Die Bundesregierung treibt die Verschärfung des Asylrechts weiter voran. So soll etwa die Einstufung sicherer Herkunftsstaaten erleichtert werden. Bundestag und Bundesrat müssen aber noch zustimmen.
Die Bundesregierung hat weitere Verschärfungen in der Migrationspolitik auf den Weg gebracht. Für schnellere Asylverfahren und leichtere Abschiebungen will sie künftig ohne Zustimmung der Bundesländer sogenannte sichere Herkunftsstaaten bestimmen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) beschloss das Bundeskabinett.
Das Gesetz muss aber noch durch Bundestag und Bundesrat. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten erweitern zu wollen, beginnend mit den Ländern Algerien, Indien, Marokko und Tunesien. Zudem vereinbarten die Koalitionspartner, die Einstufung dieser Staaten durch Rechtsverordnung zu ermöglichen. Dann verlören Bundestag und Bundesrat ihr Mitspracherecht. Opposition und Flüchtlingsorganisationen werfen der Regierung vor, die Bundesländer umgehen zu wollen.
Innenminister Dobrindt: Es geht um "Asylwende"
Bundesinnenminister Dobrindt sagte, der Schritt sei Teil eines ganzen Pakets "nationaler Maßnahmen (...), um die Asylwende durchzuführen".
In der vergangenen Woche hatte das Kabinett bereits die befristete Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge ohne Asylstatus sowie die Beendigung der sogenannten Turbo-Einbürgerung beschlossen. Dobrindt ordnete vor rund einem Monat zudem verschärfte Grenzkontrollen an.
"Es gab einen hinreißenden Wutanfall", Christoph Mestmacher, ARD Berlin, zur Kabinettsbestimmung "sicherer Herkunftsstaaten"
tagesschau24, 04.06.2025 11:00 UhrJuristen halten Neuregelung für wenig zielführend
Staaten können als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, wenn Menschen dort weder Verfolgung noch Gewalt drohen. In Einzelfällen ist es aber trotzdem möglich, Schutz zu gewähren. In der Vergangenheit war die Einstufung von Ländern wie Algerien, Marokko und Tunesien mitunter am Bundesrat gescheitert. Im Dezember 2023 wurden aber Georgien und die Republik Moldau in die Liste aufgenommen. Darauf stehen auch Ghana und der Senegal sowie die Westbalkanstaaten.
Etliche Juristen halten die geplante Neuregelung für wenig zielführend. Der Deutsche Anwaltverein kritisierte, dass die Asyl-Regeln unnötig verkompliziert würden. Weil sich der Gesetzentwurf nicht auf das Asylrecht im Grundgesetz, sondern auf EU-Recht beziehe, drohten in der Verwaltungspraxis und vor Gericht "unnötig komplexe Differenzierungen", warnte der Migrationsrechtsexperte des Vereins, Christoph Tometten. Dies werde gerade keine Beschleunigung von Verfahren bewirken.
Grüne erheben schwere Vorwürfe
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung als richtig. Das "Scheitern an den Grünen" im Bundesrat habe er bisher "bedauert", sagte er.
Die Grünen-Politikerin Filiz Polat warf der Bundesregierung hingegen vor, "an den Grundpfeilern unseres Rechtsstaatsprinzips" zu rütteln. "Die Einstufung sicherer Herkunftsstaaten ist kein Verwaltungsakt, sondern ein tiefgreifender Eingriff in individuelle Schutzrechte mit gravierenden Folgen für Geflüchtete", erklärte sie. Die Mitwirkung der Verfassungsorgane sei "kein lästiges Verfahren, sondern ein verfassungsrechtliches Gebot".
Kritik kommt auch von Pro Asyl
Das Grundgesetz sieht bei der Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten zwingend eine Beteiligung des Bundesrates vor. Eine EU-Richtlinie gestattet es den Mitgliedstaaten jedoch, Staaten auch per Verordnung als sicher einzustufen. Darauf beruft sich die Bundesregierung.
Pro Asyl nannte das Vorgehen von Union und SPD "undemokratisch und verfassungsrechtlich fragwürdig". Die rechtspolitische Sprecherin der Organisation, Wiebke Judith, sagte: "Die Bestimmung von angeblich sicheren Herkunfts- und Drittstaaten erschwert es gefährdeten Menschen, den ihnen eigentlich zustehenden Schutz zu bekommen."
Der Gesetzentwurf enthält zudem einen Abschnitt, nach dem in Verfahren zu Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam die Pflichtverteidigung durch einen Anwalt wieder abgeschafft werden soll. Sie war erst im vergangenen Jahr von der damaligen Ampel-Regierung eingeführt worden. Die Anhörungen in Abschiebehaft seien durch den Rechtsbeistand jedoch "zeitintensiver sowie komplexer" geworden, hieß es dazu im Entwurf für die Gesetzesänderung.
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