Bundesinnenminister Dobrindt hat ausgewählte Nachbarstaaten auf die Zugspitze eingeladen. Dort soll über eine härtere europäische Migrationspolitik gesprochen werden. Die Erwartungen gehen jedoch auseinander.

Ob das klappen wird mit den schönen Bildern vom Gipfel auf dem Gipfel, ist noch offen. Die Wettervorhersagen auf Deutschlands höchstem Berg fallen unterschiedlich aus, auf den Bundesinnenminister Alexander Dobrindt geladen hat.

Der CSU-Politiker empfängt mehrere Nachbarstaaten zum "Zugspitze Summit on Migration", so der offizielle Titel. Also zum Zugspitz-Gipfel zu Migration. Die Idee dahinter ist wohl, symbolträchtig vor Alpen-Panorama die Migrationswende voranzutreiben - im Schulterschluss mit ausgewählten europäischen Partnern.

Innenminister Dobrindt lädt zu einem Migrationsgipfel auf der Zugspitze

Daniel Schmidthäussler, ARD Berlin, Morgenmagazin, 18.07.2025 05:30 Uhr

Ziel: Ein "härterer" Kurs

Es soll ein Signal an die eigene Basis sein, die Zugspitze liegt in Dobrindts Wahlkreis, aber auch an die deutsche Öffentlichkeit und in Richtung Europäische Union.

"Mein Ziel ist es, dass ich die migrationspolitische Isolierung Deutschlands innerhalb Europas aufheben kann", hatte Dobrindt vergangene Woche im Bundestag gesagt. Denn die Ampelkoalition hat in der EU zu oft einem härteren Kurs in der Migrationspolitik im Wege gestanden, so sehen es Dobrindt und die CDU/CSU. Das soll sich ändern. Wichtig sei ihm, dass Deutschland dabei Lösungen anbietet "und nicht mehr im Bremserhäuschen sitzt".

Mit Blick auf das Treffen auf der Zugspitze hatte Dobrindt im Bundestag angekündigt: "Die illegale Migration zurückdrängen. Das ist eine Aufgabe, die wir in Europa gemeinsam bewältigen wollen."

Was sind irreguläre Einreisen? Der Begriff des irregulären beziehungsweise unrechtmäßigen Aufenthalts wird laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Hinblick auf Personen verwendet, die sich ohne Aufenthaltsrecht oder Duldung und ohne Kenntnis der Ausländerbehörden in Deutschland aufhalten. 

Die Bundespolizei bezeichnet die irregulären Einreisen als "unerlaubte Einreisen". Manchmal werden irreguläre Einreisen auch als "illegale Einreisen" bezeichnet. Auch von "irregulärer Migration" ist in der politischen Debatte oft die Rede. Gemeint sind damit immer undokumentierte Grenzübertritte und der unrechtmäßige Aufenthalt in Deutschland. Bei Personen, die unmittelbar nach der unerlaubten Einreise um Asyl ersuchen, wird das Verfahren jedoch so lange ausgesetzt, bis das Asylverfahren abgeschlossen ist. 

Flüchtlingsorganisationen und Migrationsforscher weisen darauf hin, dass Migration an sich gegen kein Gesetz verstößt, also nicht "illegal" ist.

Geplant ist eine gemeinsame Erklärung

"Gemeinsam" heißt im Fall des sogenannten Zugspitz-Gipfels: mit den zuständigen Ministern aus Dänemark, Frankreich, Tschechien, Österreich und Polen sowie dem EU-Innenkommissar Magnus Brunner.

Ziel des Treffens ist es, so steht es in der Einladung, "wichtige Impulse für eine härtere europäische Migrationspolitik" zu geben. Geplant ist eine gemeinsame Erklärung, die bei dem Treffen ausgearbeitet werden soll.

Dobrindt selbst hatte in Interviews angekündigt, die Europäische Asylrechtsreform GEAS weiterentwickeln zu wollen. Dabei geht es ihm unter anderem darum, das sogenannte Verbindungselement abzuschaffen. Danach dürfen Asylsuchende nur in solche Staaten abgeschoben werden, zu denen sie eine "Verbindung" haben. Dobrindt will diese Regel streichen, um Asylverfahren auch in andere Staaten auslagern zu können.

Polens Erwartungen

Polens Innenminister Tomasz Siemoniak will auf der Zugspitze allerdings vor allem auch über die deutsche Politik sprechen. Dobrindt hatte direkt zu Amtsbeginn Anfang Mai die Kontrollen an allen deutschen Grenzen, die noch seine Vorgängerin Nancy Faeser (SPD) wieder eingeführt hatte, verstärkt und außerdem die Zurückweisung auch von Asylsuchenden angeordnet, was zumindest nach einer ersten Gerichtsentscheidung gegen Europarecht verstößt. Bis Mitte Juli hat die Bundespolizei rund 330 Asylsuchende zurückgewiesen.

