Michelle Obama hat gerade erklärt, warum sie nie ins Rennen um die Präsidentschaft gehen wird. Unsere Kolumnistin zeigt sich tief getroffen.

Diese Kolumne schreibe ich mehr als andere Kolumnen zuvor als Frau, weil ich spüre, wie in mir und in vielen anderen Frauen die Angst vor der Zukunft wächst. Immer wieder hört man: Frauenrechte würden rückabgewickelt, wir steckten mitten im Backlash, die Zeit werde zurückgedreht, all das. Wie abstrakt diese Sätze sind.

Michelle Obama, deren Rhetorik ich seit jeher bewundere, hat jetzt auf einer Veranstaltung aus diesen abstrakten Sätzen endlich konkrete Sätze gemacht. Auf die Frage, ob die USA reif seien für eine Präsidentin, verwies sie auf Kamala Harris und kam danach gleich zu sich selbst, weil viele Menschen sie seit Jahren umgarnen, sie möge doch bitte ins Rennen gehen. 

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Michelle Obama: "Ihr seid nicht bereit für eine Frau"

Obama machte klar, weshalb sie das nicht tun werde: "Schaut nicht einmal in meine Richtung, wenn es darum geht, für das mächtigste Amt zu kandidieren, weil ihr alle lügt. Ihr seid nicht bereit für eine Frau. Ihr seid es nicht. Also verschwendet meine Zeit nicht." Diese glasklaren Sätze trafen mich so sehr, dass ich sie umgehend auf Instagram postete; den folgenden Tag lang teilten Frauen aus unterschiedlichsten Bereichen diesen Post, weil sie sich in ihm wiederfanden.

Wie lange habe ich darauf gewartet, dass Michelle Obama erklärt, was sie angesichts ihrer Beliebtheitswerte eigentlich zurückhalte. Nun hält sie mit ihrer Antwort der Gesellschaft den Spiegel vor. Vielleicht würde sie kandidieren wollen, aber nicht in der Gesellschaft, in der wir leben. Viele Frauen werden immer wieder gefragt, ob sie sich für diesen oder jenen Job bewerben wollten, und vielleicht würden sie es tatsächlich gern tun. 

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Doch als Frau hast du nicht immer die Wahl, weil die Realität, die du später vorfinden würdest, dich zu viel kosten könnte. Du hast nur ein Leben, und dieses eine Leben spielt sich in einer historischen Realität ab. Die Realität ist nicht reif für dich.

Wenn eine Frau sich trotzdem zermürbt, um den Fortschritt vorzuleben, kommt vielleicht die Menschheit einen Schritt weiter, aber gleichzeitig ist ihr eigenes Leben dann der Allgemeinheit gewidmet. Ich fand Obamas Weg immer klug. Sie wollte andere dazu inspirieren, sich auf den Wandel einzulassen. Sie sät die Träume von morgen. 

Nicht sie will es nicht, sondern unsere Gesellschaft

Viele bedauern ihren Unwillen, in die Politik zu gehen. Die Wahrheit ist: Nicht sie will es nicht, sondern unsere Gesellschaft will es nicht. So viele Frauen bringen ihr Talent nicht ein, gerade weil sie einschätzen können, was es sie kostete, weil sie wissen, wo ihre Grenzen sind.

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Es wird derzeit viel über rechte Frauenbewegungen und all den Mist geredet, doch Fakt ist: Die frauenfeindliche Haltung sitzt in unserer Mitte und nicht am Rand. Man will mehrheitlich Frauen nicht an der Macht sehen und nicht im Mittelpunkt des Geschehens. Frauen sollen dem Helden zuarbeiten oder ihn ablenken, das ist nicht nur bei James Bond so. Wenn eine Frau bestehen will, muss sie sich ins Verhältnis zum Mann setzen, am besten sexuell oder in Unterordnung. Wir verschweigen zu oft, wie leicht es reaktionäre Bewegungen haben, weil unsere Gesellschaft in vielem selbst reaktionär ist.

Ich sehe im Moment trotz oder wegen dieser Angst so viele Frauen, die mutiger denn je auftreten, auch wenn medial stärker über Phänomene wie die Tradwives berichtet wird. Ich sehe alte, mitteljunge und junge Frauen richtig knallen. Ihre Analysen sind auf den Punkt, ihre Haltungen demaskieren das Patriarchat. Wissen ist Macht, und Freiheit wirkt auf das Patriarchat bedrohlich. Eines Tages wird das Echo dieser starken Stimmen unsere Wirklichkeit prägen. Es wird neu geschrieben werden, was Frauen können und was nicht.

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