Der kleine blaue Richard Wagner von Ottmar Hörl an der Verehrungsstätte im Garten ist geputzt, die Festspielsaison kann kommen. Doch was wird das für ein Bayreuth in diesem Jahr? Freuen sich nicht alle ohnehin mehr auf das kommende Jahr als auf diese Saison?

Natürlich! Im kommenden Jahr feiern die Bayreuther Festspiele ihr 150. Jubiläum. Das ist eine echt große Sache. Leider nicht ganz so groß wie die Leiterin Katharina Wagner es angehen wollte, weil die Pfeffersäcke nicht genügend Geld locker gemacht haben. So werden 2026 nicht alle Hauptwerke plus als Premiere das Frühwerk „Rienzi“ aufgeführt werden. Der kommt zwar, aber dazu nur die Wiederaufnahme von Dmitri Tcherniakov düsterem „Holländer“-Krimi, der Argumented-Reality-„Parsifal“ von Jay Scheib. Und ein neuer „Ring“.

Das ist doch die Frage aller Fragen: Wer macht den Jubiläumsring?

Antwort von Radio Huthistan: Würde ich es nicht wissen, müsste ich spekulieren. Würde ich es wissen, müsste ich schweigen, weil ich sonst auf dem Hügel nicht mal mehr Karten für ein Marionettentheater bekommen würde. Also sage ich mal so: Es wird ganz anders, als alle denken. Es wird großartig und spektakulär. Und: Der 150er-„Ring“ wird sich in keiner Weise mit Patrice Chéreaus Jahrhundertring vor 50 Jahren messen wollen, was schon mal sehr klug ist. Schrieb ich schon, dass es ganz anders wird, als alle denken?

Wer dirigiert? Das wird doch sicher dieses Jahr verkündet?

Und alle werden jubeln.

Aber was hat denn nun Premiere?

„Die Meistersinger“ – erste Inszenierung seit Barrie Koskys „Wie viel Wagners bekomme ich wohl auf eine Bühne?“-Interpretation, die 2021 zuletzt aufgeführt wurde. Die Regie hat Matthias Davids, und da beginnt es spannend zu werden: Der Mann kommt aus dem ambitionierten Musical-Bereich (kleiner Gag) und hat schon „Le Miz“ (Patrick Bateman), „Die Hexen von Eastwick“ und „Robin Hood“ verantwortet – und da sah es zuweilen durchaus nach großer Oper aus. Ihn mit den nicht unproblematischen „Meistersingern“ zu beauftragen, ist mutig – und könnte zu einem interessanten Gegenmodell zu Kosky führen. Oder in die Strumpfhose gehen. Man wird sehen.

Und wer gibt den Takt?

Das Dirigat liegt bei einem Bayreuth-Rückkehrer: Daniele Gatti hatte schon im Herheim-„Parzival“ von 2008 bis 2011 die musikalische Verantwortung. Sichere Bank!

Und wer singt?

Fast das komplette Rat-Pack der letzten Jahre ist wieder an Bord. Georg Zeppenfeld, Klaus Florian Vogt, Catherine Foster, Ólafur Sigurdarson, Andreas Schager, Camilla Nylund, Tomasz Konieczny. Held der Arbeit der Saison ist Michael Spyres, der sowohl Stolzing als auch Siegmund singt.

Ach, Siegmund aus dem blöden „Ring“ von Valentin Schwarz?

Ich werde Schwarzens „Ring“ bis zu meinem letzten Tag auf diesem Erdenrund verteidigen! Eine einzige unbedachte Bemerkung in einem Interview in der Vorbereitung, in der der Regisseur sagte, er hätte die Opernreihe so angelegt wie eine „Netflix“-Serie, war für die Fell-und-Hörnchenhelm-Fraktion der Wagnerianer (die ja keine Wagneristen im Sinne von George Bernard Shaw sind!) ein gefundenes Fressen. Der intelligente, witzige, anspielungsreiche „Ring“ hatte verloren, bevor das Vorspiel zum „Rheingold“ begonnen hatte. Eines der großen Bayreuther Missverständnisse, in diesem Jahr zum letzten Mal live zum Ausbuhen, wenn man denn auf solcherlei Zeugnis seiner Brettvormkopfigkeit steht. Ich verneige mich zum Abschied vor Schwarz und seinem Team.

Was wird der Festspielhöhepunkt?

Der blaue „Lohengrin“ von Yuval Sharon erhebt sich (vielleicht) ein letztes Mal in all seiner optischen Pracht – aber die wird locker übertroffen von Christian Thielemanns Dirigat. Im vergangenen Jahr war das ein spirituelles Erlebnis, wie man es selten erlebt. Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, dass das dieses Jahr anders sein sollte.

Und was gibt’s Neues?

Ja, das ist so eine Sache. Ich bin ja für jeden Schabernack zu haben, aber dann tauchte im Programm etwas auf, dass bei mir natürlich alle Spottzellen im Hirn in Alarmzustand versetzte. Das Ganze heißt „Atmen und Lauschen“, und ich zitiere einfach mal das Programm: „Fünf Gestalten tanzen, sprechen, singen unter ihr“ (gemeint ist eine „Brücke bei Nacht“). „Sie erzählen ihre Geschichten – wahr und erfunden – und erforschen gemeinsam ihre Sehnsüchte. Ausgehend von Richard Wagners Tristan und Isolde erkunden drei Tänzerinnen, eine Sängerin und ein Sprecher die Themen Körper, Intimität und den Wunsch nach Verbundenheit. Unter der Hochbrücke Bayreuth entsteht eine 60-minütige Performance, in der verschiedene Stimmen ein vielschichtiges Geflecht um eine zeitgenössische Praxis des Begehrens weben.“

Sie verstehen, was ich meine, oder? Aber: Bayreuth ist Bayreuth, und ich finde garantiert in allem, was in Bayreuth passiert, etwas Wunderbares!

Gedanklich deutlich zugänglicher ist das zweite Novum: Das „Chor-Open-Air“ im Festspielpark, im Marketingdeutsch würde man sagen, eine Produktverlängerung der seit Jahren beliebten Open Airs, die es in diesem Jahr auch wieder gibt. Mit All Stars und Axel Brüggemann als Moderator.

Gibt es dieses Jahr wieder einen WELT-Live-Ticker?

Ja. Ich bin ab dem 24. Juni vor Ort – leider in diesem Jahr nur bis zum 27. Juli.

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