In Polen sorgte er damit für Unmut: "Die Menschen sind einfach sehr unzufrieden mit diesen Entscheidungen, die Deutschland 2023 getroffen hat. Wir waren vor einer Woche gezwungen, ähnliche Entscheidungen zu treffen", sagte Innenminister Siemoniak der ARD. Der Ärger ist in Polen so groß, dass man seit anderthalb Wochen selbst wieder kontrolliert - auch an der Grenze zu Deutschland.

Mehr Geld von der EU angekündigt

EU-Kommissar Brunner bringt aus Brüssel die Ankündigung mit, dass in den kommenden Jahren mehr Geld zur Verfügung stehen soll. "Mit dem neuen Vorschlag zum EU-Budget sollen die Mittel für Sicherheit und den Kampf gegen die illegale Migration verdreifacht werden", teilt er dem ARD-Hauptstadtstudio mit.

"Damit können wir viele Vorhaben konkret umsetzen und auch neue Vorhaben diskutieren - von der Stärkung von Frontex über schnellere Rückführungen bis hin zu strategischen Partnerschaften mit Drittstaaten." Die Bundesregierung hat diese Haushaltspläne der EU insgesamt allerdings bereits kritisiert.

Nicht eingeladen: Benelux und Schweiz

Nicht dabei sein werden von Deutschlands Nachbarstaaten die drei EU-Mitglieder Belgien, die Niederlande und Luxemburg. "Wie viele andere Staaten auch, wurde Luxemburg nicht zu diesem Treffen eingeladen", heißt es aus dem dortigen Innenministerium auf Nachfrage.

Das Land hatte bereits im Februar gegen die Wiedereinführung der deutschen Grenzkontrollen schriftlich Einspruch bei der EU-Kommission eingelegt. Anfang August soll nun die stationäre Kontrolle auf der Autobahn abgebaut und stattdessen gemeinsame Kontrollen im Umland durchgeführt werden.

Unter den Nicht-Eingeladenen ist auch die Schweiz. Von dort heißt es, man werde genau beobachten, was bei dem Gipfel diskutiert werde. Denn als Nachbarland sei die Schweiz auch als Nicht-EU-Staat natürlich betroffen.

Koalitionspartner generell offen

Mehr Austausch und Kooperation mit den Nachbarstaaten: Das begrüßt und fordert auch der Koalitionspartner von CDU/CSU. Wobei SPD-Fraktionsvize Sonja Eichwede betont, dass es wichtig sei, auch mit den Nachbarn zu sprechen, die bei dem Treffen jetzt nicht dabei sind.

Außerdem zeigt sie sich grundsätzlich offen, bei der Europäischen Asylrechtsreform nachzujustieren, wie sie im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio sagt. Dabei betont sie aber auch, sollte es diesbezüglich Vorschläge auf der Zugspitze geben, dann werde die SPD das "in der Fraktion beraten".

Die Taktung, mit der Dobrindt im Moment seine migrationspolitischen Vorhaben vorantreibt, geht beim Koalitionspartner SPD manchem zu schnell. Noch am Tag des Amtsantritts verstärkte er die Grenzkontrollen und ordnete die Zurückweisung von Asylsuchenden an.

Bereits vom Bundestag beschlossen ist die Aussetzung des Familiennachzugs. Auch die Abschaffung der Einbürgerung nach drei Jahren liegt schon im Bundestag.

NGOs warnen vor "Gipfel der Abschottung"

Mehrere Nicht-Regierungsorganisationen, darunter Pro Asyl, warnen vor einem "Gipfel der Abschottung". Die Symbolik sei klar: "Deutschland steht an der Spitze der europäischen Hardliner. Doch wie viel härter soll es werden?", fragt Ruben Neugebauer von LeaveNoOneBehind. Schon jetzt sei das Leid an Europas Außengrenzen unermesslich.

Doch ob der "Zugspitze Summit on Migration" die Bilder und Botschaften liefern wird, die sich Dobrindt erhofft, wird erst der Tag zeigen. Nicht nur ob die Sonne scheint oder doch die Wolken den Blick versperren, sondern auch, ob die Teilnehmer so mitspielen wie geplant. So will Frankreich beispielsweise im Vorfeld partout nicht von einem Gipfel sprechen und betont stattdessen, dass es sich lediglich um ein "informelles Treffen" handele.

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