Als Danny Boyles "28 Days later" 2002 in die Kinos kommt, schreibt er Zombie-Filmgeschichte neu. Seither haben infizierte Untote eine andere Qualität, wo immer sie auftauchen. 18 Jahre nach Teil zwei erscheint nun mit "28 Years later" eine weitere Fortsetzung. Der Beginn einer Trilogie.
23 Jahre ist es her, dass mit "28 Days later" der erste Film der sich nun quasi zu einer Pentalogie ausbreitenden Horrorfilmreihe von Regisseur Danny Boyle und Autor Alex Garland in die Kinos kam. In der Hauptrolle der damals noch weitgehend unbekannte Ire Cillian Murphy. Der Film setzte nach den schwerfälligen Zombies von Vorreitern wie George A. Romero in Sachen Angriffslust der Untoten neue Maßstäbe.
"28 Weeks later" setzte das blutige Spektakel um die mit dem Rage-Virus Infizierten 2007 fort, ehe es still um die Zombies auf Speed wurde, deren Abziehbilder sich aber weiterhin in diversen anderen Film- und Serien-Produktionen austobten. Fans der "28 Originals" müssen nun nicht weitere fünf Jahre warten, um zu erfahren, wie die Welt "28 Years later", also 28 Jahre nach Ausbruch des Virus, aussieht. Die Antwort darauf gibt es jetzt im Kino.
Los geht es mit einer Rückblende. Verängstigte Kinderaugen starren auf einen Fernsehbildschirm, auf dem die Teletubbies vermeintlich gute Laune verbreiten. Der Blick der Kids könnte zwar auch dem verstörenden Agieren von Tinky-Winky, Dipsy, Laa-Laa und Po geschuldet sein, doch lassen die Geräusche vor der Tür bereits erahnen, dass das Ende dieser unschuldigen Seelen naht. Wenig später richten die eindringenden Rage-Infizierten ein regelrechtes Blutbad an. Nur ein Junge entkommt, den wir - ohne spoilern zu wollen - erst sehr spät und in Ankündigung des nächsten Teils der Reihe wiedersehen.
Der etwas andere Brexit
Jetzt aber befinden wir uns erst mal auf der Insel Lindisfarne und damit unweit des britischen Festlandes, welches seit 28 Jahren unter Quarantäne steht. Dem Rest Europas und der Welt ist es durch die Abspaltung der Briten gelungen, das Virus einzudämmen. Eine tolle Referenz auf den Brexit, auch wenn es in Wirklichkeit nicht-infizierte Briten waren, die keinen Bock mehr auf Europa hatten.
Während in Großbritannien also weiter Infizierte ihr Unwesen treiben, herrschen auf Lindisfarne Frieden und Lebensumstände wie im Mittelalter. Alles mussten sich die Überlebenden neu aufbauen und selbst erarbeiten. Und so führen sie innerhalb der Mauern, die die Insel umgeben, ein beinahe sorgloses Leben. Beinahe, denn der zwölfjährige Spike (Alfie Williams) sorgt sich schon, und zwar um seine kranke Mutter Isla (Jodie Comer), um die er sich gemeinsam mit seinem Vater Jamie (Aaron Taylor-Johnson) kümmert.
James will mit seinem Sohn entgegen dem Rat der Dorfälteren einen ersten lehrreichen Ausflug aufs Festland unternehmen, der dem Jungen zeigen soll, wie die Welt da draußen aussieht. Dafür müssen die zwei nicht nur sprichwörtlich einen steinigen Weg beschreiten, der lediglich bei Ebbe sicht- und begehbar ist. Die postapokalyptische Welt hat eine fantastische Natur zu bieten, aber auch mutierte Infizierte. Die sogenannten Slow-lows sind stark mehrgewichtig und robben über den Boden, wo sie sich in Ermangelung von Alternativen von Würmern und ähnlichem Gekreuch ernähren. Die anderen sind die Alphas, deren Anführer stark an einen nackten, schmutzigen und sehr unfreundlichen Jason Mamoa erinnert. Sie haben in Sachen Kraft, Schnelligkeit und Widerstandsfähigkeit noch mal eine Schippe draufgelegt und lehren nun auch James und Spike das Fürchten und das Flüchten.
