Die Pflege im Heim wird immer teurer, die Gesundheitsministerin will gegensteuern. Neben Reformen fordert sie auch Anstrengungen von den Ländern und dem Finanzministerium ein - und schließt eine stärkere private Vorsorge nicht aus.
Angesichts der Debatte um gestiegene Eigenanteile für Pflegeheime hat Bundesgesundheitsministerin Nina Warken kostensenkende Maßnahmen gefordert und die Bundesländer in die Pflicht genommen.
"Mein Ziel ist, den rasanten Anstieg der Eigenanteile zu stoppen", sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Vor allem die Kosten der Unterbringung sind teurer geworden, ebenso das Bauen." Zu häufig würden Investitionskosten auf Bewohnerinnen und Bewohner abgewälzt.
"Außerdem sind die Auflagen fürs Bauen von Heimen häufig zu streng", kritisierte die Ministerin. Die Länder müssten ihre Vorschriften und Standards überprüfen. "Wir müssen weg von zu starren Vorgaben und hin zu bezahlbareren Angeboten." In einem neuen Pflegekompetenzgesetz sollen zudem Möglichkeiten neuer Wohnformen gefördert werden.
Reformkomission soll zukunftsfähigkeit sichern
Die Ministerin unterstrich zugleich den generellen Reformbedarf bei der Pflegeversicherung. Zwar sei diese eine große Errungenschaft. "Mittlerweile klaffen Einnahmen und Ausgaben aber eklatant auseinander. So kann es nicht weitergehen", sagte sie. Jetzt gehe es darum, das System zukunftsfähig zu machen.
Eine Reformkommission soll dazu Vorschläge machen. "Ende des Jahres rechne ich mit den Ergebnissen", betonte Warken. Aus ihrer Sicht müsse aber auch die private Vorsorge eine größere Rolle spielen. "Die Pflegeversicherung wird auch in Zukunft nur einen Teil der Kosten abdecken können."
Haushaltsmittel zur Überbrückung?
Die CDU-Politikerin fordert daher vor den anstehenden Verhandlungen über den Haushalt 2026 mehr Steuermittel für Kranken- und Pflegeversicherung. "Mit den aktuellen Haushaltsansätzen ist zu befürchten, dass im neuen Jahr die Beiträge sowohl in der gesetzlichen Krankenversicherung als auch in der Pflegeversicherung steigen werden", sagte sie.
Warken verwies auf das Koalitionsziel, die Sozialversicherungsbeiträge stabil zu halten. "Diese Sozialversicherungen verdienen mehr Haushaltsmittel, auch um die Zeit zu überbrücken, bis strukturelle Reformen greifen können."
Pflicht zur privaten Vorsorge nicht ausgeschlossen
Die Ministerin schloss allerdings auch eine Pflicht zur privaten Pflegevorsorge nicht aus. "Die private Vorsorge sollte eine größere Rolle spielen. Die Pflegeversicherung wird auch in Zukunft nur einen Teil der Kosten abdecken können."
Zuvor hatte bereits Kanzleramtsminister Thorsten Frei daran erinnert, dass die Pflegeversicherung nur ein "Teilleistungssystem" ist und vor zu hohen Erwartungen an Leistungen der Pflegeversicherung gewarnt. Es sei "nach wie vor notwendig, auch privat für den Pflegefall vorzusorgen", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
ASB gegen private Vororgesäule
Kritik an den Forderungen kommt unter anderem vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), der sich gegen die Einführung einer privaten Vorsorgesäule für den Pflegefall aussprach, aber ebenfalls strukturelle Reformen bei der sozialen Pflegeversicherung anmahnte.
Die Kostenexplosion bei den Eigenanteilen für die Heimunterbringung zeige, dass man dringend eine grundlegende Reform des Pflegesystems brauche, sagte ASB-Hauptgeschäftsführer Uwe Martin Fichtmüller den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Sofortmaßnahmen gefordert
"Der ASB setzt sich deshalb seit Langem für eine solidarische Pflegevollversicherung ein. Halbherzige Lösungen sowie die Einführung einer verpflichtenden Pflegezusatzversicherung, über die derzeit diskutiert wird, lehnt der ASB entschieden ab", so Fichtmüller.
Er forderte die Politik auf, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, bis eine große Reform umgesetzt sei. Dazu gehöre eine gesetzliche Begrenzung der Eigenanteile, um Pflegebedürftige vor weiteren Belastungen zu schützen. "Wir dürfen die Menschen nicht im Stich lassen, die bereits jetzt an die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten stoßen", sagte der ASB-Chef.
Auch die steigenden Kosten bei gleichzeitig wachsender Bedeutung der häuslichen Pflege dürften nicht übersehen werden. "Der ASB fordert deshalb dringend eine Einbeziehung der Verbände in die Bund-Länder-Kommission", erklärte Fichtmüller mit Blick auf die von Warken eigesetzte Kommission.
3.108 Euro Zuzahlung im Schnitt
Die Höhe der Eigenbeteiligung für Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen ist im laufenden Jahr weiter gestiegen. Das geht aus einer Datenauswertung des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) hervor. Demnach lag der Betrag, den Betroffene aus eigener Tasche bezahlen müssen, zum 1. Juli 2025 um 8,3 Prozent höher als ein Jahr zuvor.
Den Angaben zufolge müssen Pflegebedürftige inzwischen in Pflegeheimen im ersten Aufenthaltsjahr im Bundesdurchschnitt 3.108 Euro monatlich zahlen. Zum 1. Juli 2024 waren es noch 2.871 Euro pro Monat. Als Gründe für die Kostensteigerung nannte der vdek steigende Personal- und Lebenshaltungskosten.
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