Der Spielplatz ist – wie der Kindergarten – eine deutsche Erfindung, die die ganze Welt erobert hat. Je nach Quellenlage und Interpretation dessen, was eigentlich ein Spielplatz ist, sollen die ersten Spielplätze entweder um 1850 im Berliner Volkspark Friedrichshain oder 1870 in Leipzig am Louise-Otto-Peters-Platz angelegt worden sein. Auch in Wien gab es damals schon entsprechende Anlagen.

Zugrunde lag der Erfindung die Idee, dass den Kindern in den immer enger bewohnten und von der Industrialisierung unwirtlich gemachten Städten Schutzräume zur Verfügung gestellt werden müssten, in denen sie sich austoben und ihre motorischen und sozialen Fähigkeiten entwickeln können.

Nach mehr als 150 Jahren sind diese Schutzräume weltweit bedroht. In den USA verschwinden sie immer mehr, weil Kommunen und andere Spielplatzbetreiber sich vor landestypischen Millionenklagen fürchten, wenn eines der Kinder sich auf den Geräten einen Zahn abbricht. Ebenfalls landestypisch ist die Begründung, mit der Spielplätze jetzt in der Stadt Köln verschwinden – zwar nicht physisch (die Flächen bleiben erhalten), aber als besondere Orte, die idealerweise ausschließlich Kindern bis zum Alter von etwa 14 Jahren zur Verfügung stehen.

In der entsprechenden Mitteilung an den Kölner Jugendhilfeausschuss teilt die Verwaltung mit, man werde den Begriff „Spielplatz“ vom Herbst an nicht mehr verwenden und im offiziellen Sprachgebrauch durch „Spiel- und Aktionsfläche“ ersetzen. Zur Begründung heißt es, man habe auf den Begriff „Spielplatz“ verzichtet, weil der als zu stark eingrenzend verstanden werden könne. Das berichtete zuerst der „Kölner Stadtanzeiger“.

In der Tat ist die Bezeichnung „Spielplatz“ eingrenzend. Genau das ist ihr Sinn seit dem 19. Jahrhundert. Es sollen Orte des Kinderspiels sein und nicht des Kotens, des Hundeauslaufs, des Rauchens, des Drogenkonsums, des Feierabendbierchentrinkens und des Sich-die-Fresse-Polierens.

All das sind die Spielplätze tatsächlich in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr geworden. Wer „Spielplatz“ und „Schlägerei“ googelt, findet Artikel über einschlägige Ereignisse – gerade im Juni wieder in Berlin und Schwerin –, bei denen die berühmten „Gruppen“ oder „Großfamilien“ auf Spielplätzen Konflikte handgreiflich austrugen. Manchmal wird dabei auch ein Messer gezogen.

Unterhalb der Massenschlägereischwelle tragen auch andere ihren Teil zur Spielplatzverwahrlosung bei. Der Öko-Vater in Prenzlauer Berg, der nichts dabei findet, seine Kippe im Sand auszudrücken. Seine Frau, die ihr Kind in das Gebüsch pullern lässt, in dem andere Kinder dann wieder spielen. Der Hundebesitzer, der meint, ein Spielplatz wäre genau der richtige Ort, um seinen Fiffi mal von der ohnehin schon fünf Meter langen Teleskopleine zu lassen. Teenagerkinder, die sich dort zum Trinken treffen. Das vögelnde Pärchen auf der Schaukel. Die Junkies, denen sowieso alles egal ist.

Das alles sollte aber kein Grund sein, den Spielplatz jetzt amtlich für alle Altersklassen und Arten von „Aktionen“ auch offiziell freizugeben und die grimme Realität als unveränderlich hinzunehmen. Es ist vielmehr ein Anlass, die Spielplätze zu verteidigen und sie mit ein bisschen mehr streng durchgesetzter Verbotskultur für diejenigen zu bewahren, die sie am dringendsten brauchen.

Es ist paradox: Überall fordert der Zeitgeist „Schutzräume“ und „Safe Spaces“ für gefährdete Gruppen, aber für Kinder werden sie aufgegeben. Verzweifelt überlegen sich Eltern Strategien, wie sie in der digitalen Welt ihre Kinder vor Zugriffen Älterer abschirmen können – und ausgerechnet in der Realität schleift man die Barrieren im Namen eines „erweiterten Inklusionsgedankens“ und der „Vielfalt“ (so lauten Formulierungen der aus dem Beschluss zitierenden Kölner Lokalmedien).

Warum nicht „Hundeklo“ oder „Gruppenübungsplatz“?

Für die 700 neuen Schilder habe man, so heißt es dort, bewusst Darstellungen von Nutzern ausgewählt, die „keine beziehungsweise kaum Rückschlüsse auf das Alter der Personen, aber vor allem auch auf kulturellen Hintergrund und Nationalität oder eventuelle Beeinträchtigungen zulassen.“ Das liest sich, als hätten Menschen mit Migrationshintergrund die bisherigen Schilder und das Wort „Spielplatz“ so verstanden, als wäre dieser Ort nur für Herkunftsdeutsche erlaubt.

Ehrlicher wäre es allerdings gewesen, die gute alte Bezeichnung durch ein Wort zu ersetzen, das die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten jenseits des bloßen Kinderspiels klar andeutet. „Hundeklo“ oder „Spritzensammelstelle“ hätten sich ebenso angeboten wie „Riesenaschenbecher“ oder „Altglasabwurfziel“. Das alles ist aber zu stark eingrenzend und deutet nicht die ganze Bandbreite der Möglichkeiten an. „Willkommenskultur-Erlebnisfläche“ wäre allerdings arg lang und bürokratisch. Aber „Gruppenübungsplatz“ träfe die neue Realität doch ganz gut.

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