Zwölf Jahre sind seit Beatrice Eglis Sieg bei "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) vergangen. Und kaum ein Gewinner der Show hat eine ähnlich erfolgreiche Karriere wie sie hingelegt. Mit ntv.de spricht sie über ihr neues Album "Hör nie damit auf", krasse Kicks, ihre "Bros" und das, was nur Florian Silbereisen und sie wissen.
ntv.de: Wir haben nach deinem DSDS-Sieg schon einmal ein Interview geführt. Das ist jetzt schlappe zwölf Jahre her. Damals habe ich dich gefragt, ob du Angst davor hättest, wie viele andere DSDS-Gewinner bald wieder in der Versenkung zu verschwinden. Was denkst du, dass du damals geantwortet hast?
Beatrice Egli: Ich habe bestimmt Ja gesagt.
Nein, du meintest, du hättest Respekt vor allem, was kommt. Aber du würdest auch glauben, dass du eine lange Zukunft als Sängerin hast …
Aber in mir drin sah es, ehrlich gesagt, doch anders aus. (lacht)
Am Ende hast du aber recht gehabt: Kaum ein Gewinner oder eine Gewinnerin von DSDS hat eine so lange und außergewöhnliche Karriere wie du hingelegt. Seither waren alle deine Alben in Deutschland und Österreich in den Top Ten - und in der Schweiz sowieso eigentlich immer auf Platz 1. Wie erklärst du dir selbst deinen riesigen Erfolg?
Ich kann es mir auch nicht wirklich erklären. Ich weiß nur, dass ich mir immer treu geblieben bin. Und ich glaube, ich konnte die Menschen mit dem, woran ich selbst eine so große Freude habe, anstecken. Es ist wichtig, einfach immer weiterzumachen, sehr viel Liebe und Zeit in die Musik und das Ziel zu investieren, diesen Erfolg weiter leben und erleben zu können. Mit das Schönste an dem Ganzen ist, dass ich sein darf, wie ich bin. Ich mache das, was mir Freude macht. Und anscheinend gefällt das Millionen anderen Menschen auch.
Ich denke, was es in deiner Branche auf jeden Fall braucht, sind Fleiß und Disziplin. Bist du fleißig und diszipliniert?
Ja. (lacht) Ich bin in einer selbstständigen Familie aufgewachsen. Wir haben eine Cateringfirma zu Hause. Wir haben sie selbst von Null auf großgezogen und als ganze Familie auch immer an ihr mitgearbeitet. Bei uns war es ganz normal, selbst und ständig zu arbeiten. Wir kannten das nur so und das hat mich geprägt. "Ich kann nicht mehr", das gibt es nicht bei uns. Ich bin dankbar, dass ich so aufgewachsen bin.
War das schon immer so?
Na ja, natürlich habe ich auch manchmal geflucht, wenn ich am Nachmittag nicht in die Badi (Freibad) durfte, sondern Spieße gesteckt oder Fleisch vakuumiert habe. Trotzdem sage ich im Nachhinein Danke dafür, dass ich so erwachsen werden durfte. Die zwei oder drei Stunden, die man dann weniger in der Badi war, hat man ja auch nicht viel verpasst. Alle haben auf einen gewartet.
In der DSDS-Jury saßen damals Bill und Tom Kaulitz. Nachdem sie anfangs nicht so ganz überzeugt von dir waren, waren sie am Ende deine größten Fans. Auch ihnen ist eine erstaunliche Karriere geglückt, aktuell sind sie beinahe dauerpräsent. Hast du noch Kontakt zu ihnen?
Nein, leider gar nicht. Aber ich finde es auch so schön zu sehen, wie sie ihren Weg gegangen sind. Als sie damals in der Jury waren, waren sie irgendwie zurück, aber zugleich auch weit weg. Und jetzt sind sie wirklich wieder voll da und werden gefeiert. Ich gucke ihre Doku und höre ihren Podcast sehr gerne. Auch sie sind ein sehr gutes Beispiel dafür, dass es dieses "Jetzt hast du es geschafft" nicht gibt. Du hast es nie geschafft. Geschafft ist es nur, wenn du einfach immer weitermachst.
