Das Kabinett hat beschlossen, dass Deutschland einen Nationalen Sicherheitsrat bekommen soll. Was soll dieser "Arbeitsmuskel" leisten? Wie viele Menschen arbeiten für ihn?

Dass diese Kabinettssitzung etwas Besonderes ist, lässt sich schon an der Örtlichkeit ablesen. Getagt wird heute im Verteidigungsministerium. Auf der Tagesordnung steht auch die Geschäftsordnung für den Nationalen Sicherheitsrat.

Ein Kabinettsausschuss, der die deutsche Sicherheitspolitik revolutionieren soll. Denn, so argumentierte Friedrich Merz noch als Kanzlerkandidat: "Die Strukturen aus den 1960er-Jahren sind nicht mehr leistungsfähig genug, um den komplexen Anforderungen unserer Zeit gerecht zu werden."

Dass ein Nationaler Sicherheitsrat helfen könnte, schneller reagieren und vorausschauender handeln zu können, davon ist die Politikwissenschaftlerin Christina Moritz schon lange überzeugt. Sie hat bereits vor mehr als 20 Jahren ein erstes Konzept vorgestellt. Dieses Mal sei es wirklich so weit, dass man die historische Chance ergreifen könne, sagt Moritz.

Stabstelle mit 13 Stellen

Zumindest erste Schritte sind gemacht. Im Kanzleramt wurde eine Stabstelle unter der Leitung von Merz' Büroleiter Jacob Schrot eingerichtet. Ausgestattet ist sie mit zunächst 13 Stellen. Sie soll die Schnittstelle zwischen dem eigentlichen Rat, den Ministerien, den Sicherheitsbehörden, den Ländern und externen Fachleuten bilden.

Diesem "Arbeitsmuskel", wie Christina Moritz die Stabstelle bildlich umschreibt, kommt in den theoretischen Überlegungen eine wesentliche Aufgabe zu. "Nämlich alle Informationen, die wir zivil und militärisch haben, zusammenzufassen und daraus ein tägliches Lagebild zu machen, auf dessen Grundlage man dann auch mittel- und langfristige Strategien ableiten kann", sagt Moritz.

In der Praxis ist das alles andere als einfach umzusetzen. Da reicht ein Blick auf die föderale Struktur, sagt der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz: "Mit der Bundespolizei, dem Bundeskriminalamt, 16 Landeskriminalämtern, 16 Landesämtern für Verfassungsschutz, dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem BND, dem Katastrophenschutz und dem BSI. Dann sehen Sie, sie haben knapp 40 Behörden, die für relevante Sicherheitsfragen zuständig sind."

Kompetenzgerangel beenden

Und das sind noch längst nicht alle. Es gibt deshalb eine Vielzahl von Lagebildern und Analysen. Wichtige Informationen erreichen nicht immer alle. Was in der Vergangenheit bereits fatale Folgen hatte, etwa beim Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt oder beim Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan.

Fachpolitiker wie von Notz fordern deshalb schon lange, dem Kompetenzgerangel ein Ende zu machen und rauszukommen aus dem Jeder-macht-Seins-Denken der Behörden und Ministerien. "Ein Akteur wie Russland, ein Akteur wie China nimmt keine Rücksicht auf diese deutschen politischen Befindlichkeiten und deshalb muss das Bundeskanzleramt jetzt liefern", sagt von Notz.

Das soll heißen: Es müssen jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden, damit Wissen zentral gesammelt und aufbereitet kann. Im besten Fall kritisch und neutral, im Sinne der Sache.

Neuordnung der Sicherheitsstrukturen?

Denn aus den Analysen sollen am Ende politische Entscheidungen und nachhaltige Sicherheitsstrategien werden. Dafür ist der eigentliche Rat zuständig, der regelmäßig tagen und vom Kanzler geleitet werden soll.

Mit dabei sind außerdem der Kanzleramtschef und die Chefs sicherheitsrelevanter Ministerien. Konkret: die Ressorts Außen, Innen, Verteidigung, Finanzen, Wirtschaft, Justiz, Entwicklung und Digitales. Je nach Thema können auch Vertreter aus den Diensten, der Länder oder auch externe Experten dazu geholt werden.

Ob es am Ende zu einer wirklichen Neuordnung der sicherheitspolitischen Strukturen kommt, hängt aus Sicht von Fachleuten davon ab, ob den ersten Schritten weitere folgen werden: mit Blick auf die Schaffung von Frühwarnsystemen und einem gemeinsamen Lagezentrum.

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