Vorwürfe gegen den Grünen-Politiker Gelbhaar hatten diesen unter anderem die Kandidatur für den Bundestag gekostet. Dann folgten Zweifel am Wahrheitsgehalt der Behauptungen gegen ihn. Der Vorstand der Grünen gibt sich nun selbstkritisch.
Die Grünen haben Fehler im Umgang mit Belästigungsvorwürfen gegen den früheren Berliner Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar eingeräumt. Man sei unter anderem angesichts der nahen Bundestagswahl mit dem Fall "strukturell überfordert" gewesen, räumte der Bundesvorstand der Partei in einer Stellungnahme zum Bericht einer internen Kommission ein.
Die Grünen hatten am 30. Januar die frühere schleswig-holsteinische Justizministerin Anne Lütkes und den langjährigen Bundestagsabgeordneten und Mitglied des bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Jerzy Montag, mit der Aufarbeitung beauftragt. Der Bericht soll vor einigen Wochen fertig geworden sein und wird nur in einer 25-seitigen Zusammenfassung veröffentlicht, was mit dem Schutz persönlicher Daten begründet wird. Die ungefähr doppelt so lange Originalversion liege nur dem Bundesvorstand vor, hieß es.
Vorstand: Ombudsverfahren genügte Ansprüchen nicht
Zu den Folgen der Überforderung schreibt der Bundesvorstand: Leidtragende seien Gelbhaar selbst und auch diejenigen, die Meldungen vorbrachten, "denen nach Aufdeckung der falschen Identität einer anderen Meldung zunächst nicht ausreichend Vertrauen in ihre Schilderungen geschenkt wurde", betonten die Grünen demnach.
Ein von der Partei angestrengtes Ombudsverfahren habe nie den Anspruch erfüllen können, eine finale Einordnung der Meldungen und ihres Wahrheitsgehaltes vorzunehmen, hieß es in dem Bericht des Bundesvorstands weiter. "Dieser unerfüllbaren Erwartung an das Ombudsverfahren hätten wir frühzeitiger und klarer entgegentreten müssen und die Grenzen des bestehenden Verfahrens zur Lösung des Konflikts in dieser Situation erkennen müssen."
Gelbhaar verlor wegen Vorwürfen Bundestagskandidatur
Nachdem die Vorwürfe gegen Gelbhaar bekannt und Thema in den Medien wurden, verlor er seine Direktkandidatur für den Wahlkreis Pankow. Zuvor hatte er schon seinen Verzicht auf die Kandidatur auf der Landesliste der Berliner Grünen erklärt.
Allerdings waren zentrale Vorwürfe gegen Gelbhaar offenbar erfunden. So soll eine angeblich Betroffene unter falschem Namen eine gefälschte eidesstattliche Erklärung abgegeben haben. Gelbhaar wehrt sich juristisch dagegen, auch die Partei geht dagegen vor. Der rbb musste Teile seiner Berichterstattung zu dem Thema zurückziehen.
Grüne wollen Ombudsstrukturen verbessern
Die Grünen wollen ihre Ombudsstrukturen nun überarbeiten, Details soll eine Arbeitsgruppe erarbeiten. Einen Beschluss soll der Parteitag im November fassen. Das Ombudsverfahren im Fall Gelbhaar soll nicht fortgesetzt werden.
Die Vorsitzenden des direkt betroffenen Berliner Landesverbands der Grünen, Nina Stahr und Philmon Ghirmai, erklärten, der Landesverband habe bereits begonnen, Beschwerdestrukturen und Anlaufstellen weiterzuentwickeln. Ein Fürsorgekonzept werde im Herbst vorgestellt.
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