Coming-of-Age unter Rasenden
Zwar kehren Vater und Sohn einigermaßen unbeschadet auf die Insel zurück, dennoch ist wenig später nichts mehr, wie es war. Spike erfährt dank des eindringlichen Vater-Sohn-Ausflugs von einem vermeintlich verrückten Arzt, der auf dem Festland lebt und die einzige Chance seiner Mutter auf Heilung sein könnte. Da sich James nicht gerade wie ein vorbildlicher Ehemann verhält, macht sich sein von ihm enttäuschter Spross nun mit der verwirrten Isla im Schlepptau unerlaubterweise auf den Weg aufs Festland, um Dr. Kelzo (Ralph Fiennes) aufzusuchen.
Und so teilt sich "28 Years Later" in zwei Hälften - die von Spike und seinem Vater und die von Spike und seiner Mutter. Der Film wird vom klassischen Survival-Horror zu einer Coming-of-Age-Geschichte mit Zombie-Elementen, vom blutigen Massaker zum teils rührseligen Familienstück mit Endzeitstimmung. Eine junge Figur in einem solchen Setting zu platzieren, hat schon mit Carl in "The Walking Dead" und Elli in "The Last of Us" gut funktioniert. Und was Nachwuchsstar Alfie Williams abliefert, ist wirklich fantastisch.
Immer wieder blitzt das durch, wofür die Briten seit jeher bekannt sind: schwarzer Humor, der für diverse Lacher während der Vorführung sorgte. Auch der körnige Look der Kampfszenen - hergestellt durch Drohnenaufnahmen und die Arbeit mit mehreren iPhones - zeigt, dass Danny Boyle als Regisseur noch immer Ambitionen hat und sich nicht etwa auf Bewährtem ausruht. Er findet Wege, die Geschichte der rasenden Untoten auf ein neues Level zu heben. Etwaige Plot-Holes und Ungereimtheiten sowie eine ordentliche Portion Kitsch überspielt das allerdings nur bedingt. Mystische Knochentürme und fast zärtliche Zombie-Baby-Rettungsaktionen inklusive, die nicht an einem gewissen Pathos und einigem Cringe missen lassen.
Prämierter Trailer schuf Vorfreude
Die Vorfreude auf dieses Sequel sowie die Erwartungen daran waren auch dank des vorab veröffentlichten und sogar prämierten Trailers groß. Wie oft hat man die besten Szenen in einem solchen Zusammenschnitt bereits gesehen und wird bei der kompletten Version des Films kaum mehr überrascht? Diesen Vorwurf kann man dem 115 Minuten langen Kino-Monster "28 Years later" aber nicht machen. Lobend erwähnt werden muss die Musik, die von der schottischen Band Young Fathers stammt und den Szenen, in denen es Gore-mäßig zur Sache geht, noch mehr Drive - oder besser Rage verpasst. Und die haben es dank der gewollten B-Movie-Ästhetik, rasant-rasender Schnitte und Kamerabewegungen sowie jeder Menge Kunstblut sowieso schon in sich. Kein Wunder also, dass der Film eine FSK 18 erhalten hat.
Der nächste Teil "28 Years later - The Bone Temple" ist übrigens bereits abgedreht und soll Mitte Januar 2026 in die Kinos kommen. Wann das Finale der Reihe ansteht, ist hingegen noch nicht bekannt. Offiziell zählen die ersten beiden Filme übrigens nicht zum großen Ganzen. Für Boyle und Garland bilden lediglich die neuen Ableger eine Trilogie und erzählen eine zusammenhängende Geschichte, auch wenn es ein Wiedersehen mit Cillian Murphy geben wird, dem dieses Mal immerhin mit einem ihm optisch ähnelnden Untoten gehuldigt wurde.
"28 Years later" läuft ab sofort in den deutschen Kinos.
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