Sie wagte sich in den 70ern selbstbewusst in eine männlich dominierte Szene: Patti Smith sicherte sich mit ihrer Arbeit den Respekt von Rockern, Dichtern und Künstlern.

Dass die Rockmusik ein Frauenproblem hat, das ist nichts Neues. Wo bis heute vorrangig die Namen reiner Männerbands die Werbeplakate von großen Festivals füllen, verehrten bereits in den späten 60ern und frühen 70ern die Fans vor allem komplett männlich besetzte Gruppen. Die Beatles, die Stones, die Kinks, die Beach Boys. Später die Sex Pistols, die Ramones oder die New York Dolls. 

Wo Frauen auftauchten, waren es entweder (zumindest auf den ersten Blick) sanfte Gestalten mit Gitarren, wie Joan Baez oder Joni Mitchell, oder Rock-Sirenen, deren reines Frausein schon als Provokation und Verkaufsargument wirkte – Nico bei Velvet Underground, Grace Slick bei Jefferson Airplane, Joan Jett, Janis Joplin. Und dann war da Patti Smith.

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Patti Smith nimmt Punk ernst

Patti Smith war anders. Die zierliche junge Frau aus Illinois, mit den rabenschwarzen Haaren und den ausdrucksvollen Augen, übernahm einfach ohne Nachzudenken die Attitüde der männlichen Kollegen. Statt in engem Leder oder Minikleidern stand sie in weißen Herrenhemden und schwarzen Jeans auf der Bühne, wollte lieber cool als sexy wirken und war genau deshalb sexy. 

Sie schrieb explizite Texte, furchtlos, aber auf so poetische Weise, dass es nie wie pure Provokation wirkte. Drogen, Sex, Musik, berühmte Dichter, Religion – alles tauchte in Patti Smiths Songs auf, verärgerte manche, begeisterte viele. Mit dem Song "Gloria", einer radikalen Neuinterpretation des gleichnamigen Van-Morrison-Hits, erlangte sie schließlich endgültig die Aufmerksamkeit der Szene.

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Patti Smith trat auf wie ein Rocker – nicht wie eine Rockerin

Smith war mit dem New Yorker Fotografen Robert Mapplethorpe liiert, der sich kurze Zeit nach der Beziehung als homosexuell outete. Später mit dem Blue Öyster Cult-Musiker Allen Lanier. 1980 heiratete sie den Gitarristen der Band MC5, Fred "Sonic" Smith. Mit ihm hatte sie die Kinder Jackson und Jesse, die sie heute regelmäßig auch auf der Bühne begleiten. 

Sohn Jackson war eine Weile mit White-Stripes-Frontfrau Meg White verheiratet, ist heute aber anderweitig liiert und selbst Vater. Fred Smith starb 1994 im Alter von nur 46 Jahren an einer Herzkrankheit. Patti Smith widmete ihm den herzzerreißenden Song "Frederick". Für Bruce Springsteen schrieb sie später den Hit "Because The Night".

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Patti Smith verstand es aber auch stets, Freundschaften zu pflegen und sich den Respekt anderer Künstler:innen zu sichern. Selbst Bob Dylan, legendär kritisch bei der Auswahl seiner wenigen Vertrauten, schätzt die Musikerin. Smith vertrat den heute 84-Jährigen dann auch 2016 bei der Entgegennahme des Literaturnobelpreises. Auf ihrem Album "Twelve" von 2007, das ausschließlich aus Coverversionen ihrer liebsten Songs besteht, sang sie Dylans "Changing Of The Guards" – und auch Nirvanas "Smells Like Teen Spirit" oder "Everbody Hurts" von REM.

Heute schreibt Patti Smith Bestseller

Patti Smith rebelliert auch heute noch – indem sie ihre Haare so grau trägt, wie sie mit 78 Jahren eben sind, und auf die unter Stars üblichen Schönheits-OPs verzichtete. Sie lebt mit Katzen, Schallplatten und vielen Notizbüchern in New York, wo man ihr regelmäßig in verschiedenen lauschigen Kaffeehäusern begegnen kann.

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Und bis heute sie relevant – durch ihr soziales Engagement, durch regelmäßige Tourneen und durch das Schreiben von sehr erfolgreichen, größtenteils autobiografischen Büchern. Mit "Just Kids" oder "M Train" schaffte sie es in die Bestsellerlisten und verriet darin auch beiläufig, dass sie Mitglied eines obskuren Fanclubs des deutschen Geowissenschaftlers Alfred Wegener (1880–1930) ist. 

Nun ist ihr neuer Roman erschienen: "Bread Of Angels" – Brot für die Engel. Erneut ist es ein autobiografisches Buch, aber statt in ihre wilde Jugend oder faszinierende Gegenwart nimmt sie die Leser darin mit in ihre Kindheit. Vielfach wurde es bereits als ihr persönlichstes Buch gelobt. 

Patti Smith: "Bread Of Angels", 320 S., Kiepenheuer & Witsch

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