Nach zahlreichen Drohnensichtungen in Europa drückt die Bundesregierung bei Gegenmaßnahmen aufs Tempo. Innenminister Dobrindt stuft die Bedrohung als "hoch" ein und plant ein Drohnenabwehrzentrum.
Die Bundesregierung will ein Drohnenabwehrzentrum einrichten. Innenminister Alexander Dobrindt reagiert damit auf die zahlreichen Sichtungen von Flugkörpern unbekannter Herkunft. Der CSU-Politiker sagte, es gebe eine Bedrohung, die durchaus als "hoch" eingestuft werden könne.
Aufspüren, Abfangen und Abschießen seien die Grundlagen für die Drohnenabwehr. Sich neu aufzustellen, sei ein dringendes Projekt, erläuterte Dobrindt.
Kompetenzen bündeln
Das Drohnenabwehrzentrum soll nach seinen Worten die Kompetenzen von Bundespolizei, Bundeskriminalamt und den Polizeibehörden der Länder bündeln. Dobrindt sagte, er wolle Know-how zusammenbringen und neue Forschungsprojekte initiieren.
Der CSU-Politiker erklärte, man dürfe den technologischen Wettlauf zwischen Bedrohung und Abwehr nicht verlieren. Dobrindt verwies dabei auf eine Vielzahl unterschiedlicher Drohnenarten, die in den vergangenen Wochen in Teilen Deutschlands und in den Nachbarländern gesichtet wurden. Mehrere Drohnen waren etwa in der Nacht zu Freitag über Schleswig-Holstein gesichtet worden. Dobrindt sprach von "Drohnenschwärmen", die typischerweise bisher nicht so aufgetreten seien.
Neue Technik für den Kampf von Drohne gegen Drohne
Die Bekämpfung von Drohnen mit Netzen oder durch das sogenannte "Jammen" (Unterbrechen der Funksignale) habe beschränkte Wirkung, so Dobrindt. Der Innenminister setzt darauf, neue Technologien für den Kampf von Drohne gegen Drohne zu entwickeln: "Wir können nicht warten, bis andere das zur Verfügung stellen".
Das neue Drohnenabwehrzentrum ist nach den Worten des Innenministers der erste Teil einer Zwei-Säulen-Strategie. Als zweite Säule kündigte Dobrindt eine Neufassung des Luftsicherheitsgesetzes an, um rechtliche Grundlagen der Abwehrmaßnahmen zu regeln.
Bundeswehr soll im Drohnenkampf helfen
Kern der Reform sei, dass die Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe für die Polizei in die Drohnenabwehr mit einsteigen könne. Das umfasse auch den Abschuss der Flugobjekte. Die nötigen Vereinbarungen zwischen Innenministerium und Verteidigungsministerium sowie ein Gesetzentwurf sollen noch in diesem Herbst fertig werden.
Dobrindt machte deutlich, dass es in diesen Fällen nicht darum gehe, die Bundeswehr bei Drohnensichtungen spontan zur Hilfe zu holen. Vielmehr wolle er eine planbare Zusammenarbeit von Polizei und Bundeswehr fördern, um kritische Infrastruktur oder Veranstaltungen mit großen Menschenansammlungen zu schützen.
Dabei werde es im Einzelfall zu einer Gefahreneinschätzung kommen, führte Dobrindt aus. Das reine Überfliegen einer Drohne stelle keine Bedrohung dar.
Abschuss als letztes Mittel
Wie die Bild-Zeitung berichtet, soll ein Abschuss möglich sein, wenn von einer Drohne eine akute Gefahr für Menschenleben oder kritische Infrastrukturen ausgehe und andere Abwehrmaßnahmen nicht ausreichten. In solchen Krisenlagen solle die Entscheidungsgewalt beim Bundesverteidigungsministerium liegen.
Vor allem in Dänemark haben sich die Drohnen-Behinderungen in den vergangenen Tagen gehäuft. Der Betrieb von Flughäfen musste zeitweise eingestellt werden. Die dänischen Behörden schlossen einen Zusammenhang mit Provokationen aus Russland nicht aus.
Außenminister zurückhaltend zu Zuständigkeiten
Außenminister Johann Wadephul äußerte sich zurückhaltend zu den Plänen von Dobrindt. "Wir müssen jetzt die notwendigen rechtlichen und instrumentellen Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir derartige Dinge abwehren können", sagte der CDU-Politiker am Rande der UN-Vollversammlung in New York. Zur Rolle der Bundeswehr in einem solchen Szenario äußerte sich der Minister ausdrücklich nicht.
Innenminister Dobrindt "bereitet ja jetzt ein Gesetzgebungsverfahren vor, um die Eingriffsmöglichkeiten aller Sicherheitsbehörden, einschließlich insbesondere der Polizeibehörden, gesetzlich zu regeln", sagte Wadephul. Daran werde sich das Auswärtige Amt beteiligen. "Man wird dann im Einzelnen zu definieren haben, in wessen Zuständigkeit die Abwehr derartiger Drohnenflüge liegen wird", ergänzte er. "Das werden wir auch mit den Bundesländern intensiv besprechen müssen."
GdP-Chef: "Polizei befähigen und nicht auf Bundeswehr hoffen"
Die Gewerkschaft der Polizei lehnt Dobrindts Pläne ab. GdP-Chef Jochen Kopelke sagte dem Handelsblatt, es sei zwar gut, dass Dobrindt die Drohnenabwehr nun angehe. "Als Polizeiminister muss er aber seine Polizei befähigen und nicht auf die Bundeswehr hoffen, denn der Einsatz der Bundeswehr ist nur schwer und in wenigen Ausnahmen möglich." Die Polizei sei immer verfügbar, betonte Kopelke. Die Bundeswehr hingegen "hat viel zu lange Reaktionszeiten für diese spontanen Bedrohungen", kritisierte Kopelke. Statt auf eine "langwierige Amtshilfe" der Bundeswehr zu setzen, sei daher "sofort eine Rechtsgrundlage zum sofortigen Abschießen von Drohen für alle Vollzugsbehörden in Deutschland" erforderlich.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp (CDU), signalisierte dagegen Zustimmung zu Dobrindts Vorstoß. "Wir müssen in der Lage sein, solche Drohnen mit allen technischen Möglichkeiten bis hin zum Abschuss zu bekämpfen", sagte er der Rheinischen Post. Bisher seien zu viele Sicherheitsbehörden dafür zuständig.
Ivo Marusczyk, BR, tagesschau, 27.09.2025 06:28 UhrHaftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke