Vor der Bundestagswahl wurde in Eisenhüttenstadt ein sogenanntes Dublin-Zentrum eröffnet. Doch mit den Zurückweisungen an der Grenze des neuen Innenministers Dobrindt ist es im Prinzip hinfällig.

"Herr Asamoah, bitte. Bitte nehmen Sie Ihre Sachen", fordert Solvejg Schulz den Geflüchteten in Englisch auf, ihr mit seiner Supermarkttasche zu folgen. Die Mitarbeiterin der zentralen Ausländerbehörde Brandenburg kontrolliert die Identität der Asylsuchenden in der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt. Dafür spricht sie Englisch: "Ich beginne mit der Registrierung und werde dafür Ihre Fingerabdrücke nehmen, bitte."

Isaac Asamoah drückt seine Finger auf eine Maschine - alle zehn nacheinander inklusive beider Daumen. Der 48-Jährige erzählt, er sei mit einem Visum von Ghana nach Deutschland eingereist. Aber das sei abgelaufen. Die Fingerabdruckmaschine piept. "Es ist schwierig. Ich weiß", erklärt Solvejg Schulz, wenn der Ghanaer seine Finger nicht richtig über die Registrierfläche rollt.

1.900 Geflüchtete in drei Brandenburger Einrichtungen

Isaac Asamoah ist einer von rund 1.900 Geflüchteten in den drei Brandenburger Erstaufnahmeeinrichtungen. Dort überprüfen Mitarbeiterinnen wie Solvejg Schulz per Fingerabdruck, ob die Geflüchteten vorher bereits woanders registriert worden sind.

Innerhalb einer halben Stunde bekomme sie über die Eurodac-Datenbank ein Ergebnis für den Schengen-Raum, also aus den 29 Staaten, zwischen denen Menschen ohne Kontrollen an den Binnengrenzen frei reisen dürfen, erläutert Solvejg Schulz. "Ob eine Registrierung in Deutschland erfolgt ist, diese Meldung erhalte ich in wenigen Minuten."

Fingerabrücke sollen Zuständigkeit klären

Seit drei Monaten landen hier in Eisenhüttenstadt in einem eigens dafür eingerichteten Zentrum sogenannte Dublin-Fälle. Abgelehnte Geflüchtete, die abgeschoben werden sollen - in die Länder, in denen sie zuerst die EU betreten. Dort sollen sie Asyl beantragen.

"Die Registrierung ist immer wieder die gleiche", erklärt die Erstaufnahme-Mitarbeiterin. "Jeder Asylsuchende - egal, ob das jetzt ein Dublin-Treffer wird oder nicht - muss hier die Fingerabrücke abgeben."

Bisher 61 Geflüchtete in Dublin-Zentrum

61 Geflüchtete sind laut Brandenburgs Innenminister seit Mitte März ins Dublin-Zentrum in Eisenhüttenstadt eingezogen. Aber nur drei von ihnen seien bisher in andere Staaten zurückgebracht worden. Mehr als ein Drittel der Geflüchteten sei untergetaucht.

Momentan lebten hier 19 Geflüchtete - trotz 150 Plätzen. "Es ist keine Hafteinrichtung. Wir dürfen dort niemanden festhalten und dann gibt es einige, die auch dagegen klagen", sagt Brandenburgs Innenminister René Wilke über das Dublin-Zentrum. "Bei drei erfolgten Überstellungen kann man schon ein Fragezeichen daran setzen, ob so eine Einrichtung tatsächlich in der Weise funktioniert und sinnhaft ist."

Brandenburger Innenminister fordert Rechtssicherheit

Der ehemalige Oberbürgermeister der deutsch-polnischen Grenzstadt Frankfurt (Oder) fordert, dass Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die seit dem 7. Mai dieses Jahres geltenden schärferen Grenzkontrollen schnell rechtssicher regelt. Denn sie sind juristisch und politisch umstritten.

Wenn die Zurückweisungen stattfänden, dürften Menschen, bei denen ein Treffer in der Datei erzeugt wird, weil sie schon in Polen registriert sind, gar nicht erst nach Deutschland einreisen, erläutert der parteilose Politiker. "Das heißt, das, was das Dublin-Verfahren wäre, findet schon gar nicht mehr statt, weil eine Zurückweisung stattfindet."

Wilke stellt Dublin-Zentrum in Frage

Vergangene Woche hatte das Berliner Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden, dass drei Somalier am 9. Mai dieses Jahres rechtswidrig während einer Grenzkontrolle am Bahnhof Frankfurt (Oder) zurückgewiesen worden seien. Das Gericht argumentierte, bevor die Geflüchteten abgewiesen werden, müsse geklärt werden, welcher EU-Staat für ihren Asylantrag zuständig sei.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt bezeichnete das Berliner Gerichtsurteil als Einzelfall. Der Europäische Gerichtshof solle letztendlich entscheiden.

Für den Brandenburger Innenminister Wilke hängt davon ab, ob das Dublin-Zentrum in der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt eine Zukunft hat: "Wenn jetzt aber der Beschluss des Gerichtes umgesetzt wird und man sagt, es muss einen Verfahrensdurchlauf geben, dann kann man sich durchaus die Frage stellen, muss das in einem Dublin-Zentrum passieren oder in einer Erstaufnahme?"

Einmaliger oder mehrfacher Asylantrag?

Wilke plädiert dafür, Gesetze zu ändern, sodass Geflüchtete nur einmal einen Asylantrag stellen dürfen statt mehrmals. Einzelne beantragten bis zu zehn Mal Asyl in Deutschland, erzählt er. "Das ist nicht gut. Oder die Tatsache, dass Personen einfach dieses Zentrum verlassen können. Das sorgt zwar dafür, dass auch keine Leistungen oder so damit verbunden sind, aber ich fände es noch wirkungsvoller zu sagen, damit verwirkt man den Asylanspruch."

Der Ghanaer Isaac Asamoah hofft, dass er in Deutschland bleiben darf. In der Erstaufnahme in Eisenhüttenstadt druckt Solvejg Schulz ihm seinen vorläufigen Ausweis aus. "Also, es ist so weit erst einmal alles in Ordnung", erklärt die Mitarbeiterin der zentralen Ausländerbehörde Brandenburg.

"Das ist Ihre temporäre ID-Karte. Es ist Ihr Dokument für eine kurze Zeit", sagt Solvejg Schulz auf Englisch, nachdem sie den Ausweis gestempelt hat. "Wenn Sie draußen unterwegs sind, zeigen Sie das Dokument - zum Beispiel während einer Polizeikontrolle. Dann sollte alles ok sein. Bitte unterschreiben Sie hier unter Ihrem Foto."

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