aus Versehen auf einer Brücke gelandet war. 

WELT: Danach zog es Sie nach München.

Goetz: Wo ich sofort eine neue Galerie aufmachte. 

WELT: Welche Ausstellung in München ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Goetz: Von Christo und Jeanne-Claude, die zu engen Freunden geworden waren, ließ ich die Galerie verhüllen – alles, was sich darin befand. So konnten wir nicht einmal ans Telefon gehen – es klingelte ständig, und wir saßen einfach auf dem Boden.  

WELT: Wie lange hatten Sie die Galerie in München?

Goetz: Etwa sieben Jahre. Ich schloss sie kurz nach der Geburt meiner Tochter und sagte: „Jetzt werde ich Sammlerin.“ Ich beneidete die Menschen, die mir die schönsten Kunstwerke abkauften. Einen dunkelblauen Kopf von Kounellis, halb in Zeitungspapier gewickelt, verkaufte ich an einen leidenschaftlichen Sammler in Rosenheim, weil ich Geld brauchte. Aber nach dem Verkauf sagte ich mir: „Ich kann mir solche Stücke nicht mehr aus dem Herzen reißen lassen!“ Zum Glück konnte der Sammler am Ende nicht zahlen, und ich durfte den Kopf behalten. Ich wollte ein Museum haben, das war mein Traum – Ausstellungen machen, aber für mich selbst und meine Freunde. Mit der Kunst leben, das war die Idee.

WELT: Aber als Sie die Galerie schlossen, war Ihre Sammlung noch gar nicht so groß.

Goetz: Nach jeder Ausstellung blieb immer etwas übrig. Damals verkauften sich Bilder von Cy Twombly überhaupt nicht – die „NZZ“ hatte sie „Klokritzeleien“ genannt. Dann plötzlich wollte jemand 100.000 D-Mark für eines zahlen. Das war das Geld, das ich benötigte, um meine Arte-Povera-Sammlung aufzubauen. Später habe ich noch mehr Twomblys verkauft. Inzwischen waren sie so teuer, dass ich mir davon den Bau meines Museums in München leisten konnte.

WELT: Ihre Arte-Povera-Sammlung gilt als bedeutendste in privater Hand.

Goetz: Damals interessierte sich niemand dafür. Deshalb habe ich heute so großartige Werke von Mario Merz, Jannis Kounellis, Giulio Paolini. Ich begann später auch, die „Young British Artists“ zu sammeln und die amerikanischen Künstler der 1980er-Jahre – nachdem Andy Warhol ein Porträt von mir gemacht hatte.

WELT: Wie lernten Sie ihn kennen?

Goetz: Durch Gunter Sachs, dessen Sammlung damals in der Villa Stuck in München zu sehen war – ein ganzer Flügel voller Pop Art. Er erzählte mir, Warhol komme nach Hamburg, und schlug vor, er solle ein Porträt meines Vaters machen. Auf den Bildern sieht mein Vater ziemlich grimmig aus, aber sie sind sehr malerisch. Zehn Jahre später kam Warhol nach München und machte eines von mir. Ich werde nie vergessen: Wir verbrachten zwei Tage zusammen, und irgendwann schaute er in den Garten und sagte: „Mein Gott, ist das schön. So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Und sein Assistent antwortete: „Das liegt daran, dass du nie aus dem Fenster schaust, Andy.“

WELT: Welche US-Künstler haben Sie besonders intensiv gesammelt?

Goetz: Robert Gober, Sherrie Levine, Richard Prince, Carroll Dunham, Cady Noland, Cindy Sherman. Ich glaube, ich bin die Einzige, die alle vier Filme von Matthew Barney besitzt. Das Sammeln wurde zu einer Obsession – ich fühlte mich wie süchtig, immer auf der Suche nach dem nächsten Rausch. Heute umfasst die Sammlung etwa 5000 Werke – darunter Installationen, Arbeiten auf Papier und Medienkunst.

WELT: Wie haben Sie Ihren Traum vom Museum verwirklicht?

Goetz: Der Maler Helmut Federle und die Galeristin Rosemarie Schwarzwälder erzählten mir von einem jungen Architektenduo aus Basel, das gerade seine ersten Gebäude realisiert hatte und sich sehr für Kunst interessierte: Herzog & de Meuron.

WELT: Damals waren sie noch unbekannt.

Goetz: Ich glaube, ich bat sie 1989 um einen Entwurf. Ich sagte ihnen, dass ich nicht nach draußen schauen wolle, mir eine Art klösterliche Atmosphäre wünsche und ein sehr schlichtes Design.

WELT: Das Museum eröffnete 1993 – doch während des Baus änderten Sie Ihre Meinung: Es wurde eine öffentliche Institution, frei zugänglich für alle. Was führte zu dieser Entscheidung?

Goetz: Mir wurde klar, dass es egoistisch gewesen wäre, ein solches Gebäude nur für mich selbst zu haben – und die Kunst ebenfalls nur für mich zu behalten.

WELT: Hatten Sie keine Angst, Ihre Privatsphäre aufzugeben – ein Museum zu eröffnen, das buchstäblich in Ihrem Vorgarten steht?

Goetz: Nein, ich vertraute darauf, dass alles gut gehen würde. Im Gegenteil: Ich habe es immer genossen, die paar Schritte hinüberzugehen, mich zu Führungen dazuzugesellen, zuzuhören, was die Leute dachten, und mit ihnen über ihre Sicht auf die Kunst zu sprechen. Es war durchweg eine Freude.

WELT: Das Museum liegt in einem sehr bürgerlichen Wohnviertel Münchens. Ich kann mir vorstellen, dass Ihre konservativen Nachbarn zunächst wenig begeistert waren.

Goetz: Oh, sie hassten es. Während des Baus bekam ich anonyme Briefe, in denen das Gebäude eine „hässliche Zigarrenkiste“ genannt wurde. Aber als es sofort erfolgreich war, mochten es sogar die größten Gegner.

WELT: Im Laufe der Jahre haben Sie große Teile Ihrer Sammlung an Münchener Museen geschenkt, und 2014 sogar Ihr Museum dem Freistaat Bayern übergeben.

Goetz: Genau, und das Museum trägt weiterhin meinen Namen – aber es gehört mir nicht mehr.

WELT: Was an der heutigen Kunstwelt lässt Sie froh sein, dass Sie sich ein wenig zurückgezogen haben?

Goetz: Nun, ich komme aus der Hippie-Zeit, und damals schien alles möglich. Ich fand das wunderbar und dachte, das würde ewig so weitergehen. Heute scheint ständig ein moralischer Zeigefinger über der Kunst zu schweben, der uns sagt, was wir denken und fühlen sollen. Doch Kritik kann auch subtil sein: Bei Félix González-Torres, der ein enger Freund war, habe ich sehr bewundert, wie fein seine Werke Themen wie Aids und die Gleichgültigkeit der Politiker gegenüber den Opfern kommentierten. Etwa „Untitled (Portrait of Ross in L.A.)“ von 1991 – ein Haufen Bonbons, genauso schwer wie sein Freund, und die Menschen dürfen davon nehmen.

WELT: Und dann verschwindet er langsam.

Goetz: Der Betrachter wird mitverantwortlich gemacht. Gleichzeitig kann man es auch als heilige Hostie sehen – der menschliche Körper wird einem gleichsam auf die Zunge gelegt, der Leib Christi. Oder man genießt einfach das Bonbon. Das ist für mich Kunst. Kunst, die zeitlos ist.

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