Um den Klimaschutz voranzubringen, haben sich vielerorts Klimabeiräte gegründet. Doch in einigen Kommunen drohen solche Bemühungen zu scheitern. Steht dieser Backlash für eine größere Entwicklung?
Viel Frust in Friedrichsdorf. Der Klimabeirat der rund 26.000-Einwohner-Stadt nahe Frankfurt am Main hatte vor drei Jahren einen ambitionierten Klimaschutzplan ausgearbeitet. Bis 2035 wollte man klimaneutral sein, und damit auch Vorbild für andere. Die ersten Schritte: eine neue Kita wurde klimaschonend aus Holz gebaut, die Stadtverwaltung investierte in E-Mobilität und ließ Regenrückhaltebecken im Stadtwald graben.
Doch dann kamen die Rückschläge: die Stelle der Klimaschutzmanagerin wurde nicht wieder besetzt. Und dann ganz gestrichen. Im Mai entschied das Stadtparlament, die Klimaschutzziele von 2035 auf 2045 zu schieben. Als Hauptgrund wurden die hohen Kosten genannt. Der Klimabeirat der Stadt wurde darüber gar nicht informiert, die Sprecherin des Beirats gab ihren Posten auf.
Im hessischen Kronberg löste sich der Klimabeirat Anfang des Jahres auf. In anderen hessischen Städten wie Kassel und der Landeshauptstadt Wiesbaden wurden die Klimaziele um zehn Jahre verschoben. Überall sind ähnliche Argumente zu hören: die Kosten, der Zeitfaktor.
Städte und Gemeinden unter Druck
Sven Linow, Professor für Umwelttechnik an der Hochschule Darmstadt, sieht noch ein weiteres Problem für das Scheitern der Klimaziele und den Frust der Klimabeiräte: die fehlende Verbindlichkeit. Die war bei der Vereinbarung des hessischen Klimagesetzes nicht formuliert worden. Stattdessen steht da nur, dass Klimaschutz und Klimaanpassung im Rahmen der Daseinsvorsorge geregelt seien - heißt aber auch: nur mit den finanziellen Möglichkeiten der Kommune.
Dies sei seiner Meinung nach "eine Umschreibung von - wenn ihr kein Geld habt, braucht ihr das auch gar nicht zu machen. Das, was die Kommunen jetzt machen, ist zu sagen, wir haben kein Geld, wir haben Pflichtaufgaben, die gehen immer vor."
Linows Fachgebiet ist Wärmelehre und Umwelttechnik. Er ist nicht nur bei den "Scientists for Future", sondern auch Vorsitzender des seit 2023 von der vormaligen hessischen Landesregierung berufenen wissenschaftlichen Beirats, ein Beratungsgremium in Sachen Klimaschutz und Klimaanpassung des Landes Hessen.
Er hat dafür Verständnis, dass die Belastungen gerade für kleinere Kommunen hoch sind, auch, weil Förderprogramme wie die für die Einstellung von Klimaschutzmanagern oft nur eine Laufzeit von zwei Jahren hätten und damit wenig Planungssicherheit böten. Allein die aufwendigen Anträge dafür zu schreiben, sei für einige Kommunen kaum leistbar, so Linow.
Dabei sind es doch eigentlich gerade die Kommunen und Städte, die die Klimaschutzziele umsetzen müssen. Sie spielten eine "zentrale Rolle" bei der Klimaanpassung, schreibt das Hessische Amt für Naturschutz, Umwelt und Geologie auf seiner Homepage "viele Bestandteile der Infrastruktur liegen häufig in kommunaler Hand".
Auch Bund und Länder schwächeln
Doch wenn die Kommunen und Städte im Bereich Klimaschutz und Anpassung schwächeln, wie soll Klimaschutz dann auf Landes- und Bundesebene gelingen?
Hessen muss, wie der Bund, bis 2045 klimaneutral sein. Doch "im Moment sieht es so aus, als ob wir unsere Ziele krachend verfehlen", sagt Linow mit Blick auf die Treibhausemmissionsdaten des Statistischen Hessischen Landesamtes.
Nicht nur Hessen, auch die Bundesregierung könnte, die mit dem deutschem Klimaschutzgesetz gesetzten Ziele verfehlen. Erst kürzlich stellte der Expertenrat für Klimafragen des Bundes fest, dass Deutschland nicht auf Kurs für die Klimaneutralität 2045 ist. Gründe dafür seien unter anderem der besorgniserregende Zustand des Waldes und die schleppende Umstellung weg von Öl und Gas.
Frust oder Vorwärts?
Mittlerweile hat sich der noch existierende Klimabeirat im hessischen Friedrichsdorf getroffen, um darüber zu reden, ob man überhaupt noch weitermachen will.
Eine Mehrheit habe Ja gesagt. Georg Kraft, Sprecher des Klimabeirates, betont aber, es seien dringende Änderungen notwendig. Damit man künftig nicht einfach bei Klimaschutzentscheidungen übergangen werden kann, wolle man eine Geschäftsordnung festschreiben, die das Stadtparlament absegnen müsse.
Auch wenn sich viel Unmut angestaut hat, setzt man weiter auf Zusammenarbeit. "Jede Tonne CO2 die wir einsparen, verlängert die Zeit, die wir auf der Erde haben." Die eigentliche Krise, so Kraft, sei schließlich nicht die auf gemeindepolitischer Ebene, sondern die Klimakrise.
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