In sozialen Netzwerken geben meist junge Frauen extreme Diät- und Abnehmtipps. Zugleich steigen die Fälle von Essstörungen und krankhaften Körperbildern. Wie hängen TikTok, Instagram und Magersucht zusammen?

Eingefallene Bäuche oder hervorstehende Knochen: Videos mit solchen Bildern kursieren derzeit unter Hashtags wie #skinnygirl oder #skinnyistheoutfit auf den sozialen Medien wie TikTok und Instagram. Darin geben meist junge Frauen häufig extreme Diät- und Abnehmtipps, zeigen kalorienarme Essenspläne und exzessive Sportroutinen.

Ein Körpergewicht von unter 50 Kilogramm zu erreichen, wird oft als Ideal dargestellt. Das Publikum ist vor allem weiblich, wie sich in den Kommentaren unter den Videos entnehmen lässt.

Hashtag #skinnytok seit Juni verboten

Der Hashtag #skinnytok trägt seinen Namen, weil er vor allem auf TikTok entstanden und im Frühjahr dieses Jahres immer bekannter geworden sei. Nutzerinnen und Nutzer haben dann immer mehr Inhalte mit dem Suchbegriff hochgeladen, die gegen die Community-Richtlinien von TikTok verstießen.

Daraufhin wuchs der politische Druck. Immer mehr EU-Länder forderten das chinesische Unternehmen auf, schärfer gegen #skinnytok vorzugehen. Anfang Juni hat TikTok den Hashtag dann komplett verboten.

Unter dem Schlagwort erscheint jetzt eine Seite mit Tipps und Links zu Themen wie Essstörungen. Trotzdem sind solche Inhalte immer noch unter anderen Suchbegriffen zu finden.

Die Seepark Klinik in Bad Bodenteich ist die größte Spezialeinrichtung zur stationären Behandlung von Essstörungen in Niedersachsen.

Schlankheitstrend setzt Nutzerinnen unter Druck

Auch die 24-jährige Nele Weigel aus Niedersachsen schaute sich vor allem während der Corona-Pandemie stundenlang solche Videos an, fing an sich zu vergleichen. Schleichend entwickelte sie ein immer ungesünderes Verhältnis zu ihrem Körper.

"Ziemlich schnell bin ich dann in das Kalorienzählen gerutscht", erzählt Weigel. "Ich habe angefangen, mein Essen zu wiegen. Das ging so weit, dass ich zum Teil bis zu drei Stunden in der Küche stand und jedes noch so kleine Stück Gurke abgewogen habe." Fast jeden Tag habe sie damals Sport gemacht, habe ihre Freunde vernachlässigt.

Instagram habe einen großen Anteil an ihrem verzerrten Körperbild gehabt, sagt Nele Weigel.

Zahl an Essstörungen nimmt drastisch zu

Gleichzeitig erkranken immer mehr Mädchen und junge Frauen an Essstörungen, wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Die Zahl der wegen Essstörungen im Krankenhaus behandelten 10- bis 17-Jährigen hat sich im Zeitraum von zwanzig Jahren verdoppelt.

Während im Jahr 2003 noch 3.000 Mädchen und junge Frauen im Alter von 10 bis 17 Jahren in Deutschland stationär wegen einer Magersucht, Bulimie oder anderen Essstörung behandelt wurden, waren es zwanzig Jahre später 6.000.

Vor allem junge Frauen und Mädchen werden stationär behandelt. Der Anteil der 10- bis 17-jährigen Mädchen an allen Patienten mit Essstörungen sei von 2003 bis 2023 von 23,4 Prozent auf 49,3 Prozent gestiegen.

Soziale Medien befeuern Essstörungen

Auch in der Seepark-Klinik in Bad Bodenteich, Niedersachsen, werden jährlich gut 600 Patientinnen und Patienten mit einer akuten Essstörung behandelt. Damit ist sie die größte spezialisierte Einrichtung für die stationäre Behandlung von Essstörungen in ganz Niedersachsen. Auch hier sind es überwiegend weibliche Patienten, wobei auch die Zahl an betroffenen Männern steige, wie die Klinik mitteilt.

Zudem werden die Patientinnen immer jünger, sagt Rebecca Knoche, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bad Bodenteich. Soziale Medien seien zwar meist nicht der Auslöser solcher Erkrankungen, befeuern sie durch unrealistische Schönheitsideale aber: "Wenn ich immer sehe, wie gut andere aussehen, dann habe ich irgendwann ein sehr negatives Bild von mir selbst, weil ich dieses Ideal nicht erreichen kann."

Rebecca Knoche behandelt zum Teil bereits 12- oder 13-Jährige mit akuten Essstörungen in der Seepark Klinik.

Um Filterblasen wie #skinnytok zu entkommen, empfiehlt Knoche vor allem, das Handy wegzulegen. "Es ist wichtig, verschiedene Körperbilder im realen Leben zu sehen, damit wir uns realistischer einschätzen können", so Knoche.

Nele Weigel hat mittlerweile aufgehört, Kalorien zu zählen. Videos mit den "skinny-Hashtags" vermeide oder blockiere sie, sagt sie. Ganz offline gehen und ihren Account auf Instagram löschen, will sie aber nicht.

Informationen und Hilfe für Betroffene Die Hausärztin oder der Hausarzt ist für viele Menschen, die wegen psychischer Beschwerden Rat suchen, die erste Adresse. Beim Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit finden Angehörige und Betroffene Informationen und Hilfsangebote.

Die Kassenärztliche Vereinigung hilft bei der Suche nach psychotherapeutischer Behandlung. Auch über die Telefonnummer 116 117 erhalten Betroffene Hilfe bei Suche nach psychotherapeutischer Behandlung.

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