Vergangenes Jahr hast du die Seiten gewechselt und warst selbst Teil der DSDS-Jury. Wie war das für dich?
Ich habe das sehr spannend gefunden. Erst dachte ich, es könnte sich ein bisschen wie ein Zurückgehen anfühlen. Aber letztlich hat sich dadurch ein Kreis geschlossen und es hat sich für mich wie ein Abschluss angefühlt.
Wie leicht oder schwer ist es dir gefallen, die Kandidatinnen und Kandidaten zu beurteilen?
Das war tatsächlich nicht ganz einfach. Oft hatte man ja nur ein oder zwei Minuten dafür. Und manchmal auch erst, nachdem man vorher schon Hunderte andere Kandidaten gesehen hatte. Es war interessant, das dann mit dem Eindruck auf dem Bildschirm zu vergleichen. Da verstehe ich jetzt auch Bill und Tom. Es kann eben gut sein, dass man nicht gleich das Potenzial eines Kandidaten voll sieht und hört. Die Zeit in der DSDS-Jury war für mich schon intensiv und emotional. Weil ich die andere Seite halt auch kannte, war ich den Kandidatinnen und Kandidaten immer sehr verbunden.
Gewonnen hat die Show Christian Jährig. Von ihm hat man seither tatsächlich nicht so viel gehört …
Ich glaube, dass sich die Zeit einfach extrem verändert hat. Ich sehe das ja an mir selbst. Ob im Digitalen, im Fernsehen, im Radio, im Print - überall gilt es, präsent zu sein. Einerseits ist diese Vielfalt eine Riesenchance, weil du selbst mehr machen kannst. Andererseits erreichst du mit einer Fernsehsendung am Samstagabend natürlich einfach nicht mehr so viele Leute wie früher. Als ich bei DSDS war, haben noch viel mehr geguckt - Netflix und Co haben da noch keine große Rolle gespielt. Trotzdem gilt auch für Christian, dass er weitermachen, dranbleiben, sein Ding machen und immer wieder bei sich bleiben muss.
Dein Appell, immer weiterzumachen, spiegelt sich auch im Titel deines neuen Albums wider, das gerade erschienen ist: "Hör nie auf damit". In vielen Songs auf dem Album dreht es sich darum, nach vorne zu gehen, positiv zu sein oder "Ja zum Leben" zu sagen, wie ein Lied heißt. Siehst du dich als Sängerin auch als Mutmacherin?
Ich glaube schon - weil ich selbst immer wieder sehr viel Mut mitbringe und gesehen habe, was der Mut für Möglichkeiten schafft. Auch der Mut zum Scheitern und der Mut, Fehler zu machen. Ich glaube, Scheitern und Fehler prägen einen zum Positiven. Ich wünsche mir, dass ich die Menschen inspiriere: "Geh deinen Weg, mach wirklich das, was dich erfüllt und glücklich macht. In jedem von uns steckt etwas, was der andere nicht kann. Baue darauf auf, auf dich und deine Stärken." Das auszudrücken, war mir bei diesem Album besonders wichtig.
Bleiben wir beim Mut. 2013 hast du im Interview noch erklärt, du würdest es dir nicht so richtig zutrauen, selbst Songs zu schreiben. Ich glaube, auch das hat sich geändert …
(lacht) Echt, das habe ich damals gesagt? Ja, inzwischen schreibe ich alle Lieder mit und bin voll drin. Seit Jahren schon! Auch das zeigt: Manchmal weißt du in einem Moment noch gar nicht, zu was du eigentlich imstande bist. Aber damit du es erfährst, musst du erst mal die ersten Schritte gehen. In dem Fall hieß das, Alben mit Songs zu machen, die andere für dich schreiben. Aber irgendwann spürst du: "Hey, das ist gar nicht mehr meine Sprache, das sind gar nicht mehr meine Interessen." Ich meine: Wenn man jetzt meine Texte hört, spürt man mich einfach durch und durch. Das ist mir auch extrem wichtig.
