Die 4-Tage-Woche bringt mehr Flexibilität - aber gefährdet sie den Wohlstand des Landes? Die Arbeitszeit-Debatte wird derzeit kontrovers geführt, doch pauschale Antworten sind kaum möglich.

Für die einen ist die 4-Tage-Woche ein Weg, mehr Flexibilität im Job zu schaffen, sich Arbeit anders einzuteilen. Für andere steht das Modell für weniger erbrachte Leistung. Der Bundeskanzler sieht darin eine Gefahr für unseren Wohlstand. Mitte Mai sagte Friedrich Merz auf dem CDU-Wirtschaftstag: "Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten. Mit 4-Tage-Woche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand unseres Landes nicht erhalten können."

Professor Enzo Weber forscht am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zu Arbeitszeitmodellen. Er kennt die teils erbittert geführte Debatte über die 4-Tage-Woche. "Da geht es ja im Wesentlichen darum, ob wir in vier Tagen die gleiche Leistung erbringen können, weil wir vielleicht in der langen 5-Tage-Woche zu viel haben liegen lassen. Und da sind die arbeitswissenschaftlichen Ergebnisse so, dass tatsächlich die Leistung sinkt, wenn man überlang arbeitet."

Bei mehr als 40 Stunden pro Woche leidet oft die Gesundheit

Mit "überlang Arbeiten" meint Experte Weber aber nicht die klassische 5-Tage-Woche mit 38,5 Stunden, sondern Arbeitszeiten von mehr als 40 Stunden pro Woche. In solchen Fällen kann eine Reduzierung auf weniger Arbeitstage pro Woche die Leistungsfähigkeit erhöhen, sagt Enzo Weber.

"Wenn man sehr lange, also überlange Arbeitszeiten reduziert, dann geht es den Menschen dadurch eindeutig besser. Auch in den Studien zur 4-Tage-Woche wird öfters festgestellt, dass zum Beispiel der Krankenstand schon ein Stück weit gesunken ist. Das sind durchaus ermutigende Ergebnisse."

Verschiedene 4-Tage-Modelle

Die bisher größte Studie zur 4-Tage-Woche führte die Universität Münster durch. 30 von insgesamt 41 beteiligten Firmen blieben auch nach der Testphase dabei. Allerdings standen diese Unternehmen dem Modell schon vorher aufgeschlossen gegenüber. Grundsätzlich sei 4-Tage-Woche nicht gleich 4-Tage-Woche, erklärt Arbeitsmarktforscher Weber.

"Es gibt die 4-Tage-Woche, bei der man tatsächlich einen Tag weglässt und an den anderen Tagen genauso viel arbeitet wie vorher. Es gibt aber auch das sogenannte belgische Modell, wo man sagt, ich nehme die Stunden vom fünften Tag und ich verteile die auf die anderen vier Tage."

Häufig heißt 4-Tage-Woche in der Praxis auch reduzierte Arbeitszeit in der Form von Teilzeit. Ja, diese Arbeitnehmer leisten weniger, aber verdienen eben auch weniger. In Branchen wie der IT oder dem Gesundheitssektor findet man die verschiedenen Modelle häufiger als in der Industrie oder auf dem Bau.

Bas setzt auf Freiwilligkeit statt auf Vorschrift

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas steht der 4-Tage-Woche aufgeschlossen gegenüber. "Ich kenne Beispiele aus der Pflege, wo man ein Dienstplanmodell genauso fährt und da gibt es gute Ergebnisse", sagt sie. "Es schafft mehr Freiheiten für die Belegschaft und mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz, gerade wenn man einen belastenden Beruf hat, aber das sollten die Sozialpartner miteinander aushandeln. Ich glaube nicht, dass man das vorschreiben kann."

Keine pauschalen Lösungen

Die Frage, ob ein Arbeitstag weniger pro Woche auch weniger Leistung bedeutet oder ob in vier Tagen so viel zu schaffen ist wie in fünf, lässt sich nicht pauschal beantworten und ist aus Sicht des Arbeitsmarktexperten Weber auch kein Thema für die Politik.

"Aufgabe von Politik ist es nicht, den Menschen Ansagen zu machen, wie lange sie arbeiten sollen, weder länger noch kürzer, sondern Aufgabe von Politik ist es, Hürden aus dem Weg zu räumen, gute Anreize zu bieten, eine gute Unterstützung zu bieten und dann sollen die Menschen ihre Wahl treffen."

Davon, dass die 4-Tage-Woche in Deutschland zum Erfolgsmodell wird, ist nicht auszugehen. In Umfragen lehnt eine Mehrheit befragter Firmen die Einführung ab - aus Sorge, dass die Beschäftigten dann weniger produktiv sein könnten.

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