KI-Suche, Macht der Plattformen, neue Regeln: Warum Google das offene Internet in Gefahr sieht.

Seit fast 30 Jahren gilt das offene Internet als Selbstverständlichkeit: Jeder kann Inhalte veröffentlichen, jeder kann sie finden. Und ausgerechnet Google, der Konzern, der groß geworden ist, indem er dieses offene Netz durchsuchbar machte, spricht nun von seinem Niedergang. In einer Gerichtsakte heißt es: "Das offene Web ist bereits in schnellem Rückgang." Was es mit dieser Aussage auf sich hat.

Vom Versprechen zur Warnung

Noch vor kurzem betonten Google-Chefs wie Sundar Pichai (53), das Web sei lebendig und wachse weiter. Der Satz aus der Gerichtsakte klingt hingegen völlig anders. Dabei dürfte dieser Widerspruch kein Zufall sein: Während Google in der Öffentlichkeit Optimismus versprüht, malt der Konzern vor Behörden und Richtern ein düsteres Bild - wohl auch, um sich gegen die Zerschlagung seines Werbegeschäfts zu verteidigen.

Denn bei Google betont man, nicht vom Ende des gesamten Internets zu sprechen, sondern präziser vom Rückgang der Werbung auf frei zugänglichen Seiten, dem sogenannten "open-web display advertising". Genau dieses Modell hat unzählige Blogs, Nachrichtenportale und Fachseiten finanziert. Doch je mehr Antworten Google und andere Plattformen direkt selbst liefern, desto weniger klicken Nutzer auf externe Websites. Für viele Publisher ist das ein herber Schlag.

KI verändert das Spiel

Mit den neuen "AI Overviews" zeigt Google Antworten direkt über den Suchergebnissen. Für Nutzer praktisch, für Verlage fatal: Sie bekommen weniger Besucher, weniger Aufmerksamkeit, weniger Einnahmen. "Zero-Click Searches" heißen diese Sucherlebnisse, bei denen niemand mehr eine Website besucht. Genau dieser Trend treibt die Sorge vor dem Ende des offenen Internets.

In sozialen Netzwerken sorgte Googles Formulierung für heftige Diskussionen. Meint der Konzern das große Ganze oder nur sein eigenes Werbegeschäft? Tatsächlich änderte Google nachträglich einige Stellen in den Dokumenten: Statt "open web" heißt es nun "open-web display advertising". Juristisch mag das ein Unterschied sein - für Publisher, die ihre Reichweite verlieren, nicht.

Wer profitiert, wer verliert?

Gewinner sind Plattformen, die Nutzer länger im eigenen Ökosystem halten: Google, Meta, TikTok. Sie bündeln Inhalte, zeigen eigene Antworten und kassieren Werbegeld.

Verlierer sind die, die das offene Internet einst groß machten: unabhängige Medien, Fachblogs, kleine Webseiten. Sie kämpfen mit sinkendem Traffic und immer unsichereren Einnahmen.

Hinzu kommt die politische Ebene: Nationale Regeln, Uploadfilter, Datenkontrollen. Das Netz wird nicht nur von Konzernen, sondern auch von Staaten fragmentiert. Statt einer offenen, freien Welt droht ein Flickenteppich aus abgeschlossenen Plattformen und regulierten Teilräumen.

Ende oder Chance für einen Neuanfang?

Ist das offene Internet also verloren? Noch nicht. Regulierung mit Weitsicht könnte Plattformen zu mehr Transparenz und Fairness zwingen. Verlage finden bereits neue Modelle, etwa über Abos oder direkte Leserunterstützung. Und auch Nutzer selbst können entscheiden, ob sie Informationen lieber direkt aus Plattformantworten ziehen oder weiterhin Vielfalt im Netz suchen.

Googles Aussage war kein Zufall, sondern ein Signal. Sie zeigt, dass das Modell, auf dem das offene Web jahrzehntelang basierte, in Schieflage geraten ist. Ob daraus ein langsamer Abgesang oder ein mutiger Neuanfang wird, hängt nicht nur von Google ab, sondern auch von Politik, Medien - und natürlich den Nutzern.

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