Ziemlich mutig war auch eine Aktion, die man auf deinem Instagram-Account bewundern kann. Du hast dich in Berlin auf eine Schaukel in luftiger Höhe über dem Alexanderplatz gewagt. Stehst du auf Nervenkitzel dieser Art?
Ja, ich liebe den Adrenalinkick! Ich glaube, sonst würde ich auch nicht auf der Bühne stehen und vor einem Millionenpublikum eine Sendung wie "Die Beatrice Egli Show" moderieren. Ich brauche das ein bisschen. Es war schon wirklich ein krasser Kick, als ich auf der Schaukel die Hände losgelassen habe. Aber ich gehe weiterhin volles Risiko und suche mir solche Kicks. Ich bin einfach so neugierig darauf, was passiert.
Heißt das, du bist wirklich für alle Aktionen dieser Art - von Fallschirmspringen bis Bungee - zu haben oder gibt es auch etwas, von dem du sagt, dass du es auf keinen Fall machst?
Ich habe gesagt: Bungeespringen mache ich nicht. Aber wegen der Wirbelsäule, weil ich immer höre, dass das nicht gesund ist. Fallschirmspringen wollte ich tatsächlich in Australien machen. Das war ganz komisch. Ich habe dreimal dafür angehalten, aber aus irgendwelchen Gründen ging es immer nicht. Da habe ich mir gedacht: "Vielleicht soll es so sein, damit ich gesund und am Leben bleibe." (lacht) Aber irgendwann springe ich schon noch aus dem Flieger!
Dann wäre es wahrscheinlich nicht schlecht, wenn es "wolkälos" wäre. So heißt nicht nur ein Song auf Schwizerdütsch auf dem Album, es ist auch das Lied, das du zur Frauen-Fußball-EM in diesem Jahr in der Schweiz gesungen hast. Ist auch Fußball dein Ding?
Oh ja, nachdem ich mit drei Brüdern aufgewachsen bin, durfte ich viel Fußball spielen. Ich war jetzt nicht die Allerbeste. Aber ich spiele immer noch gerne Fußball, auch mit meinen Nichten und Neffen. Mir ist wichtig, dass einfach alles für jeden möglich ist, für jedes Geschlecht - deswegen setze ich mich auch für den Frauenfußball ein. Ich konnte mit meinen Brüdern ohne irgendwelche Klischees aufwachsen. Wir waren einfach vier Geschwister und sind Fußball spielen gegangen - dass ich ein Mädchen war, war da nie ein Thema.
Wie hast du dann die EM erlebt?
Ich habe hautnah mitbekommen, wie voll die Stadien waren und was für eine Euphorie ausgebrochen ist. Ich habe auch viele Dokus darüber geguckt, was in der Vergangenheit im Frauenfußball passiert ist. Das hat mich wahnsinnig inspiriert. Als dann die Anfrage kam, ob ich auch die Nationalhymne singen würde, habe ich sofort zugesagt. Worum es in "Wolkälos" geht, ist mir auch persönlich wichtig: Es soll keine Grenzen geben, alles ist möglich. Wenn du zum Beispiel Fußballerin werden willst, dann ist das mittlerweile definitiv möglich. Und es ist schön, dass das so ist.
"Wolkälos" ist einer von einer ganzen Reihe von Songs auf dem Album, die durchaus tanzbar sind. Das folgt einem gewissen Trend in deiner Branche. Ist das eigentlich überhaupt noch Schlager oder schon Popmusik?
Ich sage immer: Sobald meine Stimme zu hören ist, ist es Schlager. Sie ist einfach so schlageresk. Es war lustig, als ich bei "Sing meinen Song Schweiz" mitgemacht habe: Die Arrangements waren supercool und voll poppig, wenn andere sie gesungen haben. Und dann kam ich - und es war einfach Schlager. (lacht) Klar! Ich bin ja nun mal Schlager. Aber mit Blick auf die Sounds, die bei diesen Album tatsächlich den längsten Prozess in Anspruch genommen haben, hast du natürlich recht.
