Seit 40 Jahren führt Boris Becker ein Leben vor den Augen der Öffentlichkeit. Eine Doku von 2017 räumt mit einem grundlegenden Missverständnis auf.

Er ist noch immer der jüngste Wimbledonsieger aller Zeiten, konnte das Tennisturnier als erster Deutscher gewinnen und zählt zu den größten Sportlegenden, die das Land je hervorgebracht hat: Seit Boris Becker vor mehr als 30 Jahren seinen Matchball gegen Kevin Curren verwandelte und Wimbledon gewann, lebt er unter den Augen der Öffentlichkeit. Seither glaubt fast jeder, den gebürtigen Leimener zu kennen. Doch wer ist Boris Becker wirklich?

Die 2017 erstmals ausgestrahlte Dokumentation "Boris Becker - Der Spieler" von Hanns-Bruno Kammertöns und Michael Wech wirft einen Blick auf den Menschen hinter dem Sportstar. Und ließ dabei noch einmal alle Stationen seines Aufstiegs Revue passieren. Egal wie man das Leben betrachtet, der 7. Juli 1985 bleibt das entscheidende Datum. Der Tag, an dem aus einem jungen Tennisspieler ein Volksheld wurde. Oder wie es sein langjähriger Manager Ion Tiriac sagt: "Boris Becker wurde nicht in Leimen geboren. Boris Becker wurde in London geboren. An diesem Tag. Und ganz Deutschland hat ihn adoptiert." Keiner hat jedoch gefragt, ob er das will.

Alle wollen "Bobbele"

Es folgt eine in Deutschland an Hysterie grenzende Begeisterung, eine "Beckermania", er ist plötzlich unser aller "Bobbele". Der gerade 17-Jährige erlebt einen rasanten Aufstieg. Besucht den Papst, den Kanzler, den Bundespräsidenten, sogar Lady Di empfängt ihn. Sein Gesicht taucht im Fernsehen öfter auf als das von US-Präsident Ronald Reagan. 

Doch in dieser Zeit kommt es zu einem großen Missverständnis, das Becker bis heute belastet. Der Film zeigt dessen Entstehen unmittelbar nach dem Wimbledon-Triumph 1985. Becker wird von dem Bürgermeister seiner Heimatstadt Leimen empfangen. Der ruft auf dem Balkon des Rathauses: "Wir haben für Sie gezittert. Und Sie haben dann für uns gesiegt."

Es ist genau diese Vereinnahmung, die Boris Becker heute vehement von sich weist: "Da ist ein Missverständnis entstanden. Bis heute. Dass ich für das Land, für Deutschland gewonnen habe oder zumindest zu spielen habe." An anderer Stelle formuliert er es so: "Ich war noch nie euer Boris. Noch nie."

Boris Becker durfte nicht erwachsen werden

Doch er war noch zu jung, um sich gegen die Vereinnahmung zu wehren. Deutschland war wie im Rausch, verschlang den Tennisstar buchstäblich. Für viele blieb er der Bub aus Leimen, man gestand ihm nicht zu, erwachsen zu werden. Daraus folgen alle weiteren Missverständnisse - bis zum heutigen Tage. So sehr sich die Nation an den vielen sportlichen Erfolgen ergötzt hat, die hier noch einmal nachgezeichnet werden, so interessiert haben die Menschen die seit Sommer 2017 kursierenden Berichte über Beckers finanzielle Probleme verfolgt.

TV-Doku "Boris Becker - Der Spieler" Darum hätte es mit Wimbledon beinahe nicht geklappt: 5 Fakten über Boris

Auch dazu nimmt Becker in der Doku Stellung. Und bleibt seiner in Zeitungsinterviews verfolgten Strategie, die Probleme herunterzuspielen, treu. "Ich bin zahlungsfähig. Ich bin nicht pleite. Mein Leben geht normal weiter", rattert er gebetsmühlenartig herunter. Es kam bekanntlich anders.

"Das war Rufmord"

"Boris Becker - Der Spieler" lässt erahnen, wie sehr die vielen Medienberichte und das öffentliche Interesse an seiner finanziellen Situation die Familie belastet haben. Der Ex-Tennisprofi versteht das als Kriegserklärung: "Das war Rufmord. Das war versuchter Totschlag. Es geht darum, einen Menschen und sein Lebenswerk kaputt zu machen." Die Familie reagiert trotzig und mit martialischer Rhetorik: "Wenn die Familie attackiert wird, zieht man in den Krieg", sagt Lilly, damals noch die Frau an seiner Seite. Boris formuliert es so: "We against the World."

Bei all dem ist Boris Becker aber nicht verbittert geworden, sondern im Herzen ein friedliebender Mensch geblieben. Und so ruft er all den Deutschen, die noch immer an seinem Schicksal Anteil nehmen, zu: "Ihr müsst euch keine Sorgen machen. Mir geht es gut. Ich bin erwachsen."

Die Doku "Boris Becker - Der Spieler" ist bei Amazon Prime abrufbar.

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