Passend zur aktuell stattfindenden 30. Weltklimakonferenz machen Daniel Harrichs TV-Thriller und seine einordnende Dokumentation auf ein hochbrisantes Thema aufmerksam: Unter dem Deckmantel des Klimaschutzes wird in Brasilien großflächig aufgeforstet, Einheimische hat man dafür enteignet und vertrieben.

Axel Milberg ist nach seinem Ausstieg als Kommissar Borowski beim Kieler "Tatort" zurück in der ARD. Er spielt am Mittwochabend die Hauptrolle in dem augenöffnenden Umweltthriller "Verschollen". Der Ausstrahlungstermin während der 30. Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém ist nicht zufällig gewählt. Denn es geht um Aufforstungsprojekte, durchgeführt angeblich zum Schutz des Klimas, auf dem Rücken der Einheimischen, die enteignet und vertrieben werden. Und es geht um den Handel mit CO₂-Zertifikaten und vermeintlich grünen Finanzprodukten.

Milberg spielt den Ingenieur Klemens Stadler, dessen Sohn Jan (Max Hubacher) als Umweltwissenschaftler in Rio Pardo ein ebensolches Aufforstungsprojekt zertifizieren soll und dort spurlos verschwindet. Von Jans Frau Eva (Elisa Schlott) weiß Klemens, dass es wohl zuletzt Probleme gab, doch Jans Chef (Jürgen Hartmann) behauptet, alles sei in Ordnung. Ebenso Diana Creutz (Julia Koschitz). Sie betreut für die Weltbank das Projekt in Brasilien und ist mit Jan befreundet. Politisch eingreifen könne sie aber nicht: "Wir gehören nicht zu einer Regierung, wir beraten, entwickeln Konzepte, die wir dann umsetzen, finanzieren." Und so reist Klemens selbst nach Rio Pardo, um seinen Sohn zu suchen.

Von Kurt Winkler (Benjamin Sadler), der das Aufforstungsprojekt vor Ort leitet, erfährt er: "Wir können hier Bäume pflanzen ohne Ende. Und für das CO₂, das unsere Bäume dann aus der Atmosphäre ziehen, bekommen wir Zertifikate." – "Und die können sie verkaufen", folgert Klemens richtig. Ohne Förderung gehe gar nichts, führt Winkler weiter aus. Weltbank, UN und Klimafonds, sie alle wollen das Zertifikatssiegel, dass internationale Standards für Klimaschutz und Menschenrechte eingehalten werden, bevor sie ein Projekt finanzieren.

Lebensgefahr: Wenn die Realität die Fiktion einholt

Erst durch die Begegnung mit Indigenen, die für die Aufforstung von ihrem Land vertrieben werden sollen, und deren Anwältin Taís Gonçalves (Luka Omoto) erfährt Klemens, welch unmenschliche Verbrechen hier unter dem Deckmantel des Klimaschutzes begangen werden. Und was der Zuschauer durch eingeschobene Rückblenden im Gegensatz zu Klemens weiß: Jan verweigerte Winkler das Zertifikat, da die Bodenproben wohl nicht den zur Finanzierung benötigten Standards entsprachen. Hat man ihn deswegen aus dem Weg geräumt?

Auf erschreckende Weise wurden Hauptdarsteller Axel Milberg und der Rest der Crew während der Dreharbeiten mit der harten Realität ihres Filmthemas konfrontiert. "Wir sind in die Welt der indigenen Bevölkerung vorgestoßen, die dort leider vertrieben wird, weil gierige Menschen den Cerrado-Urwald roden und Plantagen errichten", erzählte er gegenüber RTL. "Diese Leute fühlten sie sich von uns beobachtet und hielten uns für eine NGO, die ihre Geschäfte stört. Es kam zu ernsthaften Bedrohungen ... Wir mussten fliehen, weil wir von Informanten hörten, dass bereits überlegt wird, wie man unsere Leichen beseitigt."

Ein weiteres hochbrisantes Projekt von Daniel Harrich

Es ist ein weiteres spannend aufbereitetes, hochbrisantes Thema, dessen sich der Investigativ-Journalist und Regisseur Daniel Harrich in "Verschollen" angenommen hat. Zuvor hatte er sich unter anderem, in "Bis zum letzten Tropfen", dem Trinkwasser gewidmet, das längst zum teuren, raren Gut geworden ist, im Film "Gift" forschte er dem globalen Handel mit falschen Medikamenten nach, in "Am Abgrund" korrupten Politikern und dem fragwürdigen Handel mit Rohstoffen. Nun also das Thema Aufforstung und Handel mit Carbon Credits.

Wie bei seinen vorherigen Arbeiten ordnet Harrich auch diesmal das Thema seines Spielfilms im Anschluss in einer 30-minütigen Doku ein: "Verschollen – Die Doku: Schmutzige Geschäfte mit dem Klimaschutz". Seine Recherchen in einem kleinen Ort in Brasilien und der ursprünglichen Waldregion Cerrado und seine schockierenden Ergebnisse animierten ihn erst zu seinem fiktionalisierten Drehbuch für "Verschollen".

"Heute, wo wir die Auswirkungen der Klimakrise nicht mehr als Science-Fiction-Bedrohung in ferner Zukunft erahnen, sondern tagtäglich den atemberaubenden Wandel miterleben, hätte ich erwartet, dass die 'Rettung der Welt' die Menschheit zusammenbringt", sagt Harrich. "Dass genau unter diesem Vorwand ein System entsteht, das alle hehren Ziele ad absurdum führt, ist für mich maßlos und zynisch. Und wieder schauen alle weg – die angeblichen Kontrolleure, Umweltschützer:innen, unsere Politiker:innen – während im Namen des 'Green Deals' schwerste Umweltschäden, massives Unrecht gegenüber Menschen in den betreffenden Ländern und Regionen und die Zerstörung unwiederbringbarer Ressourcen, die wir dringend für unsere Zukunft brauchen, in Kauf genommen werden."

Verschollen – Mi. 12.11. – ARD: 20.15 Uhr

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