Das klingt dann hier schon mal nach House, da nach Techno oder dort nach elektronischen Beats …
Und die Frage war: Wie klingt das Album neben meiner Stimme? Ich bin voll die Clubberin, die gerne die ganze Nacht durchtanzt. Genau das wollte ich reinbringen und mit dem Schlager verbinden. Die Melodien und die Texte sind natürlich voll Schlager, die Soundwelten könnten aber auch aus dem internationalen Pop Dance sein. Das finde ich spannend.
Du hast deine Brüder vorhin schon erwähnt, auf die du mit dem Song "Bros" ein Loblied singst. Zwei von ihnen sind älter als du, einer ist jünger. Hast du zu allen ein ähnlich gutes Verhältnis?
Das ist schon sehr gleichwertig, auch wenn alle drei sehr charakterstarke und unterschiedliche Typen sind. Wir sind überhaupt alle so unterschiedlich, dass man uns auf den ersten Blick wahrscheinlich gar nicht für Geschwister halten würde. Aber genau das wertschätze ich. Denn bei allen Unterschieden teilen wir die gleichen Werte und haben eine extrem starke Verbindung zueinander.
Wie drückt sich das aus?
Jeder ist für jeden Tag und Nacht da. Wir können uns immer anrufen und führen megaschöne Gespräche. Klar, früher haben wir uns auch mal geprügelt. (lacht) Aber seit wir erwachsen sind, ist es einfach ein großes Miteinander. Wenn ich Fragen habe, bekomme ich drei unterschiedliche Perspektiven. Ich schätze es, zu diskutieren und auch mal unterschiedlicher Meinung sein zu können, aber trotzdem immer verbunden zu sein. Mit dem Älterwerden nimmt das noch zu - auch das Verständnis, dass so etwas nicht selbstverständlich ist. Ich glaube, deshalb habe ich den Song auch erst jetzt geschrieben.
Ansonsten giltst du als jemand, der sein Privatleben stark schützt - was nicht unbedingt dazu führt, dass die Leute weniger Interesse daran hätten und nicht darüber spekulieren würden. Einen Song wie "Das wissen nur wir" mit Florian Silbereisen aufzunehmen, war da schon ein ganz schön frecher Schachzug. Irgendwie scheinst du das Spiel mit den Gerüchten ja doch auch zu genießen …
Ja, klar! Hey, wir hatten Tausende von Titelseiten zusammen … Ich finde, wir haben das mit dem Song gekonnt verpackt und charmant gelöst. So können wir uns rausziehen und die Musik sprechen lassen. Wir haben genau das, was mit uns gemacht wird, darin verpackt. Im Text kommt nur das vor, was uns eh schon nachgesagt wird. Natürlich habe ich mit einem Augenzwinkern Spaß daran.
Nach der Veröffentlichung deines Albums jagt gerade eigentlich ein Auftritt den anderen bei dir - von "Verstehen Sie Spaß?" über "Wer weiß denn so was" bis hin zur "Beatrice Egli Show". Die läuft zwar erst am 20. Dezember in der ARD, wurde aber auch schon aufgezeichnet. Wann schnaufst du mal durch?
Weihnachten! Darauf freue ich mich auch total. Weihnachten ist immer die Zeit, in der man zur Ruhe kommt. Aber abgesehen davon hat sich in den letzten paar Jahren bei mir auch etwas verändert. Früher hieß es: "Ich powere durch und mache von dann bis dann Pause." Heute achte ich dagegen darauf, die Tage gut zu strukturieren. So finde ich jeden Tag wieder Ruhe und brauche nicht tage- oder wochenlange Auszeiten. Das musste sich einfach ändern, weil ich schmerzhaft erlebt habe, dass das andere nicht gesund ist.
Mit Beatrice Egli sprach Volker Probst
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