Nach dem Erfolg, den Mascha Schilinskis „In die Sonne schauen“ bei den Filmfestspielen in Cannes feierte – das Drama gewann den Preis der Jury – war es kaum vorstellbar, dass ihr Film nicht der deutsche Kandidat für die Oscars werden würde. So ist es nun auch gekommen: Eine neunköpfige Jury bestimmte „Sonne“ als den Film, der Deutschland im Rennen um die Auslands-Oscars vertreten wird. Die Nominierungen werden am 22. Januar bekannt gegeben, Oscar-Nacht ist am 15. März.

So klar die Entscheidung von der filmischen Qualität her ausfiel, so wenig selbstverständlich war sie. Denn bei der Oscar-Nominierung spielt ein anderer Faktor auch eine wesentliche Rolle: Die Experten-Jury bei der Filmexportorganisation „German Films“ müssen immer versuchen, sich in die Haut der Oscar-Wähler zu versetzen – und die sind zu 80 Prozent Amerikaner, die für europäische Autorenfilme manchmal wenig übrighaben. Und „Sonne“ ist ein Autorenfilm par excellence, der seinen Zuschauern vor allem in der ersten halben Stunde einiges abverlangt; man muss erst einmal die vier verschiedenen Zeitebenen erkennen und herausfinden, wie die Frauengeschichten zusammengehören. Schilinskis Film kommt am 28. August in die deutschen Kinos.

Man kann ein Vierteljahrhundert zurückgehen und wird keinen derart assoziativ erzählten Film unter den deutschen Oscar-Anmeldungen finden; einen Film, den man – so Schilinski – mehr erfühlen als verstehen soll. Macht man die Probe bei den Filmen, die tatsächlich den Internationalen Oscar gewonnen haben, wird man ebenfalls kaum fündig.

„Zone of Interest“ ist formal höchst eigenwillig, „La Grande Bellezza“ könnte einem noch in den Sinn kommen – aber auch in dieser Hinsicht ist Schilinskis Film ziemlich einmalig. Nun sind die Zeiten vorbei, in denen sich die Oscar-Wähler aus Deutschland nur für Filme über Nazis und die DDR interessiert haben, was auch daran liegt, dass der Anteil der Wähler, die nicht aus Amerika stammen, sich in den letzten zehn Jahren erheblich erhöht hat – aber ein mutiges Votum ist die Entscheidung trotzdem, die jetzt in München fiel.

Wäre die Jury auf Nummer sicher gegangen, hätte sie Andres Veiels „Riefenstahl“ ins Rennen geschickt oder Fatih Akins „Amrum“ oder sogar Dennis Gansels (Anti)kriegsfilm „Tiger“ über eine deutsche Panzerbesatzung im Zweiten Weltkrieg.

Über die Konkurrenz in der internationalen Kategorie ist noch nicht sehr viel bekannt; viele Länder müssen erst noch nominieren. Die Schweiz hat „Heldin“ mit Leonie Benesch ins Rennen geschickt, der palästinensische Beitrag „Palestine 36“ dürfte eine Rolle spielen, und „The Secret Agent“ aus Brasilien könnte weit vorne landen; Brasilien muss ihn allerdings erst noch nominieren.

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