Ein Kräftemessen um das Kampfjet-Projekt FCAS: Der französische Partner Dassault will mehr Anteile - Airbus reagiert verärgert. Beim Besuch von Frankreichs Präsident Macron in Berlin wird das Thema nun zur Chefsache.

Vor gut einem Monat beim jährlichen Luftfahrt-Branchentreff in Paris kam der Streit handfest in die Öffentlichkeit: Éric Trappier, Vorstandsvorsitzender von Dassault Aviation, wurde auf dem Messegelände in Le Bourget von der Moderatorin eines französischen Nachrichtenkanals auf den Führungsstreit beim europäischen Kampfjetprojekt angesprochen und ließ sich nicht lange bitten. Das Projekt brauche einen Chef, so Trappier. Ein Chef, um zu bestimmen.

Irritationen auf deutscher Seite

In Industriekreisen heißt es, dass die Franzosen statt der bisher besprochenen Drittelung zwischen Dassault, Airbus Deutschland und der spanischen Indra nun auf den Löwenanteil des Projekts pochen. Vor kurzem kursierte gar die Zahl von 80 Prozent Projektanteil in der Fachpresse. Schon beim Luftfahrtsalon in Paris hatten die Forderungen des französischen Kooperationspartners Dassault für Irritationen auf deutscher Seite gesorgt.

Entscheidender Kopf dort ist Michael Schöllhorn, Chef von Airbus Defense and Space, dem es damals im Interview mit der ARD schon leicht die Sprache verschlug. "Da gibt es, wie alle wissen, durchaus Schwierigkeiten zwischen den industriellen Führern, also zwischen Dassault und Airbus in dem Fall, die letztlich auch wieder ein bisschen das Aufeinanderprallen von einer eher nationalen Sicht und einer eher europäischen Sicht sind", sagte er. Das müsse bereinigt werden. "Und da hoffe ich darauf, dass das gelingt."

Ein klarer Auftrag des deutschen Airbus-Managers an die Politik, den Forderungen des Dassault-Chefs nach Neuaufteilung des Kampfjet-Projekts mit dem englischen Kürzel FCAS (Future Combat Air System) einen Riegel vorzuschieben.

Vom Airbus-Betriebsrat in München kommen sogar schon Töne, dass Dassault möglicherweise nicht der richtige Partner für den europäischen Kampfjet der neuen Generation sei. Beim Branchenverband der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) ist vom "einseitigen französischen Dominanzstreben" die Rede.

Mehr Tempo und Effizienz

Aber aus französischer Sicht geht es auch darum, den Kampfflieger neuer Generation möglichst schnell am Start zu haben. Ab 2040 sollen die bisherigen "Rafale"-Jets für die atomare Abschreckung von den neuen Kampffliegern mit modernen Begleitdrohnen und hochkomplexen Operationssystemen abgelöst werden.

Dassault-Chef Trappier zeigte sich im April vor dem Verteidigungsausschuss des französischen Parlaments skeptisch, dass das mit einer ständigen Drittelung der Aufträge gelingen könne. "Ich bin für eine globale Projektleitung. Das gesamte Kampfsystem wird um ein Flugzeug und Drohnen herum gedacht. Da kommt es auf die technischen Schnittstellen an", so Trappier. "Und wenn es keinen echten über allen stehenden Leader gibt, funktioniert das nicht mit den Schnittstellen."

Dassault, der "Mirage"- und "Rafale"-Jet-Konzern, der in den 1980er-Jahren schon mal aus der Entwicklung des "Eurofighter"-Projekts ausgestiegen war, traut sich eine komplett eigenständige Entwicklung der neuen Kampfflugzeuge mit französischen Partnern durchaus zu.

Zuspruch von Frankreichs Regierung

In Pariser Regierungskreisen haben die Forderungen aus der eigenen Industrie offenbar Unterstützung gefunden. "Wir brauchen eine ehrliche Diskussion über die Leitung des Projekts", sagte der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu dazu vor wenigen Wochen vor dem Verteidigungsausschuss der Nationalversammlung. "Mit drei Ländern ist es sehr schwierig, ein Kampfflugzeug zu bauen."

Lecornu ließ auch durchblicken, dass Frankreich nach erfolgreichem Abschluss eines solchen Kampfjet-Projekts nicht gewillt sei, jedes Mal den Bundestag entscheiden zu lassen, ob die Systeme nach deutschen Export-Richtlinien in ein Drittland verkauft werden dürfen.

Bei so viel Skepsis, die sich mittlerweile auf französischer und deutscher Seite breitgemacht hat, bedarf es anscheinend einer Ansage von ganz oben: Wenn Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron das Ruder nicht herumreißen, könnte das gemeinsame Rüstungs-Prestigeprojekt scheitern - und das in einer Zeit, in der Europa beweisen möchte, dass es militärisch auf eigenen Beinen stehen kann.

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