Dieser Artikel stammt aus dem stern-Archiv und wurde erstmals im März 2024 veröffentlicht.
Schon in der Grundschule setzte sich Franziska Setare Koohestani mit ihrer Körperbehaarung und deren Entfernung auseinander. Lange hinterfragte sie diesen Umstand nicht – bis sie bei einem Festival in Frankreich auf Frauen traf, die ihre Körperbehaarung ungestutzt und selbstbewusst trugen. In ihrem Buch "Hairy Queen: Warum Körperbehaarung politisch ist" erklärt sie, was Körperhaare mit Diskriminierung, Migration und Schönheitsnormen zu tun haben. Im Gespräch mit dem stern spricht sie über unsere gesellschaftliche Obsession mit Glattheit, rasierte Feministinnen und ihre Suche nach sozialer Anerkennung.
Warum sind wir Menschen so besessen davon, unsere Körperhaare loszuwerden und sie zu entfernen?
Der Philosoph Byung-Chul Han führt die Obsession mit Glattheit auf die "heutige Positivgesellschaft zurück", die gleichermaßen auf glatte Oberflächen von Smartphones wie glatte Körper versessen sei. Das stehe sehr im Zeichen der Zeit, weil Schönheit heutzutage gefallen und nicht wie früher erschüttern soll. Haarentfernungspraktiken gibt es zwar schon so lange, wie man die Menschheitsgeschichte zurückverfolgen kann. Schon in der Steinzeit wurde Haarentfernung mit scharfkantigen Muscheln betrieben. Zur Norm wurde sie aber erst später. Eine zentrale Rolle spielten dabei die Rassentheorie und das evolutionäre Denken des späten 19. Jahrhunderts, als starke Körperbehaarung mit einer "primitiven Abstammung" und Affenähnlichkeit assoziiert wurde. Diese Assoziation diente dazu, Ausbeutung, Unterdrückung und Kolonialisierung zu legitimieren. Zu der Zeit etablierte sich auch die Vorstellung, dass Haarlosigkeit etwas mit Schönheit zu tun hat, vor allem ausgehend von westlichen Ländern – als eurozentrische Schönheitsnorm und Abgrenzung von nicht weißen Menschengruppen.
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