Ich war schon immer im Team Mäuse. Als Junge teilte ich mein Kinderzimmer mit rund 40 Farbmäusen, ich hielt sie in Käfigen und großen Waschkörben, bis meine Mutter einschritt. Und damit endete auch schon meine Tierliebe. Hunde fand ich so verfilzt, verzeckt und verpinkelt, dass sie in mir nur ein Bedürfnis weckten: schnell die Hände waschen. Bis dann vor einigen Jahren meine Tochter mit einem sehr süßen, kleinen Pudel in meine Wohnung spazierte. Johnny pinkelte an die Gardine zur Gartentür und ich war im Team Hunde.
Aber Katzen, das wusste ich, würden mich niemals kriegen.
Man muss sich nur anschauen, was Katzen aus uns Menschen machen. Zwei Milliarden Mal wurden auf allein auf YouTube Katzenvideos geklickt, und das ist der Stand 2018, vermutlich hat man das Zählen danach aufgegeben. Es ist einfach zu hart, womit man sich beim "Cat Content", wie diese Sparte des Internets heißt, befassen muss: mehr als zwei Millionen Videos, in denen sie auf Klobrillen klettern, von Sofas fallen, gähnen, schlafen oder schlecht gelaunt gucken. Sobald eine Katze auftaucht, opfern Menschen ihre Würde und ihren Verstand. Wie im Fall "Nora".
Klavier spielende Katzen – euer Ernst?
Nora drückte in einem Film die Tasten eines Klaviers und wurde zur weltweit anerkannten Pianistin, mit CD-Veröffentlichungen und eigens für sie komponierten Konzerten. Ein Kritiker der Londoner "Times" feierte ihren Stil als Mix aus "Philip Glass und Free Jazz". Was haben wir im Team Mäuse darüber gelacht!
Doch dann besuchte ich vor drei Jahren meine Freundin in Kenia. Wir wohnten bei Freunden am Meer, die beide große Katzenliebhaber sind. Mehr als ein Dutzend Tiere lebten auf ihrem Grundstück, und wann immer sich im Dorf ein verlorenes oder krankes Kätzchen fand, es landete mit Sicherheit auf ihrer Schwelle. Trotzdem: Katzen würden mich niemals kriegen, erklärte ich meiner Freundin eines Abends vor dem Schlafen. Da beschloss Gott, die wahrscheinlich eine Katze ist, mir eine Lehre zu erteilen.
"Die Katze übernehme ich"
Am nächsten Morgen kam meine Freundin vom Joggen zurück. Mit einer Handvoll Katze. Sie hatte das schreiende, mickrige Ding an einer Straße gefunden, von der Mutter verlassen. Mit fachkundigem Blick schätzten unsere Gastgeber ihr Alter auf zwei, drei Wochen und stellten uns Quark, Joghurt, Milch, Milchpulver und eine Kinderspritze hin, um das Kätzchen zu befüllen. Meine Freundin wollte danach greifen. Ich sagte: "Die Katze übernehme ich."

Die nächste Woche hatte sie nicht viel von mir oder dem Kätzchen, das wir Emily tauften. Ich fütterte Millie fünfmal am Tag und variierte dabei die Zusammensetzung von Quark, Milchpulver und Flüssigkeit, bis ihre Mahlzeiten die optimale Sämigkeit hatten. Anfangs stellte die Fellpflege noch ein Problem dar, ich überlegte kurz, Emily zu lecken. Aber meine Zunge war einfach zu groß.
Stattdessen entwickelte ich zur Reinigung und Bauchmassage ein Vier-Finger-System mit angefeuchteten Fingerkuppen. Nachts schlief Millie auf meinem Brustkorb, den sie auch als Kratzbaum nutzte. Tags führte ich sie an der frischen Luft spazieren, auf ein Tüchlein gebettet und an meine Brust gedrückt. Am Strand sah man uns nur mit Regenschirm, den ich aufspannte, um Millie Schatten zu spenden.
Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgte ich Millies Verdauung. Am dritten Tag war immer noch nichts gekommen, und Millie glich mehr und mehr einem aufgeblasenen Spülhandschuh. Die Katzenseiten im Netz wussten bloß eine Hilfe: Katheter. Klar, dass nur ich dieser Aufgabe gewachsen war. Die behutsamen Injektionen von Olivenöl vorne und hinten führten zu einem Bombenerfolg, und eine Stunde später wusste jeder im Umkreis von 100 Palmen von der schönen Neuigkeit. Beim gemeinsamen Abendessen erzählte ich es allen noch mal.
Unerwarteter Besuch
Wir konnten Millie leider nicht mit nach Deutschland nehmen, aber bei unseren Freunden wussten wir sie in besten Händen. Ein Jahr später hat sie mich nicht wiedererkannt. Ich sehe dafür deutlich mehr Katzen als früher oder nehme sie überhaupt erst wahr. Neulich lief eine Katze nachts durch die offene Gartentür in meine Wohnung und setzte sich dreist auf mich, während ich schlief. Ich erwachte irgendwann vom Gewicht, mit einem fetten Siamkater auf der Brust, der mich aus schwarzen Augen anglotzte und im Dauerton schnurrte. Statt mich zu erschrecken, fühlte ich mich geschmeichelt und sogar auserwählt. Das können nur Katzen.
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